FBW-Bewertung: Nosferatu - Der Untote (2024)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Friedrich Murnaus Stummfilm NOSFERATU war tatsächlich eine ?Symphonie des Grauens?: Ein Film, der das Publikum erschrecken und entsetzen sollte und auch heute noch als einer der ?effektivsten? Horrorfilme aller Zeiten gilt. In diesem Sinne ist Robert Eggers eine kongeniale Neuinterpretation gelungen, denn er ignoriert völlig die Weiterentwicklung des Genres des ?Vampirfilms?, das durch die ikonografische Darstellung des Grafen Dracula durch Bela Lugosi begann. Der ?Untote? von Eggers hat nichts von dem aristokratischen ?Herren der Finsternis? mit den spitzen, hervorstehenden Eckzähnen und seiner erotischen Aura zu tun. Der Graf Orlok in diesem Film erinnerte eher an die historischen Abbildungen von Vlad III. Drâculea, der im 13. Jahrhundert in der Walachei lebte und Bram Stoker zu seiner Romanfigur inspirierte. Indem er zu den Ursprüngen des populären Mythos zurückkehrte, konnte Eggers frisch und ohne jede Ironie von den blutsaugenden Untoten erzählen. Und so hat er einen Horrorfilm inszeniert, in dem das Grauen mit modernerem Stilmitteln wie Jump-Scares und Zitaten aus DER EXORZIST heraufbeschworen wird. Auch bei Murnau selbst bedient sich Eggers ? so etwa, wenn Orlok zur Dachkammer von Ellen Hutter hinaufsteigt, und man dabei zuerst nur den Schatten seiner Hand sieht. An Drehorten in Tschechien, Rumänien und auf einem Schiff auf dem offenen Meer ist es Eggers gelungen, eine organisch wirkende, glaubwürdige und atmosphärisch reiche Erzählwelt zu gestalten, in der er die Schauerromantik des 19. Jahrhunderts stilistisch stimmig nachempfindet. Mit Bill Skarsgard in der Titelrolle, Lily-Rose Depp als Ellen Hunter und Nicholas Hoult als Thomas Hutter sowie Simon McBurney als dem grotesk entmenschlichten Herrn Knock hat Eggers ein Ensemble zusammengestellt, das so wirkt und agiert, als würden sie alle tatsächlich im Deutschland des 19. Jahrhunderts leben. Doch Eggers Coup besteht darin, dass er, spät im Film Willem Dafoe in der Rolle des Professor von Franz auftreten lässt, dem Gegenspieler, der als Einziger weiß, wie der Vampir vernichtet werden kann. Dafoe, der selber schon in SHADOW OF A VAMPIRE den blutsaugenden Schauspieler Max Schreck bei den Dreharbeiten zu Murnaus NOSFERATU gespielt hat, gibt mit seinem Auftritt dem letzten Akt des Films eine andere Intensität und Dringlichkeit, durch die der Film noch eindrucksvoller wirkt. Robert Eggers ist es mit NOSFERATU ? DER UNTOTE gelungen, das über hundert Jahre alte Genre mit einem düsteren, originellen, überraschenden, vor allem aber sehr gruseligen Film wiederzubeleben.Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)