FBW-Bewertung: Watching You - Die Welt von Palantir und Alex Karp (2024)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Der Titel dieses investigativen Dokumentarfilms lässt bereits vermuten, worin das Geschäft von Palantir besteht: Das Unternehmen ist der wichtigste Big-Data-Player auf der Welt, entwickelt Software für die Analyse großer Datenmengen für effektive Überwachungsmaßnahmen und bietet diese den Geheimdienstabteilungen der US-Administration sowie Regierungen auf der ganzen Welt für die Verbrechensaufklärung und militärische Zwecke an. Alex Carp ist der CEO des Konzerns, den er 2003 im Silicon Valley zusammen mit Peter Thiel und anderen gründete. Thiel, der zuvor den Bezahldienst PayPal aufgebaut hatte, war seitdem häufiger wegen seiner libertären Gesinnung und seines rechtspopulistischen Engagements (etwa für Donald Trump) im Blickpunkt der Medien.In Klaus Sterns Dokumentarfilm kommt Thiel nur am Rande vor. Das Interesse des Films gilt vielmehr Palantir Technologies und Alex Karp. Die Story beginnt 1997 in Karps Geburtsstadt New York, als über den knapp dreißig Jahre alten Sohn eines jüdischen Vaters und einer Afroamerikanerin schon einmal eine Dokumentation gedreht wurde. Da sitzt er auf einer der für New York typischen Treppen vor einem Wohnhaus und will sich eine Zigarre anzünden. Auf diese Szene wird Klaus Sterns Film dramaturgisch geschickt immer wieder zurückkommen. So wird uns der Kontrast zwischen dem Studenten und dem heutigen Global Player immer wieder bewusst gemacht. Sein Werdegang führte Karp über die Stanford University bis nach Frankfurt/Main, wo er 2002 am Institut für Sozialforschung promovierte. Der Film markiert dies als entscheidende Episode in Karps Leben. Denn das weltberühmte Institut der Johann Wolfgang Goethe-Universität gilt als Stätte der kritischen Theorie und nicht als Kaderschmiede für Start-Up-Milliardäre. Kaum hatte Karp den Doktortitel in der Tasche, kam ihm die Idee, ein Unternehmen zu gründen, das Überwachungssoftware herstellt. Es ist diese Janusgesichtigkeit von Alex Karp, zwischen Weltverbesserer und Big Data-Krake, die den Film so spannend und brisant macht.
Da es nicht nur um ihn, sondern auch um das Unternehmen Palantir geht, erfahren wir von den Einsatzorten ihrer Software-Angebote. Auch deutsche Polizeibehörden etwa in Bayern oder in Hessen nutzen sie. Der Film konzentriert sich dabei auf den Einsatz der Software ?Gotham? ? tatsächlich benannt nach der Stadt, in der Batman für Recht und Ordnung sorgt ? in Hessen, wo sie in ?HessenData? umbenannt wurde. Ob die Software ein Segen der Verbrechensbekämpfung oder ein Fluch flächendeckender Überwachung ist, überlässt der Film auch hier dem Publikum. Besonders brisant wird der Film in der Figur eines ehemaligen Palantir-Mitarbeiters, der, zurückgezogen in Portugal lebend, von der fragwürdigen Unternehmenspolitik und dem gewissenlosen Umgang mit Daten berichtet. Der Film nimmt sich viel Zeit, diesen Whistleblower in der Abgeschiedenheit eines beeindruckenden Naturraums zu zeigen, der ihm als Zufluchtsort vor dem Zugriff der Daten-Krake Palantir dient.
Spannend, brisant, mit einem schillernden Protagonisten und einem hochaktuellen Thema ist Klaus Stern ein beachtlicher investigativer Dokumentarfilm gelungen, der das Prädikat ?Besonders Wertvoll? verdient.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)