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Gloria! (2024)

In diesem italienischen Historienfilm schlägt die Regisseurin Margherita Vicario ungewöhnliche Töne an.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4.3 / 5

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Das Jahr 1800 im Kollegium Sant Ignazio nahe Venedig: In der heruntergekommenen Musikschule für mittellose Mädchen bildet der alte Kapellmeister Perlina (Paolo Rossi) junge Frauen in sakraler Musik aus. Lucia (Carlotta Gamba), die im Orchester die erste Geige spielt, besitzt weitaus mehr Talent als ihr Lehrmeister, wird jedoch von ihm ignoriert. Trotz ihrer Klasse blüht ihr dasselbe Schicksal wie ihren Mitstreiterinnen Bettina (Veronica Lucchesi), Marietta (Maria Vittoria Dallasta) und Prudenza (Sara Mafodda). Als Frauen dürfen sie außerhalb der Mauern des Kollegiums nicht auftreten. Ihr einzig Ausweg aus diesem Gefängnis ist ein weiteres: die Ehe.

Als der soeben inthronisierte Papst einen Besuch in Sant Ignazio ankündigt, gerät Perlina in die Bredouille. Für das Großereignis soll er neue Musik komponieren, doch der hochnäsige Kapellmeister ist blockiert. Währenddessen dringen bislang ungehörte Töne aus dem Keller des Kollegiums. Dort hat die stumme Magd Teresa (Galatéa Bellugi) ein brandneues und vor den Augen der Musikschülerinnen geheim gehaltenes Instrument entdeckt, auf dem sie zu improvisieren beginnt: ein Pianoforte. Bald schon stoßen auch Lucia und die anderen hinzu und liefern sich allnächtlich einen Wettstreit, wer die besseren Stücke komponieren kann.

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse4 / 5

"Gloria!": Hast du Töne?!

Gute Debütfilme sind eher die Ausnahme als die Regel, was nicht weiter verwundert. Unsicher tastend müssen die meisten Filmnovizen erst noch ihre eigene Stimme finden. Nicht so Margherita Vicario. Die 1988 geborene Italienerin, die als Schauspielerin und Singer-Songwriterin ihr Geld verdient, dem internationalen Publikum womöglich aus Woody Allens Episodenfilm "To Rome with Love" (2012) vertraut ist und als Regisseurin bereits den Kurzfilm "Se riesco parto" (2011) realisierte, schaffte es mit ihrem Langfilmdebüt auf Anhieb in den Wettbewerb der Berlinale. Bei deren 74. Ausgabe im Februar 2024 ging das musikalische Historiendrama zwar leer aus, hätte aber durchaus einen Preis verdient gehabt. Denn "Gloria!" ist erfrischend anders und dessen Botschaft ist laut und deutlich zu vernehmen.

Ein frischer Wind weht durch eine angestaubte Institution

Der große Clou an diesem Debüt ist die Musik, genauer gesagt der geniale Einfall, dass sie aus der Zeit gefallen ist. Die von der Hauptfigur Teresa (wundervoll: Galatéa Bellugi) wild improvisierten Stücke, die größtenteils von Vicario selbst komponiert wurden, greifen der historischen Entwicklung voraus. Wenn man so will, erfindet die mit einem begnadeten Talent gesegnete und nur scheinbar stumme Magd gemeinsam mit ihren vier Komplizinnen im Keller eines Kollegiums an der Schwelle zum 19. Jahrhundert die moderne Musik – vom Jazz bis zum Pop. Und diese tolle Idee bleibt mehr als nur ein originelles Gimmick.

Die Verwendung moderne Musik in Historienfilmen ist an sich nichts Neues. Aus der jüngeren Vergangenheit kommt einem der Indierock-Soundtrack von "Marie Antoinette" (2006) ebenso in den Sinn wie die Songauswahl im Musical "Moulin Rouge" (2001). Doch während Sofia Coppola die Klänge der E-Gitarren lediglich dazu nutzte, um ihr Publikum zu irritieren und Baz Luhrmann vermittels der Songtexte zwar immerhin eine Geschichte erzählte, so kommt der anachronistischen Musik bei Margherita Vicario tatsächlich eine narrative Funktion (und eine weitaus wichtigere als bei Luhrmann) zu. Die Figuren sind sich bewusst, dass sie unerhörte Klänge produzieren – und nutzen diese zufällig entdeckte Macht der Musik für ihre eigenen Zwecke und zu ihrem eigenen Vorteil aus.

Ein Debütfilm mit beschwingter Wirkung

Am Anfang dieses Debüts stand Vicarios Suche nach Komponistinnen, die von der Geschichtsschreibung vergessen oder gar verschwiegen wurden. Ein Teil der Musik dieser Vergessenen findet sich in Lucias Kompositionen wieder. Die Kompositionen aber, die unwiederbringlich verloren sind, nehmen in den von Teresa improvisierten und von Vicario an den historischen Fakten vorbei imaginierten Klängen eine magische Gestalt an. Die befreiende Wirkung, die die Musik auf die fünf Frauen hat, überträgt sich mühelos auf das Publikum, das den Kinosaal beschwingt verlässt.

Dieses erhebende Gefühl liegt freilich nicht nur an der Musik. Margherita Vicario, die das Drehbuch in Zusammenarbeit mit Anita Rivaroli geschrieben hat, vermag es auch, eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Es ist eine Geschichte über weibliche Solidarität und die Geschichte einer Emanzipation mithilfe der Musik – die so freilich nie stattgefunden hat. Aber wie schön wäre es, wenn sie genau so über die Bühne gegangen wäre? So wie Margherita Vicario ihrer Protagonistin gestattet, in unerhörte musikalische Höhen emporzusteigen, so lässt sich auch uns im Kinosaal 106 Minuten lang von einem alternativen Weg der Musikgeschichte träumen.

Fazit: Welch ein Debüt! Margherita Vicarios erster abendfüllender Spielfilm ist ein mitreißendes musikalisches Historiendrama, das ungewohnte Töne anschlägt. Die Geschichte über fünf Frauen, die zufällig die Popmusik erfinden, ist überzeugend erzählt, bewegend gespielt und souverän in Szene gesetzt. Ein verblüffendes und beschwingtes Erstlingswerk, das lange nachhallt.




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Zum Video: Gloria!

Besetzung & Crew von "Gloria!"

Land: Italien, Schweiz
Jahr: 2024
Genre: Drama
Länge: 106 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 29.08.2024
Regie: Margherita Vicario
Darsteller: Galatéa Bellugi als Teresa, Carlotta Gamba als Lucia, Veronica Lucchesi als Bettina, Maria Vittoria Dallasta als Marietta, Sara Mafodda als Prudenza
Kamera: Gianluca Palma
Verleih: Neue Visionen

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