Des Teufels Bad (2024)
Dritter Streich: Nach "Ich seh ich seh" und "The Lodge" lässt das österreichische Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala seinem Publikum ein weiteres Mal die Haare zu Berge stehen.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Oberösterreich im Jahr 1750: Die tiefgläubige Agnes (Anja Plaschg) heiratet den Bauern und Karpfenfischer Wolf (David Scheid ), der einen weit von Agnes' Heimatdorf gelegenen Hof gemeinsam mit seiner Mutter Gänglin (Maria Hofstätter) bewirtschaftet. Die hochsensible Agnes versinkt gern und so sehr in der Natur, dass die darüber nicht nur die Zeit, sondern beinahe auch ihre eigene Hochzeit vergisst. Das Fest ist fröhlich, doch schon in der Hochzeitsnacht nehmen die Probleme ihren Lauf.
Einsam und missverstanden stürzt Agnes immer tiefer in eine Spirale aus Melancholie und Depression, bis Wolf und seine Mutter nicht mehr ein noch aus wissen. Agnes' unaufhaltsamer Abstieg ist damit aber noch nicht beendet.
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Filmkritik
"Des Teufels Bad": Fremd in der Welt
Veronika Franz und Severin Fiala bilden in vielerlei Hinsicht ein beachtliches Gespann. Was die Kombination aus außergewöhnlichen Stoffen und deren ambitionierter Aufbereitung anbelangt, lehrt derzeit kein anderes Duo sein Publikum so sehr das Fürchten wie die zwei gebürtigen Wiener. Ihr erster abendfüllender Spielfilm, der geschickt gestrickte Psychothriller "Ich seh ich seh" (2014), der mit "Goodnight Mommy" (2022) inzwischen ein prominent besetztes US-Remake erhalten hat, bescherte den beiden selbst den Sprung über den Großen Teich. In Kanada realisierten sie den klaustrophobischen Hütten-Horror "The Lodge" (2019). Darin bildete abermals die Familie die erzählerische Keimzelle, aus der nichts Gutes erwächst, und ein weiteres Mal waren die Kinder erschreckender als die Erwachsenen. Neu hinzugesellte sich indessen die Religion, der in ihrem jüngsten Streich nun eine noch bedeutendere Rolle zukommt. Franz' und Fialas dritter gemeinsamer abendfüllender Spielfilm "Des Teufels Bad" markiert zugleich die kontinuierliche Fortsetzung ihres bisherigen Schaffens und einen ersten Bruch.
Klamm ums Herz
Wer handelsüblichen Horror liebt, ist bei Franz und Fiala an der falschen Adresse. Übernatürliche Monster sucht man bei ihnen ebenso vergebens wie axtschwingende Serienkiller. Und auch von cheap thrills in Form plumper jump scares halten die beiden nichts. Das beklemmende Gefühl, das einem beim Zusehen die Luft abschnürt, baut sich sukzessive auf. Der Horror lauert im Alltäglichen, in der menschlichen Psyche, die durch ein Trauma ins Wanken gerät. So bodenständig, ja buchstäblich in der Heimaterde verwurzelt wie in "Des Teufels Bad" war der Horror bei Franz und Fiala bislang noch nie. Schon allein deshalb passt der Begriff des "elevated horror", der im englischsprachigen Raum gern für vergleichbare Filme verwendet wird, nicht, um das Kino von Franz und Fiala zu kategorisieren. Und ein Horrorfilm ist "Des Teufels Bad", der im Wettbewerb der 74. Berlinale lief und von dort einen Silbernen Bären für den Kameramann Martin Gschlacht mit nach Hause nahm, auch gar nicht, sondern ein Historiendrama. Allerdings eins, das seinem Publikum bisweilen das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Dunkle Seelenlandschaften
Mitte des 18. Jahrhunderts in Oberösterreich angesiedelt, erzählen Franz und Fiala von der frommen Agnes, die in der Familie, in die sie einheiratet, kreuzunglücklich ist. Noch während der ausgelassenen Hochzeitsfeier mit all ihren aus heutiger Sicht makaberen Bräuchen kristallisiert sich heraus, dass Agnes' Ehemann Wolf am anderen Ufer fischt. Ein Kind wird sie ihm folglich nicht schenken können. Und um die tägliche Plackerei ist es nicht besser bestellt. Für die Knochenarbeit im eiskalten Wasser von Wolfs Karpfenteichen ist die naturverbundene junge Frau, die gern stundenlang durch die Wälder und Wiesen streift und dabei die Zeit vergisst, nicht gemacht. Von ihrer herrischen Schwiegermutter bevormundet und von ihrem Mann zurückgewiesen, rutscht Agnes immer tiefer in eine Depression, die sich in Gschlachts dunklen, abstrakt-verstörenden Naturbildern spiegelt. Bis Agnes nur noch einen verheerenden Ausweg sieht, der perfiderweise tief in ihrem Katholizismus wurzelt.
Wuchtiger Wurf
"Des Teufels Bad" ist in vielerlei Hinsicht ein beachtlicher Wurf: vom historisch nur wenig bekannten Thema des mittelbaren Selbstmords, um das der Film kreist und von der Rolle, die die Religion dabei spielt, bis zur beeindruckenden Umsetzung des Ganzen. Martin Gschlacht gelingt es nicht nur, die malerische Qualität der Natur mit seiner Kamera festzuhalten, im Verbund mit der Arbeit der Kostümbildnerin Tanja Hausner, den Szenenbildnern Andreas Donhauser und Renate Martin und den Maskenbildnerinnen Judith Kröher Falch und Tünde Kiss-Benke wird das entbehrungsreiche Landleben von vor 275 Jahren förmlich greifbar, spürbar, riechbar. Zur düsteren Stimmung trägt neben dem immer stärker schwindenden Licht im Verlauf der Jahreszeiten und dem einnehmenden Spiel des Trios Anja Plaschg, David Scheid und Maria Hofstätter auch die von Plaschg unter ihrem musikalischen Alter Ego Soap&Skin selbst komponierte Filmmusik bei.
"Des Teufels Bad" ist ein ebenso wuchtiges wie verstörendes Werk, das durch seine Historizität an Folk-Horrorfilme wie "The VVitch" (2015) oder "Hagazussa" (2017) erinnert und sich doch seinen ganz eigenen Stil bewahrt. Erstaunlicherweise ist die Geschichte vom Fremdsein in der Welt ausgesprochen zeitlos und mühelos auf unsere Gegenwart übertragbar.
Fazit: Mit ihrem dritten abendfüllenden Spielfilm, dem Historiendrama "Des Teufels Bad" entfernen sich Veronika Franz und Severin Fiala bis dato am weitesten vom Horrorgenre und bauen dennoch fleißig weiter an ihrem angsteinflößenden Œuvre. Das harsche Landleben des 18. Jahrhunderts sorgt für beklemmende Momente, das Psychogramm einer missverstandenen, depressiven jungen Frau berührt und beklemmt zugleich. "Des Teufels Bad" ist ein ebenso wuchtiges wie verstörendes und in all seiner Verstörung betörendes Werk.
Veronika Franz und Severin Fiala bilden in vielerlei Hinsicht ein beachtliches Gespann. Was die Kombination aus außergewöhnlichen Stoffen und deren ambitionierter Aufbereitung anbelangt, lehrt derzeit kein anderes Duo sein Publikum so sehr das Fürchten wie die zwei gebürtigen Wiener. Ihr erster abendfüllender Spielfilm, der geschickt gestrickte Psychothriller "Ich seh ich seh" (2014), der mit "Goodnight Mommy" (2022) inzwischen ein prominent besetztes US-Remake erhalten hat, bescherte den beiden selbst den Sprung über den Großen Teich. In Kanada realisierten sie den klaustrophobischen Hütten-Horror "The Lodge" (2019). Darin bildete abermals die Familie die erzählerische Keimzelle, aus der nichts Gutes erwächst, und ein weiteres Mal waren die Kinder erschreckender als die Erwachsenen. Neu hinzugesellte sich indessen die Religion, der in ihrem jüngsten Streich nun eine noch bedeutendere Rolle zukommt. Franz' und Fialas dritter gemeinsamer abendfüllender Spielfilm "Des Teufels Bad" markiert zugleich die kontinuierliche Fortsetzung ihres bisherigen Schaffens und einen ersten Bruch.
Klamm ums Herz
Wer handelsüblichen Horror liebt, ist bei Franz und Fiala an der falschen Adresse. Übernatürliche Monster sucht man bei ihnen ebenso vergebens wie axtschwingende Serienkiller. Und auch von cheap thrills in Form plumper jump scares halten die beiden nichts. Das beklemmende Gefühl, das einem beim Zusehen die Luft abschnürt, baut sich sukzessive auf. Der Horror lauert im Alltäglichen, in der menschlichen Psyche, die durch ein Trauma ins Wanken gerät. So bodenständig, ja buchstäblich in der Heimaterde verwurzelt wie in "Des Teufels Bad" war der Horror bei Franz und Fiala bislang noch nie. Schon allein deshalb passt der Begriff des "elevated horror", der im englischsprachigen Raum gern für vergleichbare Filme verwendet wird, nicht, um das Kino von Franz und Fiala zu kategorisieren. Und ein Horrorfilm ist "Des Teufels Bad", der im Wettbewerb der 74. Berlinale lief und von dort einen Silbernen Bären für den Kameramann Martin Gschlacht mit nach Hause nahm, auch gar nicht, sondern ein Historiendrama. Allerdings eins, das seinem Publikum bisweilen das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Dunkle Seelenlandschaften
Mitte des 18. Jahrhunderts in Oberösterreich angesiedelt, erzählen Franz und Fiala von der frommen Agnes, die in der Familie, in die sie einheiratet, kreuzunglücklich ist. Noch während der ausgelassenen Hochzeitsfeier mit all ihren aus heutiger Sicht makaberen Bräuchen kristallisiert sich heraus, dass Agnes' Ehemann Wolf am anderen Ufer fischt. Ein Kind wird sie ihm folglich nicht schenken können. Und um die tägliche Plackerei ist es nicht besser bestellt. Für die Knochenarbeit im eiskalten Wasser von Wolfs Karpfenteichen ist die naturverbundene junge Frau, die gern stundenlang durch die Wälder und Wiesen streift und dabei die Zeit vergisst, nicht gemacht. Von ihrer herrischen Schwiegermutter bevormundet und von ihrem Mann zurückgewiesen, rutscht Agnes immer tiefer in eine Depression, die sich in Gschlachts dunklen, abstrakt-verstörenden Naturbildern spiegelt. Bis Agnes nur noch einen verheerenden Ausweg sieht, der perfiderweise tief in ihrem Katholizismus wurzelt.
Wuchtiger Wurf
"Des Teufels Bad" ist in vielerlei Hinsicht ein beachtlicher Wurf: vom historisch nur wenig bekannten Thema des mittelbaren Selbstmords, um das der Film kreist und von der Rolle, die die Religion dabei spielt, bis zur beeindruckenden Umsetzung des Ganzen. Martin Gschlacht gelingt es nicht nur, die malerische Qualität der Natur mit seiner Kamera festzuhalten, im Verbund mit der Arbeit der Kostümbildnerin Tanja Hausner, den Szenenbildnern Andreas Donhauser und Renate Martin und den Maskenbildnerinnen Judith Kröher Falch und Tünde Kiss-Benke wird das entbehrungsreiche Landleben von vor 275 Jahren förmlich greifbar, spürbar, riechbar. Zur düsteren Stimmung trägt neben dem immer stärker schwindenden Licht im Verlauf der Jahreszeiten und dem einnehmenden Spiel des Trios Anja Plaschg, David Scheid und Maria Hofstätter auch die von Plaschg unter ihrem musikalischen Alter Ego Soap&Skin selbst komponierte Filmmusik bei.
"Des Teufels Bad" ist ein ebenso wuchtiges wie verstörendes Werk, das durch seine Historizität an Folk-Horrorfilme wie "The VVitch" (2015) oder "Hagazussa" (2017) erinnert und sich doch seinen ganz eigenen Stil bewahrt. Erstaunlicherweise ist die Geschichte vom Fremdsein in der Welt ausgesprochen zeitlos und mühelos auf unsere Gegenwart übertragbar.
Fazit: Mit ihrem dritten abendfüllenden Spielfilm, dem Historiendrama "Des Teufels Bad" entfernen sich Veronika Franz und Severin Fiala bis dato am weitesten vom Horrorgenre und bauen dennoch fleißig weiter an ihrem angsteinflößenden Œuvre. Das harsche Landleben des 18. Jahrhunderts sorgt für beklemmende Momente, das Psychogramm einer missverstandenen, depressiven jungen Frau berührt und beklemmt zugleich. "Des Teufels Bad" ist ein ebenso wuchtiges wie verstörendes und in all seiner Verstörung betörendes Werk.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Des Teufels Bad"
Land: ÖsterreichWeitere Titel: The Devil's Bath
Jahr: 2024
Genre: Thriller
Länge: 121 Minuten
Kinostart: 14.11.2024
Regie: Severin Fiala, Veronika Franz
Darsteller: Anja Plaschg als Agnes, Maria Hofstätter als Mutter, David Scheid als Wolf, Tim Valerian Alberti als Schaulustiger, Elias Schützenhofer als Michael
Kamera: Martin Gschlacht
Verleih: Plaion Pictures
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