Dream Scenario (2023)
In dieser schwarzhumorigen Gesellschaftssatire, dem US-Debüt des norwegischen Regisseurs Kristoffer Borgli, wird die von Nicolas Cage gespielte Hauptfigur unfreiwillig zum Traummann.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Der Familienvater Paul Matthews (Nicolas Cage) ist ein unscheinbarer Hochschulprofessor, der schon lange davon träumt, eine wissenschaftliche Abhandlung über Ameisen zu schreiben. Im wahrsten Wortsinn über Nacht berühmt wird Paul jedoch nicht mit seiner Arbeit, sondern deshalb, weil er Millionen Menschen in ihren Träumen erscheint. Das Kuriosum geht viral, Pauls Vorlesungen platzen fortan aus allen Nähten und eine große Werbeagentur unter Leitung des trendigen Trent (Michael Cera) klopft an, um die Rechte an Pauls Lebensgeschichte zu vermarkten.
Während Paul zunächst überrumpelt ist, sich dann jedoch von der Aufmerksamkeit geschmeichelt fühlt, steht seine Frau Janet (Julianne Nicholson) dem Phänomen von vornherein skeptisch gegenüber. Anfangs taucht Paul in den Träumen nur als passiver Beobachter auf. Nachdem seine Rolle darin immer aktiver wird und der Inhalt der Träume immer verstörender, dreht sich der Wind. Aus der Verehrung wird Hass, der Paul, Janet und die zwei Töchter Sophie (Lily Bird) und Hannah (Jessica Clement) zunehmend belastet.
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Filmkritik
"Dream Scenario": Ich sehe den Mann deiner Träume
Ungeachtet der eigentlichen Preisvergabe kann für die 96. Oscar-Verleihung eines festgehalten werden: So abwechslungsreich wie im Jahr 2024 war das Feld der zehn in der Hauptkategorie nominierten Filme schon lange nicht mehr besetzt. Es war ein ausgesprochen starker Jahrgang, der unter Beweis stellte, dass gut erzähltes Kino in jeder Preisklasse zu haben ist. Und trotzdem wurden einige Filme schmerzlich vermisst: Todd Haynes' "May December", Ava DuVernays "Origin", Wes Andersons "Asteroid City" oder Andrew Haighs "All of Us Strangers". Während "May December" immerhin eine Nominierung in der Kategorie "Bestes Originaldrehbuch" ergattern konnte, waren die übrigen Filme für keinen einzigen Oscar nominiert.
Ein Schicksal, das auch "Dream Scenario" teilt. Bei den Golden Globe Awards war Hauptdarsteller Nicolas Cage noch für einen Preis in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller – Musical oder Komödie" nominiert gewesen. Bei den Academy Awards ging er dann jedoch ebenso leer aus wie sein Regisseur Kristoffer Borgli, der, wenn schon nicht für seine Regie, so doch zumindest für das von ihm selbst verfasste Drehbuch eine Nominierung verdient gehabt hätte.
Ein Spießbürger, wie er im Buche steht
Cage spielt den Hochschulprofessor Paul Matthews, einen mausgrauen Mann, der auf seinem unbedeutenden Fachgebiet so gern Großes leisten möchte, stattdessen aber von seiner eigenen Kleinkariertheit kleingehalten wird. Diese leise und für Cage eher ungewohnte Rolle erinnert am ehesten an den von Neurosen geplagten Drehbuchautor Charlie Kaufman, den Cage in Spike Jonzes Verfilmung von der von Kaufman selbst verfassten Tragikomödie "Adaption" (2002) spielte. (Überhaupt lassen einen die von Borgli erdachte Hauptfigur und der ganze Film wiederholt an das selbstreferenzielle Universum Kaufmans denken.)
Nach der Hauptrolle in Michael Sarnoskis "Pig" (2021) beweist Cage erneut, dass seine größte Stärke nicht der Hang zur Übertreibung ist, dem er zuletzt in Filmen wie "Massive Talent" (2022) oder "Renfield" (2023) frönte. Am stärksten ist der 1964 geborene Mime immer dann, wenn er hinter seiner Rolle beinahe bis zur Unkenntlichkeit verschwindet. Das übrige Ensemble steht Cages Kunst in nichts nach. In den wenigen Szenen, die Tim Meadows als Dekan der Hochschule hat, ist er brillant. Die von Lily Bird und Jessica Clement verkörperten Töchter des Professors benehmen sich nicht nur glaubhaft wie Teenager, sie könnten glatt im wahren Leben Schwestern sein. In ihrer Rolle als Mitarbeiterin einer Werbeagentur fügt Dylan Gelula ("Unbreakable Kimmy Schmidt", "Casual") ihrem Repertoire von zwischenmenschlich ungelenken Figuren eine weitere Paraderolle hinzu. Und Julianne Nicholson ist als Paul Matthews' Ehefrau Janet einfach nur umwerfend.
Traumlogik trifft auf filmischen Gedankenstrom
Nicolas Cage hat "Dream Scenario" als seinen "vielleicht besten Film" und als ein "Meisterwerk" bezeichnet. Was den Hauptdarsteller daran so begeistert, ist die Arbeitsweise seines Regisseurs. Kristoffer Borgli, der den Film nicht nur geschrieben, sondern auch selbst geschnitten hat, hätte während der Dreharbeiten exakt gewusst, was er wolle, sagt Cage. Keine Szene sei zu viel, keine zu wenig. Alles sei im Fluss und würde miteinander zusammenhängende Szenen auf eine sprunghafte, einzigartige Weise verschmelzen. Besser als Cage kann man Borglis verschachtelte und zugleich rhythmische Narration kaum beschreiben. Borgli blendet in der Handlung mal vor, mal zurück und dabei den Ton oftmals aus, was das Gefühl der Irrealität weiter steigert. Mal visualisiert er die Träume direkt, mal indirekt, indem er mitten in die Nacherzählung eines Traums die Visualisierung dieses Traums einschiebt. All das fügt sich zu einer Art absurdem, von Traumlogik durchzogenem Gedankenstrom zusammen.
"Dream Scenario" ist erst der zweite abendfüllende Spielfilm des 1985 geborenen Norwegers und sein erster auf Englisch. In seinem Debüt "Sick of Myself" (2022) sezierte Borgli messerscharf den in den sozialen Medien grassierenden Narzissmus und trieb ihn auf die Spitze. Im Vergleich zu dieser teils böse ätzenden, teils ehrlich mitfühlenden Groteske nimmt sich die Gesellschaftssatire in "Dream Scenario" harmloser aus. Dadurch fühlt sie sich aber auch glaubwürdiger an. Würde ein unscheinbarer Professor über Nacht tatsächlich in den Träumen Tausender Menschen auftauchen, dann wäre der Hype, den dieser Film nachzeichnet, sicherlich nicht weit entfernt. Und der um die politische Korrektheit kreisende Absturz wäre ebenso vorstellbar.
Kameramann Benjamin Loeb fängt diese Geschichte übrigens in lichtdurchfluteten Einstellungen ein, die an alte Zelluloid-Aufnahmen erinnern und eine herbstlich-heimelige Atmosphäre vermitteln. Die sieht nur auf den ersten Blick so aus, als stünde sie im scharfen Kontrast zum pechschwarzen Inhalt dieser Komödie. Letzten Endes passt beides ganz wunderbar zusammen.
Fazit: Nach seinem fulminanten Debüt "Sick of Myself" schiebt der norwegische Filmemacher Kristoffer Borgli mit "Dream Scenario" den nächsten Karrierehöhepunkt hinterher. Diese grandios gespielte, wunderschön gefilmte und in einem komplexen Erzählfluss dargebotene Gesellschaftssatire ist eine rabenschwarze, absurde Komödie, die es mit den großen Vertretern des Genres mühelos aufnehmen kann.
Ungeachtet der eigentlichen Preisvergabe kann für die 96. Oscar-Verleihung eines festgehalten werden: So abwechslungsreich wie im Jahr 2024 war das Feld der zehn in der Hauptkategorie nominierten Filme schon lange nicht mehr besetzt. Es war ein ausgesprochen starker Jahrgang, der unter Beweis stellte, dass gut erzähltes Kino in jeder Preisklasse zu haben ist. Und trotzdem wurden einige Filme schmerzlich vermisst: Todd Haynes' "May December", Ava DuVernays "Origin", Wes Andersons "Asteroid City" oder Andrew Haighs "All of Us Strangers". Während "May December" immerhin eine Nominierung in der Kategorie "Bestes Originaldrehbuch" ergattern konnte, waren die übrigen Filme für keinen einzigen Oscar nominiert.
Ein Schicksal, das auch "Dream Scenario" teilt. Bei den Golden Globe Awards war Hauptdarsteller Nicolas Cage noch für einen Preis in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller – Musical oder Komödie" nominiert gewesen. Bei den Academy Awards ging er dann jedoch ebenso leer aus wie sein Regisseur Kristoffer Borgli, der, wenn schon nicht für seine Regie, so doch zumindest für das von ihm selbst verfasste Drehbuch eine Nominierung verdient gehabt hätte.
Ein Spießbürger, wie er im Buche steht
Cage spielt den Hochschulprofessor Paul Matthews, einen mausgrauen Mann, der auf seinem unbedeutenden Fachgebiet so gern Großes leisten möchte, stattdessen aber von seiner eigenen Kleinkariertheit kleingehalten wird. Diese leise und für Cage eher ungewohnte Rolle erinnert am ehesten an den von Neurosen geplagten Drehbuchautor Charlie Kaufman, den Cage in Spike Jonzes Verfilmung von der von Kaufman selbst verfassten Tragikomödie "Adaption" (2002) spielte. (Überhaupt lassen einen die von Borgli erdachte Hauptfigur und der ganze Film wiederholt an das selbstreferenzielle Universum Kaufmans denken.)
Nach der Hauptrolle in Michael Sarnoskis "Pig" (2021) beweist Cage erneut, dass seine größte Stärke nicht der Hang zur Übertreibung ist, dem er zuletzt in Filmen wie "Massive Talent" (2022) oder "Renfield" (2023) frönte. Am stärksten ist der 1964 geborene Mime immer dann, wenn er hinter seiner Rolle beinahe bis zur Unkenntlichkeit verschwindet. Das übrige Ensemble steht Cages Kunst in nichts nach. In den wenigen Szenen, die Tim Meadows als Dekan der Hochschule hat, ist er brillant. Die von Lily Bird und Jessica Clement verkörperten Töchter des Professors benehmen sich nicht nur glaubhaft wie Teenager, sie könnten glatt im wahren Leben Schwestern sein. In ihrer Rolle als Mitarbeiterin einer Werbeagentur fügt Dylan Gelula ("Unbreakable Kimmy Schmidt", "Casual") ihrem Repertoire von zwischenmenschlich ungelenken Figuren eine weitere Paraderolle hinzu. Und Julianne Nicholson ist als Paul Matthews' Ehefrau Janet einfach nur umwerfend.
Traumlogik trifft auf filmischen Gedankenstrom
Nicolas Cage hat "Dream Scenario" als seinen "vielleicht besten Film" und als ein "Meisterwerk" bezeichnet. Was den Hauptdarsteller daran so begeistert, ist die Arbeitsweise seines Regisseurs. Kristoffer Borgli, der den Film nicht nur geschrieben, sondern auch selbst geschnitten hat, hätte während der Dreharbeiten exakt gewusst, was er wolle, sagt Cage. Keine Szene sei zu viel, keine zu wenig. Alles sei im Fluss und würde miteinander zusammenhängende Szenen auf eine sprunghafte, einzigartige Weise verschmelzen. Besser als Cage kann man Borglis verschachtelte und zugleich rhythmische Narration kaum beschreiben. Borgli blendet in der Handlung mal vor, mal zurück und dabei den Ton oftmals aus, was das Gefühl der Irrealität weiter steigert. Mal visualisiert er die Träume direkt, mal indirekt, indem er mitten in die Nacherzählung eines Traums die Visualisierung dieses Traums einschiebt. All das fügt sich zu einer Art absurdem, von Traumlogik durchzogenem Gedankenstrom zusammen.
"Dream Scenario" ist erst der zweite abendfüllende Spielfilm des 1985 geborenen Norwegers und sein erster auf Englisch. In seinem Debüt "Sick of Myself" (2022) sezierte Borgli messerscharf den in den sozialen Medien grassierenden Narzissmus und trieb ihn auf die Spitze. Im Vergleich zu dieser teils böse ätzenden, teils ehrlich mitfühlenden Groteske nimmt sich die Gesellschaftssatire in "Dream Scenario" harmloser aus. Dadurch fühlt sie sich aber auch glaubwürdiger an. Würde ein unscheinbarer Professor über Nacht tatsächlich in den Träumen Tausender Menschen auftauchen, dann wäre der Hype, den dieser Film nachzeichnet, sicherlich nicht weit entfernt. Und der um die politische Korrektheit kreisende Absturz wäre ebenso vorstellbar.
Kameramann Benjamin Loeb fängt diese Geschichte übrigens in lichtdurchfluteten Einstellungen ein, die an alte Zelluloid-Aufnahmen erinnern und eine herbstlich-heimelige Atmosphäre vermitteln. Die sieht nur auf den ersten Blick so aus, als stünde sie im scharfen Kontrast zum pechschwarzen Inhalt dieser Komödie. Letzten Endes passt beides ganz wunderbar zusammen.
Fazit: Nach seinem fulminanten Debüt "Sick of Myself" schiebt der norwegische Filmemacher Kristoffer Borgli mit "Dream Scenario" den nächsten Karrierehöhepunkt hinterher. Diese grandios gespielte, wunderschön gefilmte und in einem komplexen Erzählfluss dargebotene Gesellschaftssatire ist eine rabenschwarze, absurde Komödie, die es mit den großen Vertretern des Genres mühelos aufnehmen kann.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Dream Scenario"
Land: USAJahr: 2023
Genre: Komödie, Horror
Länge: 101 Minuten
Kinostart: 21.03.2024
Regie: Kristoffer Borgli
Darsteller: Lily Bird als Sophie Matthews, Nicolas Cage als Paul Matthews, Julianne Nicholson als Janet Matthews, Jessica Clement als Hannah Matthews, Star Slade als Greta
Kamera: Benjamin Loeb
Verleih: DCM GmbH
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