Der Zopf (2024)

Über Barrieren und Grenzen hinweg

Laetitia Colombani verfilmt mit "Der Zopf“ (2022) ihren eigenen Roman-Beststeller, von dem bis heute über fünf Millionen Stück verkauft wurden. Colombanis Film umspannt dabei ebenso wie die literarische Vorlage die Kontinente und die Kulturen. Und sie will das Verbindende, das Einende, in all der augenscheinlichen Unterschiedlichkeit im Leben der Protagonistinnen darlegen. Und tatsächlich gelingt es dem Film auf den ersten Blick glaubhaft aufzuzeigen, wie unser aller Leben doch – wenn auch nur indirekt – miteinander verbunden scheint. Über sprachliche Barrieren und alle Ländergrenzen hinweg.

Denn bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass es allen Frauen vor allem um eines geht: ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben zu führen frei von Zwängen. Dass sich deren individuelle Lebensrealitäten unterscheiden, liegt an den kulturell und religiös bedingten, verschiedenen Lebensbedingungen. Das erscheint so naheliegend und banal, doch nur allzu gern übersieht man es. Die Frage ist, ob das, was die Geschichten letztlich eint und in allen Episoden als verbindendes Element vorkommt, so klug gewählt ist. Und wie glaubhaft dies jeweils in die Dramaturgie der Storys eingebunden ist.

Zu manipulativ und berechnend

Immerhin erhalten wir durch die drei Episoden Einblicke in eben diese Lebenswirklichkeiten. Das macht den Film abwechslungsreich. Wir erfahren etwas über die hinduistische Gesellschaft und das menschenunwürdige, strenge indische Kastensystem. In der Geschichte über Giulia begeben wir uns in ein spartanisches sizilianisches Dorf, während wir im kanadischen Montreal die noblen Geschäftsviertel und modernen Hochhäuser präsentiert bekommen. Ärgerlich hingegen sind die pathetische, fast manipulativ eingesetzte Klaviermusik und die (gefühlte) Gleichsetzung mancher Schicksalsschläge. Was ist schlimmer: unter Hunger zu leiden, eine tödliche Krankheit zu haben oder kurz vor der Pleite zu stehen? In "Der Zopf“ wirkt es bisweilen so, als führen die drei Frauen einen Kampf oder Wettbewerb um das schlimmste individuelle Schicksal.

Fazit: Kraftvoll bebildertes, inhaltlich facettenreiches aber auch sehr affektiertes, emotional überfrachtets Drama, das leider seine eigene Botschaft immer wieder ignoriert.