Die Unschuld (2023)
Kaibutsu
Sensibles, komplexes und humanistisches Drama als Plädoyer für ToleranzKritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Saori Mugino, eine liebevolle Mutter und junge Witwe, bemerkt Veränderungen in dem Verhalten ihres Sohnes Minato: Er kommt mit Verletzungen nach Hause, verhält sich immer seltsamer und sagt schließlich, dass sein Lehrer Hori dahintersteckt, ihn schlagen und beschimpfen würde. Saori konfrontiert den Lehrer und die Schulleitung damit, doch wird abgeblockt. Auf der Seite scheint es kein Interesse an den Anliegen der verzweifelten Mutter zu geben, ihr wird nicht geglaubt.
Die Perspektive Horis hingegen sieht ganz anders aus: Er ist ein engagierter, verständnisvoller Lehrer. Durch unglückliche Verkettungen, Missverständnisse und die Aussagen Minatos gerät er in einen Strudel, der ihm zum Sündenbock macht, bis er selbst verzweifelt. Hinter all dem steht ein Geheimnis - eine innige Freundschaft zwischen Minato und seinem Schulkollegen Yori, die nicht sein darf, damit verbundene Mobbingvorfälle in der Schule und die Unfähigkeit Minatos, seine Gefühle zu akzeptieren und auszudrücken.
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Filmkritik
"Die Unschuld", im Originaltitel und international "Monster", ist ein äußerst sensibles Plädoyer für Menschlichkeit und Toleranz, das man in dieser Komplexität und in seinem unprätentiösen Realismus in der Form im rezenten Kino fast nicht mehr kennt. Regisseur Hirokazu Koreeda ("Shoplifters") beleuchtet ein Konvolut aus alltäglichen Konflikten, die ineinander greifen, aus verschiedenen Perspektiven und vermittelt so auch, dass nicht immer alles ist, wie es scheint. Vor allem aber fordert der Film auf unaufdringliche Art Verständnis ein, auch für die Lügen, die uns alle zu kleinen "Monstern" machen - ein eindringliches Beispiel für (filmischen) Humanismus.
"Die Unschuld" reißt dabei viele Themen an, vereint sie aber zu einem stimmigen Ganzen. Getragen von tiefer Empathie für all seine Figuren entwirft der Film das Bild einer verstörten Welt, die diese Empathie verloren hat und erst wieder lernen muss. Lobenswert ist insbesondere die Komplexität und Ambivalenz der Handlung, die der Film nicht als "Manko" empfindet oder als Aufforderung, einseitig Position zu beziehen, im Gegenteil: Im ersten Drittel wird der zentrale Konflikt aus Sicht von Minatos Mutter geschildert. Sie spürt, dass etwas mit ihrem Sohn "nicht stimmt", glaubt ihm seine Aussagen, dass sein Lehrer dahinterstecken würde und setzt sich für ihn ein. Sie macht nichts falsch - doch die Aussagen Minatos sind eine Lüge, hinter der wiederum andere Motive stecken.
So erscheint die Reaktion der Schulleitung auf die Anschuldigungen erst als klassischer Versuch einer "Vertuschung", um den "Täter" zu schützen. Insbesondere viele US-Filme der letzten Jahre bauten auf dieser dramaturgischen Struktur auf. Doch "Die Unschuld" geht eben weiter: Im zweiten Teil sehen wir, dass Lehrer Hori völlig unschuldig ist. Er macht mit seiner ursprünglichen Weigerung, sein ihm unterstelltes Fehlverhalten zuzugeben, auch nichts falsch. Hinter all dem liegt - wie wir im dritten Teil des Films lernen, der die Perspektive Minatos wiedergibt - eine Lüge, die wiederum nicht aus dem "Nichts" oder aus Bösartigkeit entstand, sondern durch ein Umfeld bedingt war und aus der Unfähigkeit des Urhebers, seine Emotionen angemessen einzuordnen und auszudrücken. "Schuld" ist in diesem Sinne niemand, am ehesten eine Gesellschaft, die gegenseitiges Verständnis verlernt hat. So handelt "Die Unschuld" am Ende auch von der destruktiven Kraft kleiner und großer Lügen, ohne die Urheber der Lügen anzuklagen, vielmehr auch Verständnis für sie zu zeigen.
Koreeda realisiert all das inszenatorisch und visuell ebenfalls mit angemessener Sensibilität und Empathie. Unterstützt wird das durch den hervorragenden Soundtrack des erst kürzlich verstorbenen Ryūichi Sakamoto, der hiermit seine letzte Arbeit abliefert und sich würdig von der großen Bühne verabschiedet. Auch schauspielerisch bewegt sich "Die Unschuld" auf hohem Niveau, wobei Eita Nagayama (Lehrer Hori), Sakura Andō (Mutter Saori) und Jungdarsteller Soya Kurokawa (Minato) aus dem Ensemble herausstechen.
Fazit: Ein sensibles, einfühlsames und erstklassig umgesetztes Plädoyer für Verständnis, Toleranz und Humanismus: Hirokazu Koreeda legt mit "Die Unschuld" ein weiteres, sehenswertes Werk vor, das sich in seiner Komplexität und Ambivalenz wohltuend von vielen rezenten Filme aus Hollywood und Europa abhebt.
"Die Unschuld" reißt dabei viele Themen an, vereint sie aber zu einem stimmigen Ganzen. Getragen von tiefer Empathie für all seine Figuren entwirft der Film das Bild einer verstörten Welt, die diese Empathie verloren hat und erst wieder lernen muss. Lobenswert ist insbesondere die Komplexität und Ambivalenz der Handlung, die der Film nicht als "Manko" empfindet oder als Aufforderung, einseitig Position zu beziehen, im Gegenteil: Im ersten Drittel wird der zentrale Konflikt aus Sicht von Minatos Mutter geschildert. Sie spürt, dass etwas mit ihrem Sohn "nicht stimmt", glaubt ihm seine Aussagen, dass sein Lehrer dahinterstecken würde und setzt sich für ihn ein. Sie macht nichts falsch - doch die Aussagen Minatos sind eine Lüge, hinter der wiederum andere Motive stecken.
So erscheint die Reaktion der Schulleitung auf die Anschuldigungen erst als klassischer Versuch einer "Vertuschung", um den "Täter" zu schützen. Insbesondere viele US-Filme der letzten Jahre bauten auf dieser dramaturgischen Struktur auf. Doch "Die Unschuld" geht eben weiter: Im zweiten Teil sehen wir, dass Lehrer Hori völlig unschuldig ist. Er macht mit seiner ursprünglichen Weigerung, sein ihm unterstelltes Fehlverhalten zuzugeben, auch nichts falsch. Hinter all dem liegt - wie wir im dritten Teil des Films lernen, der die Perspektive Minatos wiedergibt - eine Lüge, die wiederum nicht aus dem "Nichts" oder aus Bösartigkeit entstand, sondern durch ein Umfeld bedingt war und aus der Unfähigkeit des Urhebers, seine Emotionen angemessen einzuordnen und auszudrücken. "Schuld" ist in diesem Sinne niemand, am ehesten eine Gesellschaft, die gegenseitiges Verständnis verlernt hat. So handelt "Die Unschuld" am Ende auch von der destruktiven Kraft kleiner und großer Lügen, ohne die Urheber der Lügen anzuklagen, vielmehr auch Verständnis für sie zu zeigen.
Koreeda realisiert all das inszenatorisch und visuell ebenfalls mit angemessener Sensibilität und Empathie. Unterstützt wird das durch den hervorragenden Soundtrack des erst kürzlich verstorbenen Ryūichi Sakamoto, der hiermit seine letzte Arbeit abliefert und sich würdig von der großen Bühne verabschiedet. Auch schauspielerisch bewegt sich "Die Unschuld" auf hohem Niveau, wobei Eita Nagayama (Lehrer Hori), Sakura Andō (Mutter Saori) und Jungdarsteller Soya Kurokawa (Minato) aus dem Ensemble herausstechen.
Fazit: Ein sensibles, einfühlsames und erstklassig umgesetztes Plädoyer für Verständnis, Toleranz und Humanismus: Hirokazu Koreeda legt mit "Die Unschuld" ein weiteres, sehenswertes Werk vor, das sich in seiner Komplexität und Ambivalenz wohltuend von vielen rezenten Filme aus Hollywood und Europa abhebt.
Christian Klosz
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Besetzung & Crew von "Die Unschuld"
Land: JapanWeitere Titel: Monster
Jahr: 2023
Genre: Thriller, Drama
Originaltitel: Kaibutsu
Länge: 127 Minuten
Kinostart: 21.03.2024
Regie: Hirokazu Koreeda
Darsteller: Sakura Ando als Saori, Eita als Hori, Soya Kurokawa als Minato, Hinata Hiiragi als Yori, Mitsuki Takahata als Hirona
Kamera: Ryûto Kondô
Verleih: Wild Bunch, Plaion Pictures
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