Andrea lässt sich scheiden (2024)
In dieser österreichischen Tragikomödie, der zweiten Regie von Josef Hader, gerät Birgit Minichmayr als Dorfpolizistin in die Zwickmühle.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Mit Mitte vierzig steht Andrea (Birgit Minichmayr) am Scheideweg. Von ihrem Mann Andreas (Thomas Stipsits) lebt sie getrennt und ist wieder bei ihrem Vater (Branko Samarovski) eingezogen, der zu viel trinkt und langsam den Verstand verliert. Beruflich erwartet die Dorfpolizistin, die an der Seite ihres Kollegen Georg (Thomas Schubert) Streife schiebt, ein Karrieresprung. Auf Vermittlung des Kriminalpolizisten Walter (Robert Stadlober) wird sie in Kürze zur Kripo nach St. Pölten wechseln und in der niederösterreichischen Landeshauptstadt eine Dienstwohnung beziehen. Doch dann kommt alles anders.
Auf der Rückfahrt von Georgs Geburtstagsfeier erfasst Andrea mit ihrem Auto Andreas, der den Heimweg zu Fuß angetreten hatte, und begeht Fahrerflucht. Noch in derselben Nacht überfährt der Lehrer Franz Leitner (Josef Hader) Andreas' Leiche mit seinem Wagen, ohne zu wissen, dass dieser bereits tot war. Während Leitner sich für den Unfall verantworten muss, versucht Andrea ihre Tat zu vertuschen. Von ihrem schlechten Gewissen geplagt, nimmt sie Kontakt zu Leitner auf.
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Filmkritik
"Andrea lässt sich scheiden": Schwarzhumorige Provinztragödie
Josef Hader ist eine Marke. Über die Jahre hinweg hat der 1962 in Oberösterreich geborene Kabarettist seine ihm eigene Art des Humors so sehr kultiviert, dass sein Publikum zwar nie hundertprozentig voraussagen kann, welche irrwitzigen Wendungen auf es warten, aber zumindest eine bestimmte Tonalität erwarten kann. Diese Erwartungen werden auch in Haders zweitem abendfüllenden Spielfilm als Regisseur nicht enttäuscht. "Andrea lässt sich scheiden" ist schwarzhumorig, melancholisch und lakonisch, bisweilen absurd, vor allem aber zutiefst menschlich.
Weite Landschaft, Enge in den Köpfen
Spielte Haders Debüt "Wilde Maus" (2017) noch in Wien, so hat er seine zweite Regie nun in der Provinz angesiedelt. Im niederösterreichischen Grenzgebiet sind die Straßen so schnurgerade wie die Menschen. Das Leben ist so eintönig wie die Landschaft. Gut ausgebildete Frauen ergreifen die Flucht. Und zurück bleiben Männer, die ihren Frust im Suff und Sexismus ertränken. Typisch Hader bricht er über seine Figuren aber nicht den Stab und begreift das Problem als ein universelles. "Die Provinz ist nichts Österreichisches, das ist etwas sehr Europäisches", sagt der Regisseur über seinen Film. "Und die Enge, die ist ja vor allem in den Köpfen und hat mit Geografie nichts zu tun." Schon die kleingeistigen Großstädter in "Wilde Maus" blieben davor nicht verschont.
Die Titelfigur versucht, dieser Enge zu entfliehen. Hader inszeniert sie wie die Antiheldin eines Westerns. Wortkarg geht die von Birgit Minichmayr gespielte Andrea ihren Weg. In ihren Kopf lässt sie sich nicht blicken. Ihr Gegenüber hingegen schon. Der von Hader selbst verkörperte Lehrer Franz Leitner redet nicht nur gern, sondern auch gern mal unbedacht. Die Szenen, die daraus entstehen, sind köstlich und die Dialoge pointiert. Es scheint eine Art unsichtbares Band zwischen diesen beiden Figuren zu geben, das sie immer wieder zueinander hinzieht, bevor es ganz am Ende endgültig gekappt wird. Minichmayr und Hader spielen das toll. Die Chemie zwischen den beiden stimmt.
Kleine Beobachtungen mit großer Wirkung
Haders größtes Talent besteht nun allerdings darin, den Menschen nicht nur genau auf den Mund zu schauen, sondern sie auch präzise zu beobachten. Ob in der Gastwirtschaft bei einem Bier am Tresen und mit einem einfallslosen Chauvi-Spruch auf den Lippen, ob in der Orstdisko bei schlechtem Schlager und geriatrischem Stehblues oder auf einem Bauernhof zwischen Pandemie-Müdigkeit und Depression – Haders Figuren und die Umstände, in denen sie sich befinden, scheinen direkt aus dem Leben gegriffen zu sein.
Das Drehbuch ist rund. Hader beginnt und beendet seinen Film an derselben Straße, an der sich auch der verhängnisvolle Unfall ereignet. Das Leben in diesen Dörfern, die keinen richtigen Ortskern haben, spielt sich entlang solcher Verkehrsadern ab. Für Andrea war diese Straße die längste Zeit Teil ihrer Arbeit, wenn sie sich dort bei Geschwindigkeitskontrollen zu Tode langweilte. Wie diese ist aber auch das Leben keine Einbahnstraße. Ganz am Ende von Josef Haders zweitem abendfüllenden Spielfilm als Regisseur führt sie für seinen Franz Leitner zurück in ein besseres Leben und für Andrea in die entgegengesetzte Richtung, ihrer Zukunft entgegen.
Fazit: Wo Hader draufsteht, steckt auch Hader drin. "Andrea lässt sich scheiden", die zweite Regie des österreichischen Kabarettisten, ist eine melancholische, lakonisch-absurde Tragikomödie über das Leben auf dem Land, die seine Fans nicht enttäuschen wird.
Josef Hader ist eine Marke. Über die Jahre hinweg hat der 1962 in Oberösterreich geborene Kabarettist seine ihm eigene Art des Humors so sehr kultiviert, dass sein Publikum zwar nie hundertprozentig voraussagen kann, welche irrwitzigen Wendungen auf es warten, aber zumindest eine bestimmte Tonalität erwarten kann. Diese Erwartungen werden auch in Haders zweitem abendfüllenden Spielfilm als Regisseur nicht enttäuscht. "Andrea lässt sich scheiden" ist schwarzhumorig, melancholisch und lakonisch, bisweilen absurd, vor allem aber zutiefst menschlich.
Weite Landschaft, Enge in den Köpfen
Spielte Haders Debüt "Wilde Maus" (2017) noch in Wien, so hat er seine zweite Regie nun in der Provinz angesiedelt. Im niederösterreichischen Grenzgebiet sind die Straßen so schnurgerade wie die Menschen. Das Leben ist so eintönig wie die Landschaft. Gut ausgebildete Frauen ergreifen die Flucht. Und zurück bleiben Männer, die ihren Frust im Suff und Sexismus ertränken. Typisch Hader bricht er über seine Figuren aber nicht den Stab und begreift das Problem als ein universelles. "Die Provinz ist nichts Österreichisches, das ist etwas sehr Europäisches", sagt der Regisseur über seinen Film. "Und die Enge, die ist ja vor allem in den Köpfen und hat mit Geografie nichts zu tun." Schon die kleingeistigen Großstädter in "Wilde Maus" blieben davor nicht verschont.
Die Titelfigur versucht, dieser Enge zu entfliehen. Hader inszeniert sie wie die Antiheldin eines Westerns. Wortkarg geht die von Birgit Minichmayr gespielte Andrea ihren Weg. In ihren Kopf lässt sie sich nicht blicken. Ihr Gegenüber hingegen schon. Der von Hader selbst verkörperte Lehrer Franz Leitner redet nicht nur gern, sondern auch gern mal unbedacht. Die Szenen, die daraus entstehen, sind köstlich und die Dialoge pointiert. Es scheint eine Art unsichtbares Band zwischen diesen beiden Figuren zu geben, das sie immer wieder zueinander hinzieht, bevor es ganz am Ende endgültig gekappt wird. Minichmayr und Hader spielen das toll. Die Chemie zwischen den beiden stimmt.
Kleine Beobachtungen mit großer Wirkung
Haders größtes Talent besteht nun allerdings darin, den Menschen nicht nur genau auf den Mund zu schauen, sondern sie auch präzise zu beobachten. Ob in der Gastwirtschaft bei einem Bier am Tresen und mit einem einfallslosen Chauvi-Spruch auf den Lippen, ob in der Orstdisko bei schlechtem Schlager und geriatrischem Stehblues oder auf einem Bauernhof zwischen Pandemie-Müdigkeit und Depression – Haders Figuren und die Umstände, in denen sie sich befinden, scheinen direkt aus dem Leben gegriffen zu sein.
Das Drehbuch ist rund. Hader beginnt und beendet seinen Film an derselben Straße, an der sich auch der verhängnisvolle Unfall ereignet. Das Leben in diesen Dörfern, die keinen richtigen Ortskern haben, spielt sich entlang solcher Verkehrsadern ab. Für Andrea war diese Straße die längste Zeit Teil ihrer Arbeit, wenn sie sich dort bei Geschwindigkeitskontrollen zu Tode langweilte. Wie diese ist aber auch das Leben keine Einbahnstraße. Ganz am Ende von Josef Haders zweitem abendfüllenden Spielfilm als Regisseur führt sie für seinen Franz Leitner zurück in ein besseres Leben und für Andrea in die entgegengesetzte Richtung, ihrer Zukunft entgegen.
Fazit: Wo Hader draufsteht, steckt auch Hader drin. "Andrea lässt sich scheiden", die zweite Regie des österreichischen Kabarettisten, ist eine melancholische, lakonisch-absurde Tragikomödie über das Leben auf dem Land, die seine Fans nicht enttäuschen wird.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Andrea lässt sich scheiden"
Land: Österreich, DeutschlandJahr: 2024
Genre: Drama, Komödie
Kinostart: 04.04.2024
Regie: Josef Hader
Darsteller: Thomas Schubert als Georg, Birgit Minichmayr als Andrea, Robert Stadlober als Walter, Josef Hader als Franz, Maria Hofstätter als Mitzi
Kamera: Carsten Thiele
Verleih: Majestic Filmverleih GmbH