Im toten Winkel (2023)
Gruseliger Mix: In ihrem neuen Film mischt die Regisseurin und Drehbuchautorin Ayşe Polat Politthriller, Familiendrama und Mystery.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Die deutsche Regisseurin Simone (Katja Bürkle) und ihr Kameramann Christian (Max Hemmersdorfer) drehen im Nordosten der Türkei einen Dokumentarfilm über politisch verfolgte und verschwundene Kurden. Die Kurdin Leyla (Aybi Era) dient ihnen als Dolmetscherin. Einer ihrer Interviewpartner ist der Anwalt Eyüp (Aziz Çapkurt), der noch vor Ende der Dreharbeiten selbst verschwindet. Stecken die Überwachungsagenten Zafer (Ahmet Varli) und Hasan (Muttalip Müjdeci) dahinter, die die Dreharbeiten aus sicherer Distanz beschatten? Und was weiß Zafers siebenjährige Tochter Melek (Çagla Yurga), deren imaginärer Freund ihr Dinge erzählt, die sie nicht wissen kann?
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Filmkritik
"Im toten Winkel": Die Geister, die sie riefen
Etwas ist faul an diesem Film. Doch es ist schwer zu sagen, was nicht stimmt. Die immer unerklärlicher werdenden Ereignisse lassen vermuten, dass jemand im Verborgenen die Strippen zieht. Doch gibt es diesen jemand wirklich? Er, sie oder es ist nie zu sehen, bewegt sich stets im toten Winkel, der dem Film den Namen gibt. Die Präsenz ist indessen förmlich greifbar, was Ayşe Polats neuestes Werk umso gruseliger macht. Von der ersten bis zur letzten Minuten durchströmt "Im toten Winkel" eine gespenstische Atmosphäre, von der sich viele Horrorfilme eine Scheibe abschneiden könnten.
Wer überwacht die Überwacher?
"Im toten Winkel" ist aber kein Horrorfilm (auch wenn er sich als solcher lesen ließe). Der von Polat selbst geschriebene und in drei Kapiteln aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählte Film ist ein Thriller, der Politik, Privates und Paranoia meisterhaft miteinander verschränkt. Jeder neue Blickwinkel entbirgt ein weiteres Puzzleteil, belässt gleichzeitig aber so viele Teile im Dunkeln, dass wir uns immer angespannter an unsere Kinosessel krallen.
Polat erreicht das mit vermeintlich simplen, aber wirkmächtigen symbolischen Bildern und kongenial eingesetzten Mitteln. Etwa, in dem sie mit fortschreitender Laufzeit nicht nur das Tempo anzieht, sondern auch die Logik immer weiter aufweicht. Die heimlich aufgenommenen Videos, die der von Ahmet Varli beeindruckend verkörperte Überwacher Zafer zugeschickt bekommt, folgen nicht nur in immer kürzeren Abständen. Sie sind auch aus solch unmittelbarer Nähe aufgenommen, dass es immer unmöglicher erscheint, dass Zafer seinen Überwacher nicht längst beim Filmen erwischt hat. Doch vielleicht kann er ihn überhaupt nicht sehen. Im Gegensatz zu seiner Tochter.
Durch die gruseligen Augen der Tochter
Durch die Bank toll gespielt, ist es vor allem Çagla Yurga in der Rolle der siebenjährigen Tochter Melek, die "Im toten Winkel" die entscheidende Portion Gruselfaktor verleiht. Ihr stoisches Spiel und ihr leerer Blick jagen nicht nur ihrem Umfeld, sondern auch dem Kinopublikum Angst ein, sodass wir uns im Kinosaal irgendwann fragen, wer hier eigentlich wen beobachtet und ob nicht Polats Film uns Zuschauern beim Zuschauen zuschaut.
Letzten Endes ist "Im toten Winkel" eine Geistergeschichte; nahe an der Perfektion. Sie erzählt von einer zerrissenen Grenzregion und davon, dass die Geister, die die Henker riefen, sie mehr als nur in ihren Träumen heimsuchen.
Fazit: Ayşe Polats neuer Film kommt endlich regulär in die Kinos. Diese kongeniale Geistergeschichte feierte bereits bei der 73. Berlinale im Februar 2023 in der Sektion "Encounters" Weltpremiere. Meisterhaft geschrieben und gespenstisch gut inszeniert, glückt Polat eine ungewöhnliche Mischung, die die Auswirkungen des Politischen auf das Private ebenso mysteriös wie metaphorisch erzählt.
Etwas ist faul an diesem Film. Doch es ist schwer zu sagen, was nicht stimmt. Die immer unerklärlicher werdenden Ereignisse lassen vermuten, dass jemand im Verborgenen die Strippen zieht. Doch gibt es diesen jemand wirklich? Er, sie oder es ist nie zu sehen, bewegt sich stets im toten Winkel, der dem Film den Namen gibt. Die Präsenz ist indessen förmlich greifbar, was Ayşe Polats neuestes Werk umso gruseliger macht. Von der ersten bis zur letzten Minuten durchströmt "Im toten Winkel" eine gespenstische Atmosphäre, von der sich viele Horrorfilme eine Scheibe abschneiden könnten.
Wer überwacht die Überwacher?
"Im toten Winkel" ist aber kein Horrorfilm (auch wenn er sich als solcher lesen ließe). Der von Polat selbst geschriebene und in drei Kapiteln aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählte Film ist ein Thriller, der Politik, Privates und Paranoia meisterhaft miteinander verschränkt. Jeder neue Blickwinkel entbirgt ein weiteres Puzzleteil, belässt gleichzeitig aber so viele Teile im Dunkeln, dass wir uns immer angespannter an unsere Kinosessel krallen.
Polat erreicht das mit vermeintlich simplen, aber wirkmächtigen symbolischen Bildern und kongenial eingesetzten Mitteln. Etwa, in dem sie mit fortschreitender Laufzeit nicht nur das Tempo anzieht, sondern auch die Logik immer weiter aufweicht. Die heimlich aufgenommenen Videos, die der von Ahmet Varli beeindruckend verkörperte Überwacher Zafer zugeschickt bekommt, folgen nicht nur in immer kürzeren Abständen. Sie sind auch aus solch unmittelbarer Nähe aufgenommen, dass es immer unmöglicher erscheint, dass Zafer seinen Überwacher nicht längst beim Filmen erwischt hat. Doch vielleicht kann er ihn überhaupt nicht sehen. Im Gegensatz zu seiner Tochter.
Durch die gruseligen Augen der Tochter
Durch die Bank toll gespielt, ist es vor allem Çagla Yurga in der Rolle der siebenjährigen Tochter Melek, die "Im toten Winkel" die entscheidende Portion Gruselfaktor verleiht. Ihr stoisches Spiel und ihr leerer Blick jagen nicht nur ihrem Umfeld, sondern auch dem Kinopublikum Angst ein, sodass wir uns im Kinosaal irgendwann fragen, wer hier eigentlich wen beobachtet und ob nicht Polats Film uns Zuschauern beim Zuschauen zuschaut.
Letzten Endes ist "Im toten Winkel" eine Geistergeschichte; nahe an der Perfektion. Sie erzählt von einer zerrissenen Grenzregion und davon, dass die Geister, die die Henker riefen, sie mehr als nur in ihren Träumen heimsuchen.
Fazit: Ayşe Polats neuer Film kommt endlich regulär in die Kinos. Diese kongeniale Geistergeschichte feierte bereits bei der 73. Berlinale im Februar 2023 in der Sektion "Encounters" Weltpremiere. Meisterhaft geschrieben und gespenstisch gut inszeniert, glückt Polat eine ungewöhnliche Mischung, die die Auswirkungen des Politischen auf das Private ebenso mysteriös wie metaphorisch erzählt.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Im toten Winkel"
Land: DeutschlandJahr: 2023
Genre: Drama, Mystery
Länge: 117 Minuten
Kinostart: 04.01.2024
Regie: Ayse Polat
Darsteller: Katja Bürkle als Simone, Ahmet Varli als Zafer, Çagla Yurga als Melek, Aybi Era als Leyla, Max Hemmersdorfer als Christian
Kamera: Patrick Orth
Verleih: missingFilms
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