Die Unsichtbaren (2023)
Mit diesem deutschen Dokumentarfilm setzt Regisseur Matthias Freier seiner Stiefmutter, einer Kommissarin bei der Hamburger Mordkommission, ein Denkmal.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Als die Polizistin Marianne Atzeroth-Freier von der Hamburger Sitte zur Mordkommission wechselt, wird sie alles andere als mit offenen Armen empfangen. Sie ist eine der ersten Frauen dort, ihr Vorgesetzter und die meisten männlichen Kollegen nehmen sie nicht ernst. Ein erster großer Fall, bei dem Atzeroth-Freier zum Einsatz kommt, ist eine Entführung mit versuchter Erpressung. Im Anschluss an die Ermittlungen entdeckt die Kommissarin Parallelen zu zwei früheren Fällen. Doch bis auf einen jungen Kollegen, der erst seit Kurzem im Dienst ist, schenkt keiner Atzeroth-Freiers Nachforschungen Beachtung. Ihr Chef verdonnert sie gar dazu, in dieser Sache nicht im Dienst, sondern in ihrer Freizeit zu ermitteln.
Am Ende der Ermittlungen steht einer der spektakulärsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Der Filmemacher Matthias Freier, der Stiefsohn von Marianne Atzeroth-Freier, hat einen Dokumentarfilm über den Fall gedreht und dafür zahlreiche ehemalige Weggefährten seiner Stiefmutter vor die Kamera gebeten.
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Filmkritik
"Die Unsichtbaren": Allein unter Männern
Wenn es um den Nervenkitzel in einem Krimi geht, dann ist der Mensch ein unglaublich einfach gestricktes Tier. Anders ist seine Faszination für Serienmörder, über die er deren Opfer gern vergisst, nicht zu erklären. In Film und Fernsehen ist dieser Tätertyp omnipräsent und liefert sich nicht selten als geniale Bestie mit den Ermittlern ein Katz-und-Maus-Spiel. Von der Realität könnte das kaum weiter entfernt sein. Von der Polizei gefasst zu werden, liegt Tätern in der Regel fern. Und wenn die Mörder dennoch lange Zeit ungestraft davonkommen, dann hat das oft recht banale Gründe, etwa, dass niemand richtig hingesehen hat.
In Matthias Freiers Dokumentarfilm geht es um nichts anderes. "Die Unsichtbaren" handelt von Marianne Atzeroth-Freier, der 2017 verstorbenen Stiefmutter des Regisseurs. Sie war eine der ersten Frauen in der Hamburger Mordkommission – und im Gegensatz zu ihren vornehmlich männlichen Kollegen hat sie genau hingesehen. Atzeroth-Freier hat aus den Beweisen und Indizien dreier miteinander zusammenhängender Kriminalfälle, die für jedermann ersichtlich in den Akten standen, die richtigen Schlüsse gezogen. Vielleicht, so legen es die Zeitumstände nahe, weil sie als in ihrem Arbeitsumfeld angefeindete und ausgegrenzte Frau einen verständnisvolleren Blick auf die weiblichen Opfer hatte als ihre männlichen Kollegen. Garantiert aber, so berichten es ihre ehemaligen Weggefährten in Interviews, weil Atzeroth-Freier von einem Gerechtigkeitssinn angetrieben wurde – völlig unabhängig vom eigenen und dem Geschlecht der Opfer.
Schnöde Polizeiarbeit kann so spannend sein
In seinem Dokumentarfilm mischt Matthias Freier Archivmaterial mit Zeitzeugeninterviews und nachgestellten Szenen, in denen Darsteller in die Rollen von Marianne Atzeroth-Freier & Co. schlüpfen. Im Gegensatz zu vielen anderen Dokumentarfilmen, die das Reenactment als Stilmittel wählen und damit scheitern, glückt Freier diese Übung, weil sie in "Die Unsichtbaren" nie zur reinen Verlegenheitslösung verkommt.
Der Filmtitel lässt sich als Beschreibung von Kommissarinnen wie Marianne Atzeroth-Freier begreifen, trifft aber ebenso gut auf Opfer zu, die wie die im Film vorgestellten von Exekutive und Justiz vergessen werden. Obwohl der Fall um den Täter Lutz Reinstrom große mediale Öffentlichkeit erfuhr und Reinstrom den einprägsamen Namen "Säurefassmörder" verpasst bekam, stand die ermittelnde Kommissarin Marianne Atzeroth-Freier auch danach nicht im Rampenlicht. Produktionen aus jüngerer Zeit wie beispielsweise die Amazon-Serie "German Crime Story: Gefesselt", die auf dem Fall basiert, rufen Reinstroms Verbrechen und die ermittelnden Polizisten wieder in Erinnerung. Von Freiers Dokumentarfilm könnten sie aber kaum weiter entfernt sein.
Trotz der grauenvollen Taten ist "Die Unsichtbaren" nie reißerisch. Wie spannend der Dokumentarfilm ist, obwohl Ermittlungen alles andere als spannend und ganz anders als in Film und Fernsehen sind, ist erstaunlich. Mit "Die Unsichtbaren" setzt Freier nicht nur seiner Stiefmutter ein filmisches Denkmal. Er rettet auch die Opfer vor dem Vergessen. Und er zeigt auf, wie wichtig es für deren Angehörige ist, einen Schlussstrich ziehen zu können.
Fazit: Matthias Freier hat einen Dokumentarfilm über seine Stiefmutter Marianne Atzeroth-Freier und ihren bekanntesten Fall gedreht und ihr damit ein filmisches Denkmal gesetzt. "Die Unsichtbaren" bereitet schnöde Polizeiarbeit ungemein spannend auf und wirft einen kritischen Blick auf patriarchale Strukturen im Polizeiapparat. Zu guter Letzt bewahrt er Opfer vor dem Vergessen.
Wenn es um den Nervenkitzel in einem Krimi geht, dann ist der Mensch ein unglaublich einfach gestricktes Tier. Anders ist seine Faszination für Serienmörder, über die er deren Opfer gern vergisst, nicht zu erklären. In Film und Fernsehen ist dieser Tätertyp omnipräsent und liefert sich nicht selten als geniale Bestie mit den Ermittlern ein Katz-und-Maus-Spiel. Von der Realität könnte das kaum weiter entfernt sein. Von der Polizei gefasst zu werden, liegt Tätern in der Regel fern. Und wenn die Mörder dennoch lange Zeit ungestraft davonkommen, dann hat das oft recht banale Gründe, etwa, dass niemand richtig hingesehen hat.
In Matthias Freiers Dokumentarfilm geht es um nichts anderes. "Die Unsichtbaren" handelt von Marianne Atzeroth-Freier, der 2017 verstorbenen Stiefmutter des Regisseurs. Sie war eine der ersten Frauen in der Hamburger Mordkommission – und im Gegensatz zu ihren vornehmlich männlichen Kollegen hat sie genau hingesehen. Atzeroth-Freier hat aus den Beweisen und Indizien dreier miteinander zusammenhängender Kriminalfälle, die für jedermann ersichtlich in den Akten standen, die richtigen Schlüsse gezogen. Vielleicht, so legen es die Zeitumstände nahe, weil sie als in ihrem Arbeitsumfeld angefeindete und ausgegrenzte Frau einen verständnisvolleren Blick auf die weiblichen Opfer hatte als ihre männlichen Kollegen. Garantiert aber, so berichten es ihre ehemaligen Weggefährten in Interviews, weil Atzeroth-Freier von einem Gerechtigkeitssinn angetrieben wurde – völlig unabhängig vom eigenen und dem Geschlecht der Opfer.
Schnöde Polizeiarbeit kann so spannend sein
In seinem Dokumentarfilm mischt Matthias Freier Archivmaterial mit Zeitzeugeninterviews und nachgestellten Szenen, in denen Darsteller in die Rollen von Marianne Atzeroth-Freier & Co. schlüpfen. Im Gegensatz zu vielen anderen Dokumentarfilmen, die das Reenactment als Stilmittel wählen und damit scheitern, glückt Freier diese Übung, weil sie in "Die Unsichtbaren" nie zur reinen Verlegenheitslösung verkommt.
Der Filmtitel lässt sich als Beschreibung von Kommissarinnen wie Marianne Atzeroth-Freier begreifen, trifft aber ebenso gut auf Opfer zu, die wie die im Film vorgestellten von Exekutive und Justiz vergessen werden. Obwohl der Fall um den Täter Lutz Reinstrom große mediale Öffentlichkeit erfuhr und Reinstrom den einprägsamen Namen "Säurefassmörder" verpasst bekam, stand die ermittelnde Kommissarin Marianne Atzeroth-Freier auch danach nicht im Rampenlicht. Produktionen aus jüngerer Zeit wie beispielsweise die Amazon-Serie "German Crime Story: Gefesselt", die auf dem Fall basiert, rufen Reinstroms Verbrechen und die ermittelnden Polizisten wieder in Erinnerung. Von Freiers Dokumentarfilm könnten sie aber kaum weiter entfernt sein.
Trotz der grauenvollen Taten ist "Die Unsichtbaren" nie reißerisch. Wie spannend der Dokumentarfilm ist, obwohl Ermittlungen alles andere als spannend und ganz anders als in Film und Fernsehen sind, ist erstaunlich. Mit "Die Unsichtbaren" setzt Freier nicht nur seiner Stiefmutter ein filmisches Denkmal. Er rettet auch die Opfer vor dem Vergessen. Und er zeigt auf, wie wichtig es für deren Angehörige ist, einen Schlussstrich ziehen zu können.
Fazit: Matthias Freier hat einen Dokumentarfilm über seine Stiefmutter Marianne Atzeroth-Freier und ihren bekanntesten Fall gedreht und ihr damit ein filmisches Denkmal gesetzt. "Die Unsichtbaren" bereitet schnöde Polizeiarbeit ungemein spannend auf und wirft einen kritischen Blick auf patriarchale Strukturen im Polizeiapparat. Zu guter Letzt bewahrt er Opfer vor dem Vergessen.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Die Unsichtbaren"
Land: DeutschlandJahr: 2023
Genre: Dokumentation
Länge: 98 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 15.02.2024
Regie: Matthias Freier
Darsteller: Andreas Lohmeyer, Elke Lorenz, Claudia Haarbrücker, Cornelia Uetrecht, Constanze Andree
Verleih: Weltkino Filmverleih
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