The Zone of Interest (2023)
Das historische Drama vertieft sich in das Familienleben von Rudolf Höß, der mit Frau und Kindern direkt an der Mauer des KZ Auschwitz wohnt.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Der Lagerkommandant Rudolf Höß (Christian Friedel) wohnt mit seiner Frau Hedwig (Sandra Hüller) und fünf Kindern in einem Haus direkt neben dem Konzentrationslager Auschwitz. Den großen Garten mit den von Hedwig angelegten Blumenbeeten und dem kleinen Pool trennt nur eine mit Stacheldraht bewehrte Mauer vom Holocaust. Dieser dringt lediglich in Form von Schreien und Rauch aus dem Schornstein nach draußen. Manchmal huschen auch Männer in Häftlingskleidung um das Haus, um Waren zu liefern oder die Stiefel von Höß zu putzen.
Das Paar hat etliche weibliche Bedienstete, die sich um den Haushalt und die Kinder kümmern. Hedwig veranstaltet Kindernachmittage im Garten, die Familie macht Ausflüge ins Grüne. Höß hält sich gerne am Fluss auf, angelt oder fährt Kanu, außerdem reitet er oft. Als er Hedwig eröffnet, dass er mitsamt Familie nach Oranienburg bei Berlin versetzt werden soll, reagiert sie empört. Sie will nicht aufgeben, was sie geschaffen hat und findet, die Kinder wüchsen hier gesund auf. Höß soll beantragen, dass sie mit den Kindern in Auschwitz bleiben kann. Hedwigs Mutter (Imogen Kogge), die zu Besuch weilt, reagiert jedoch entsetzt auf das Grauen, das sich in Reichweite abspielt. Sie verschwindet, ohne sich zu verabschieden.
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Filmkritik
"The Zone of Interest“: Die Nazifamilie von Auschwitz
Der britische Regisseur und Drehbuchautor Jonathan Glazer ("Under the Skin – Tödliche Verführung“) befasst sich in seinem Drama "The Zone of Interest“ mit dem Holocaust, ohne ihn direkt zu zeigen. Inspiriert vom gleichnamigen Roman von Martin Amis vertieft er sich in das Alltagsleben der Familie Höß, die in einer Villa an der Mauer des KZ Auschwitz wohnt. Man hört die ankommenden Züge, die Schreie, nachts leuchtet der Himmel rot vom Feuer aus dem Verbrennungsofen. Der Lagerkommandant Rudolf Höß, seine Frau Hedwig und die Kinder blenden jedoch in ihrem Privatbereich die Massenvernichtung aus. Diese filmische Perspektive rückt das Ungeheuerliche in ein abstrahierendes Licht. Auf dem Filmfestival von Cannes bekam sein Film 2023 den Großen Preis der Jury. Anfang 2024 folgten fünf Oscarnominierungen.
Über das Grauen sprechen sie nicht
Rudolf Höß empfängt in seinem Arbeitszimmer eine Delegation, die ihm ein Modell eines neuen Verbrennungsofens erklärt, seine Frau Hedwig trinkt nebenan Kaffee mit zwei Besucherinnen. Bei Familie Höß wird über das Sterben hinter der KZ-Mauer nicht gesprochen. Das Ehepaar gibt sich routiniert und geschäftig, die Freizeit gestalten, die Dienstboten herumschicken. Das Familienleben wirkt stilisiert dargestellt, wie für einen Schaukasten damaliger deutscher Biederkeit. Glazer recherchierte den Alltag bei Familie Höß genau, ließ ihre Villa nachbauen.
Was geht in diesen Menschen vor?
Hedwig wird von Sandra Hüller als willensstarke Person gespielt, die in Auschwitz bleiben mag. Mit welcher Einstellung hält sie das Grauen von sich fern? Die Nazi-Ideologie der Eheleute, ihre moralische Position zum Holocaust, den der Lagerkommandant an vorderster Front durchführt, muss sich das Publikum selbst zusammenreimen. Beide wirken hier seltsam gleichgültig oder allenfalls um ihren sozialen Aufstieg besorgt. Einmal übergibt sich Rudolf Höß, als sähe auch er zurück auf sein Treiben aus einer Zukunft, in der Reinigungspersonal die Fenster und Flure der Gedenkstätte mit den ausgestellten Koffern und Schuhen der Ermordeten putzt. Der Film bezieht seine aufwühlende Kraft auch daraus, dass er der so achselzuckend erprobten Harmonie dieser Familie an diesem Ort die geistig-sprachliche Ebene oft verweigert. Der Blick bleibt in ihrem Garten an der Mauer hängen, doch bei den Figuren selbst stößt er an eine noch undurchlässigere Wand.
Fazit: Wie konnte es möglich sein, direkt vor der Mauer des Vernichtungslagers Auschwitz ein unbeschwertes Familienleben zu führen? Der Lagerkommandant Rudolf Höß und seine Frau Hedwig versuchen es mitsamt den Kindern und Dienstboten in diesem an historischen Fakten orientierten Drama. Der Regisseur Jonathan Glazer zeigt den Holocaust nicht, die Schreie und der Rauch dringen dennoch in den Alltag der Villenbewohner. Das von Sandra Hüller und Christian Friedel gespielte Ehepaar Höß schweigt sich mit der Absicht des Ausblendens routiniert an. Weil aber die Nazi-Ideologie so selten die Dialogebene erreicht, wirkt die Aussagekraft des aufwühlenden, stilistisch markanten Dramas eingekapselt.
Der britische Regisseur und Drehbuchautor Jonathan Glazer ("Under the Skin – Tödliche Verführung“) befasst sich in seinem Drama "The Zone of Interest“ mit dem Holocaust, ohne ihn direkt zu zeigen. Inspiriert vom gleichnamigen Roman von Martin Amis vertieft er sich in das Alltagsleben der Familie Höß, die in einer Villa an der Mauer des KZ Auschwitz wohnt. Man hört die ankommenden Züge, die Schreie, nachts leuchtet der Himmel rot vom Feuer aus dem Verbrennungsofen. Der Lagerkommandant Rudolf Höß, seine Frau Hedwig und die Kinder blenden jedoch in ihrem Privatbereich die Massenvernichtung aus. Diese filmische Perspektive rückt das Ungeheuerliche in ein abstrahierendes Licht. Auf dem Filmfestival von Cannes bekam sein Film 2023 den Großen Preis der Jury. Anfang 2024 folgten fünf Oscarnominierungen.
Über das Grauen sprechen sie nicht
Rudolf Höß empfängt in seinem Arbeitszimmer eine Delegation, die ihm ein Modell eines neuen Verbrennungsofens erklärt, seine Frau Hedwig trinkt nebenan Kaffee mit zwei Besucherinnen. Bei Familie Höß wird über das Sterben hinter der KZ-Mauer nicht gesprochen. Das Ehepaar gibt sich routiniert und geschäftig, die Freizeit gestalten, die Dienstboten herumschicken. Das Familienleben wirkt stilisiert dargestellt, wie für einen Schaukasten damaliger deutscher Biederkeit. Glazer recherchierte den Alltag bei Familie Höß genau, ließ ihre Villa nachbauen.
Was geht in diesen Menschen vor?
Hedwig wird von Sandra Hüller als willensstarke Person gespielt, die in Auschwitz bleiben mag. Mit welcher Einstellung hält sie das Grauen von sich fern? Die Nazi-Ideologie der Eheleute, ihre moralische Position zum Holocaust, den der Lagerkommandant an vorderster Front durchführt, muss sich das Publikum selbst zusammenreimen. Beide wirken hier seltsam gleichgültig oder allenfalls um ihren sozialen Aufstieg besorgt. Einmal übergibt sich Rudolf Höß, als sähe auch er zurück auf sein Treiben aus einer Zukunft, in der Reinigungspersonal die Fenster und Flure der Gedenkstätte mit den ausgestellten Koffern und Schuhen der Ermordeten putzt. Der Film bezieht seine aufwühlende Kraft auch daraus, dass er der so achselzuckend erprobten Harmonie dieser Familie an diesem Ort die geistig-sprachliche Ebene oft verweigert. Der Blick bleibt in ihrem Garten an der Mauer hängen, doch bei den Figuren selbst stößt er an eine noch undurchlässigere Wand.
Fazit: Wie konnte es möglich sein, direkt vor der Mauer des Vernichtungslagers Auschwitz ein unbeschwertes Familienleben zu führen? Der Lagerkommandant Rudolf Höß und seine Frau Hedwig versuchen es mitsamt den Kindern und Dienstboten in diesem an historischen Fakten orientierten Drama. Der Regisseur Jonathan Glazer zeigt den Holocaust nicht, die Schreie und der Rauch dringen dennoch in den Alltag der Villenbewohner. Das von Sandra Hüller und Christian Friedel gespielte Ehepaar Höß schweigt sich mit der Absicht des Ausblendens routiniert an. Weil aber die Nazi-Ideologie so selten die Dialogebene erreicht, wirkt die Aussagekraft des aufwühlenden, stilistisch markanten Dramas eingekapselt.
Bianka Piringer
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Besetzung & Crew von "The Zone of Interest"
Land: Großbritannien, PolenJahr: 2023
Genre: Drama, Kriegsfilm, Historie
Länge: 105 Minuten
Kinostart: 29.02.2024
Regie: Jonathan Glazer
Darsteller: Sandra Hüller als Hedwig Höss, Christian Friedel als Rudolf Höss, Freya Kreutzkam als Eleanor Pohl, Ralph Herforth, Maximilian Beck als Schwarzer
Kamera: Lukasz Zal
Verleih: Leonine Distribution