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Olfas Töchter (2023)
Les filles d'Olfa
Dokumentarfilm: Eine tunesische Mutter setzt sich mit ihrer Vergangenheit und mit ihrem Familienleben auseinander.Kritiker-Film-Bewertung:
4 / 5User-Film-Bewertung:
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 5 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Im April 2016 sprach die vierfache Mutter Olfa Hamrouni öffentlich über die Radikalisierung ihrer beiden älteren Töchter Ghofrane und Rahma, die sich der Terrororganisation IS angeschlossen hatten und seither verschwunden sind. Olfas Äußerungen sorgten damals für eine breite Berichterstattung in den Medien weltweit. Gemeinsam mit ihren zwei verbliebenen jüngeren Töchtern Eya und Tayssir versucht Olfa nun, die Erlebnisse aufzuarbeiten.
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Filmkritik
4 / 5
"Olfas Töchter": Eine Familiengeschichte
In ihrem neuen Werk "Olfas Töchter" setzt die aus der tunesischen Stadt Sidi Bouzid stammende Regisseurin Kaouther Ben Hania (Jahrgang 1977) abermals auf eine Kombination der filmischen Gattungen. Nach dem Vorbild der ambitionierten Hybride "F wie Fälschung" (1973) von Orson Welles und "Close-Up" (1990) von Abbas Kiarostami bewegt sie sich zwischen dem Dokumentarischen und dem Fiktionalen, wie sie dies etwa auch schon in ihrer Mockumentary "Le Challat de Tunis" (2013) über eine Verbrechensserie in ihrer Heimat getan hat.
Der Versuch einer Beleuchtung
Zum einen ist "Olfas Töchter" ein klassischer Dokumentarfilm. Das Leben der vierfachen Mutter Olfa Hamrouni wird erfasst – ihre schwierige Kindheit und Jugend, ihr entbehrungsreiches Dasein als Ehefrau, der Verlust der zwei älteren Töchter Ghofrane und Rahma, als diese die Familie plötzlich verließen, um zur Terrororganisation IS zu gehen, und schließlich ihre aktuelle Situation mit ihren beiden jüngeren Töchtern Eya und Tayssir, die sich in ihrer individuellen Freiheit stark eingeschränkt fühlen. In Talking-Heads-Aufnahmen kommen Olfa und die zwei jungen Frauen zu Wort.
Zum anderen präsentiert uns das Werk eine Interaktion dieser realen Personen mit Schauspieler:innen, die in Rollen schlüpfen. Dies geschieht in einem alten Hotel in Tunis, das in Manier der betont minimalistischen Kulisse von Lars von Triers "Dogville" (2003) gestaltet ist. Dort begegnen Olfa, Eya und Tayssir dem nationalen Star Hend Sabri, der in manchen Momenten Olfas Part übernimmt, sowie den Darstellerinnen Ichraq Matar und Nour Karoui, die Ghofrane und Rahma verkörpern. Der Schauspieler Majd Mastoura nimmt wiederum den Platz diverser Männer ein, die (überwiegend negativen) Einfluss auf Olfas Leben hatten.
Ein Experiment
Das Ergebnis dieser experimentellen Anordnung hat eine bewusst therapeutische Anmutung. Es geht um die Reflexion des eigenen Verhaltens und Wertesystems – aber ebenso um eine Betrachtung der gesellschaftspolitischen Hintergründe. Das macht "Olfas Töchter" sowohl zur einnehmenden Schilderung eines Schicksals als auch zu einer Studie über patriarchale Macht- und Gewaltstrukturen.
Fazit: Eine spannende Vermischung von Dokumentarischem und Gespieltem mit wichtigen Einblicken in die Lage eines Landes.
In ihrem neuen Werk "Olfas Töchter" setzt die aus der tunesischen Stadt Sidi Bouzid stammende Regisseurin Kaouther Ben Hania (Jahrgang 1977) abermals auf eine Kombination der filmischen Gattungen. Nach dem Vorbild der ambitionierten Hybride "F wie Fälschung" (1973) von Orson Welles und "Close-Up" (1990) von Abbas Kiarostami bewegt sie sich zwischen dem Dokumentarischen und dem Fiktionalen, wie sie dies etwa auch schon in ihrer Mockumentary "Le Challat de Tunis" (2013) über eine Verbrechensserie in ihrer Heimat getan hat.
Der Versuch einer Beleuchtung
Zum einen ist "Olfas Töchter" ein klassischer Dokumentarfilm. Das Leben der vierfachen Mutter Olfa Hamrouni wird erfasst – ihre schwierige Kindheit und Jugend, ihr entbehrungsreiches Dasein als Ehefrau, der Verlust der zwei älteren Töchter Ghofrane und Rahma, als diese die Familie plötzlich verließen, um zur Terrororganisation IS zu gehen, und schließlich ihre aktuelle Situation mit ihren beiden jüngeren Töchtern Eya und Tayssir, die sich in ihrer individuellen Freiheit stark eingeschränkt fühlen. In Talking-Heads-Aufnahmen kommen Olfa und die zwei jungen Frauen zu Wort.
Zum anderen präsentiert uns das Werk eine Interaktion dieser realen Personen mit Schauspieler:innen, die in Rollen schlüpfen. Dies geschieht in einem alten Hotel in Tunis, das in Manier der betont minimalistischen Kulisse von Lars von Triers "Dogville" (2003) gestaltet ist. Dort begegnen Olfa, Eya und Tayssir dem nationalen Star Hend Sabri, der in manchen Momenten Olfas Part übernimmt, sowie den Darstellerinnen Ichraq Matar und Nour Karoui, die Ghofrane und Rahma verkörpern. Der Schauspieler Majd Mastoura nimmt wiederum den Platz diverser Männer ein, die (überwiegend negativen) Einfluss auf Olfas Leben hatten.
Ein Experiment
Das Ergebnis dieser experimentellen Anordnung hat eine bewusst therapeutische Anmutung. Es geht um die Reflexion des eigenen Verhaltens und Wertesystems – aber ebenso um eine Betrachtung der gesellschaftspolitischen Hintergründe. Das macht "Olfas Töchter" sowohl zur einnehmenden Schilderung eines Schicksals als auch zu einer Studie über patriarchale Macht- und Gewaltstrukturen.
Fazit: Eine spannende Vermischung von Dokumentarischem und Gespieltem mit wichtigen Einblicken in die Lage eines Landes.
Andreas Köhnemann
FBW-Bewertung zu "Olfas Töchter"Jurybegründung anzeigen
Der schlichte Dokumentarfilm von vor 20 Jahren existiert bestenfalls noch in einigen Sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Tatsächlich subsumiert das Genre mittlerweile unzählige Spielformen. Spieleinlagen, Fiktionalisierungen und vieles [...mehr]TrailerAlle "Olfas Töchter"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Olfas Töchter"
Land: Saudi-Arabien, Frankreich, Deutschland, Tunesien, ZypernWeitere Titel: Four Daughters
Jahr: 2023
Genre: Dokumentation
Originaltitel: Les filles d'Olfa
Länge: 107 Minuten
Kinostart: 18.01.2024
Regie: Kaouther Ben Hania
Darsteller: Eya Chikhaoui, Tayssir Chikhaoui, Zine El-Abidine Ben Ali, Olfa Hamrouni, Nour Karoui
Kamera: Farouk Laâridh
Verleih: Rapid Eye Movies
