Plan 75 (2023)
Erschreckend realitätsnahe Dystopie über die banale Beiläufigkeit des geplanten BösenKritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Japan in der Gegenwart: Die Regierung setzt auf eine radikale Maßnahme, um der Überalterung der Bevölkerung und den daraus entstehenden Problemen für die Gesellschaft entgegen zu wirken und die Kosten für den Staat zu senken. Sie ist der Ansicht, dass Senioren ab einem bestimmten Alter zu einer unnötigen Belastung werden und führt daher ein Programm namens "Plan 75" ein, das sowohl logistische, als auch finanzielle Unterstützung bei der assistierten Selbsttötung anbietet. Das Ziel: Möglichst viele Menschen ab dem Alter von 75 um die Ecke zu bringen. Zum Wohl der Allgemeinheit versteht sich.
Eine der Kandidatinnen für Plan 75, Michi (Chieko Baisho), der Anwerber der Regierung Hiromu (Hayato Isomura) und die junge philippinische Pflegehelferin Maria (Stefanie Arianne) müssen sich existenziellen Fragen stellen und kommen auf unterschiedlichste Weise zum Zweifeln darüber, ob diese Vorgehensweise ethisch und moralisch vertretbar ist. Und welche Konsequenzen Plan 75 für sie selbst, aber auch für die gesamte Gesellschaft am Ende hat.
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Filmkritik
"Plan 75" ist hochaktuell: Er setzt sich mit der Frage auseinander, welches Leben in einer auf Wachstum, Rationalität und Funktionalität ausgerichteten, kapitalistischen Gesellschaft "wertvoll" ist - und welches geopfert werden kann oder sogar soll. Im Rahmen der Corona-Pandemie spielten und spielen solche Fragen eine zentrale Rolle, Abwägungen bezüglich des Schutzes von "Älteren" und "Vulnerablen" bestimmten die Diskussionen vor 3 Jahren, während der kollektive gesellschaftliche Umgang mit dem Thema inzwischen eher der Dystopie gleicht, die "Plan 75" nicht zufällig entwirft.
Der Film wählt die Form einer subtilen Kritik, allgemein an auf Nützlichkeit ausgerichteten Gesellschaftssystemen, denen das Menschliche abhanden gekommen ist. Natürlich lässt sich "Plan 75" aber auch als direkte Kritik an jenen Richtung offener Eugenik tendierenden Ideologien verstehen, die in den letzten Monaten und Jahren um sich griffen und das politische Handeln vieler Regierungen und Politiker weltweit präg(t)en. Wenn etwa Aussagen des US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten und Republikaners Ron DeSantis publik werden, in denen er sich gegen weitere Corona-Schutzmaßnahmen ausspricht, um Pensionskassen und Gesundheitssystem durch Sterbenlassen von "Vulnerablen" und Alten zu sanieren, ist das nichts anderes als eine besonders perfide Form geplanter Massen-Eugenik bzw. -Euthanasie, noch dazu ohne das Wissen der meisten Betroffenen.
Das Problem von "Plan 75" ist nun aber genau diese Subtilität, die zwar die Absicht erkennbar macht, der filmischen Umsetzung aber die immersive und emotionale Wirkung raubt, die bei diesem Sujet nötig gewesen wäre. Regisseurin Chie Hayakawa inszeniert ihr Werk völlig spannungslos. Die Handlung plätschert oftmals einfach dahin und folgt auch keiner wirklichen Struktur. Wir beobachten die 3 Hauptfiguren bei ihrem (Arbeits-)Alltag, der aus Töten und Sterben besteht. Die Idee der Regisseurin war eindeutig jene, die Banalität und "Beiläufigkeit" von derartiger unermesslicher Grausamkeit zu vermitteln, die "Normalisierung" von fragwürdigen bis absolut abscheulichen Ideologien, in dem Fall die Idee, ältere Menschen zur Selbsttötung zu animieren, weil das am Ende Kosten für den Staat spart. Den beiläufigen Prozess, der als "notwendig" und "nützlich" erscheinendes Böses in den Alltag einfließen lässt, bis es selbst Betroffenen als "normal" erscheinen.
Trotz der nachvollziehbaren Hintergedanken funktioniert dieser stilistische Kniff für den Film nicht wirklich, worin seine große Schwäche liegt. Diese inszenatorische Distanziertheit knapp 2 Stunden durchzuhalten war keine gute Entscheidung, denn sie macht "Plan 75" träge, in manchen Momenten gar langweilig. Und es fehlen die Kontrapunkte, die das tragische Sujet auch emotional vermitteln und spürbar machen hätten sollen und müssen.
Fazit: So bleibt "Plan 75" am Ende ein stilistisches Experiment, das zwar immens wichtige Fragen der Gegenwart kritisch betrachtet, überhaupt adressiert, wofür ihm Lob gebührt. Dennoch scheitert der Film daran, das Thema auf nachhaltige und substantielle Art und Weise filmisch zu vermitteln oder für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen. Schade.
Der Film wählt die Form einer subtilen Kritik, allgemein an auf Nützlichkeit ausgerichteten Gesellschaftssystemen, denen das Menschliche abhanden gekommen ist. Natürlich lässt sich "Plan 75" aber auch als direkte Kritik an jenen Richtung offener Eugenik tendierenden Ideologien verstehen, die in den letzten Monaten und Jahren um sich griffen und das politische Handeln vieler Regierungen und Politiker weltweit präg(t)en. Wenn etwa Aussagen des US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten und Republikaners Ron DeSantis publik werden, in denen er sich gegen weitere Corona-Schutzmaßnahmen ausspricht, um Pensionskassen und Gesundheitssystem durch Sterbenlassen von "Vulnerablen" und Alten zu sanieren, ist das nichts anderes als eine besonders perfide Form geplanter Massen-Eugenik bzw. -Euthanasie, noch dazu ohne das Wissen der meisten Betroffenen.
Das Problem von "Plan 75" ist nun aber genau diese Subtilität, die zwar die Absicht erkennbar macht, der filmischen Umsetzung aber die immersive und emotionale Wirkung raubt, die bei diesem Sujet nötig gewesen wäre. Regisseurin Chie Hayakawa inszeniert ihr Werk völlig spannungslos. Die Handlung plätschert oftmals einfach dahin und folgt auch keiner wirklichen Struktur. Wir beobachten die 3 Hauptfiguren bei ihrem (Arbeits-)Alltag, der aus Töten und Sterben besteht. Die Idee der Regisseurin war eindeutig jene, die Banalität und "Beiläufigkeit" von derartiger unermesslicher Grausamkeit zu vermitteln, die "Normalisierung" von fragwürdigen bis absolut abscheulichen Ideologien, in dem Fall die Idee, ältere Menschen zur Selbsttötung zu animieren, weil das am Ende Kosten für den Staat spart. Den beiläufigen Prozess, der als "notwendig" und "nützlich" erscheinendes Böses in den Alltag einfließen lässt, bis es selbst Betroffenen als "normal" erscheinen.
Trotz der nachvollziehbaren Hintergedanken funktioniert dieser stilistische Kniff für den Film nicht wirklich, worin seine große Schwäche liegt. Diese inszenatorische Distanziertheit knapp 2 Stunden durchzuhalten war keine gute Entscheidung, denn sie macht "Plan 75" träge, in manchen Momenten gar langweilig. Und es fehlen die Kontrapunkte, die das tragische Sujet auch emotional vermitteln und spürbar machen hätten sollen und müssen.
Fazit: So bleibt "Plan 75" am Ende ein stilistisches Experiment, das zwar immens wichtige Fragen der Gegenwart kritisch betrachtet, überhaupt adressiert, wofür ihm Lob gebührt. Dennoch scheitert der Film daran, das Thema auf nachhaltige und substantielle Art und Weise filmisch zu vermitteln oder für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen. Schade.
Christian Klosz
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Besetzung & Crew von "Plan 75"
Land: JapanJahr: 2023
Genre: Drama, Science Fiction
Länge: 112 Minuten
Kinostart: 12.10.2023
Regie: Chie Hayakawa
Darsteller: Chieko Baishô, Hayato Isomura als Hiromu Okabe, Stefanie Arianne als Maria, Taka Takao, Yumi Kawai als Yôko Narimiya
Kamera: Hideho Urata
Verleih: Fugu Filmverleih
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