Wie wilde Tiere (2022)
As bestas
Etwas zäher, aber erstklassig gemachter französischer Thriller mit gesellschaftskritischem UntertonKritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 8 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Antoine und Olga haben den Neuanfang gewagt. Das Ehepaar kehrte Frankreich den Rücken zu und fand in einer kleinen Gemeinde im Landesinneren Galiziens (Spanien) eine neue Heimat. Dort arbeiten sie hart, bestellen ihr Fleckchen Land und leben von dem, was sie erwirtschaften. Doch so sehr sich Antoine und Olga auch bemühen, die Einheimischen begegnen ihnen meist mit Argwohn und Ablehnung: Zu tief ist der Graben zwischen den ortsansässigen Bauern, die dem Kreislauf von schwerer Arbeit und Perspektivlosigkeit entkommen wollen, und den beiden Aussteigern, die sich für ein Leben im Einklang mit der Natur einsetzen.
Als Antoine das Vorhaben ihrer Nachbarn, den Anta-Brüdern, unterwandert, Land für den Bau von Windrädern zu verkaufen, verwandelt sich der schwelende Konflikt in unverhohlene Feindseligkeit. Während sich die Männer in einer zunehmend eskalierenden Spirale der Angst und Gewalt verlieren, ist es schließlich Olga, die mit tiefer Entschlossenheit einsam und stoisch ihren schweren Weg geht, um für Gerechtigkeit zu sorgen.
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Filmkritik
"Wie wilde Tiere" ist ein langsam erzählter, aber wirkungsvoller Thriller in einem eher ungewöhnlichen Setting: Der spanischen Provinz. Das Sujet ist klar: Die Bestie Mensch und all ihre Schattenseiten. Symbolisiert wird diese Bestie durch das Anta-Brüderpaar: Ihr Antrieb ist Neid, Wut, Hass, Gier und auch Dummheit, womit sie das idealistische, französische Mittelschichts-Ehepaar aus "ihrer" Heimat vertreiben wollen. Die Abneigung mischt sich mit latentem Fremdenhass, ihr Kern ist aber Gier: Ein Energieunternehmen will den Grund in der Gegend aufkaufen, um weitere Windräder zu bauen. Dafür müssen aber alle Bewohner des Dorfes eine Einverständniserklärung unterschreiben. Antoine weigert sich, da er hier seinen Traum lebt, etwas Neues aufbauen will, erst vor 2 Jahren seinen Job als Lehrer und sein altes Leben aufgegeben hat, um einen Beitrag zur Aufwertung dieser heruntergekommenen, verlorenen Gegend zu leisten. In seinem Verständnis tut er Gutes, auch er sieht die Gemeinde als seine (neue) Heimat. Diese für etwas Geld aufzugeben ergibt für ihn keinen Sinn.
Die Anta-Brüder wollen etwas anderes: Sie haben ihr Leben lang hier in der Provinz verbracht, unter Armut und Entbehrung gelebt, ausgeschlossen und verachtet vom Rest der Gesellschaft. Nun wittern sie ihre einzige Chance, hier endlich fortzukommen: Den Grund verkaufen und dann der alten Heimat Richtung Stadt den Rücken kehren. Sie - die synonym für alle Bewohner des Dorfes stehen - können nicht verstehen, wie Antoine und Olga irgendetwas Positives an dem Kaff finden, freiwillig hier leben, empfinden deren Verhalten, Einstellungen und Habitus als überheblich. Insofern erzählt "Wie wilde Tiere" auch von Klassenkonflikten, den Trennlinien zwischen Stadt und Land und dem Aspekt der Gentrifizierung: Wenn es ein Motiv der Brüder gibt, das nachvollziehbar ist, ist es dieses. Das Gefühl, reichere, besser gebildete Menschen dringen in das "Eigene" ein, gestalten es um, zerstören es, was zum Ansinnen führt, das Seinige retten und dafür kämpfen zu wollen.
Die Eskalationsspirale des schwelenden Konflikts dreht sich immer weiter, aus bösen Witzen, Beleidigungen werden Schikanen, körperliche Drohungen: Dem Ehepaar soll um jeden Preis klar gemacht werden, dass es hier nicht willkommen ist, da es hier nicht hinpasst. Und dem "Glück" der alteingesessenen Bewohner im Weg steht. Doch auch Antoine und Olga betrachten den Ort inzwischen als ihr Zuhause und auch sie wollen darum kämpfen.
"Wie wilde Tiere" ist zwar ein Thriller, folgt aber keiner klassischen Genre-Struktur. Zu langsam erzählt, manchmal auch etwas träge schreitet die Handlung voran. Tempo und Rasanz sind nicht zu erwarten, die Spannung ergibt sich eher aus der Dialogen, die wiederum durchaus klug geschrieben sind. Das Highlight des Films ist Denis Menochet ("Inglorious Basterds") als zwischen Wut, Mut, Angst und Verzweiflung hin- und hergerissener Mann, der an sich nur Gutes wollte - für sich, seine Familie und diese Gegend - aber Opfer einer weitgehend irrationalen Abneigung wird, die er intellektuell zwar nachvollziehen kann, die ihm aber trotzdem unverständlich bleibt. Menochet verkörpert den nach außen meist ruhigen, aber innerlich kochenden Antoine hervorragend und glaubhaft.
Kritik kann man am letzten Drittel von "Wie wilde Tiere" üben: Die finale Eskalation lässt keinen Stein auf dem anderen, dann: Schnitt - und Einsetzen der Handlung Monate später. Der Bruch der Handlung wirkt zu abrupt, der Übergang oder überhaupt das Finale ist nicht ideal konzipiert. So wirken die letzten 45 Minuten wie ein seltsamer Epilog, der eigentlich vieles noch erklären müsste, aber zu diffus bleibt.
Fazit: "Wie wilde Tiere" ist ein sehenswerter französischer Thriller, der den Stadt-Land-Konflikt und die Frage der Gentrifizierung auf interessante Weise behandelt. Leider nimmt das nicht ideal gestaltete Ende dem Film etwas Kraft.
Die Anta-Brüder wollen etwas anderes: Sie haben ihr Leben lang hier in der Provinz verbracht, unter Armut und Entbehrung gelebt, ausgeschlossen und verachtet vom Rest der Gesellschaft. Nun wittern sie ihre einzige Chance, hier endlich fortzukommen: Den Grund verkaufen und dann der alten Heimat Richtung Stadt den Rücken kehren. Sie - die synonym für alle Bewohner des Dorfes stehen - können nicht verstehen, wie Antoine und Olga irgendetwas Positives an dem Kaff finden, freiwillig hier leben, empfinden deren Verhalten, Einstellungen und Habitus als überheblich. Insofern erzählt "Wie wilde Tiere" auch von Klassenkonflikten, den Trennlinien zwischen Stadt und Land und dem Aspekt der Gentrifizierung: Wenn es ein Motiv der Brüder gibt, das nachvollziehbar ist, ist es dieses. Das Gefühl, reichere, besser gebildete Menschen dringen in das "Eigene" ein, gestalten es um, zerstören es, was zum Ansinnen führt, das Seinige retten und dafür kämpfen zu wollen.
Die Eskalationsspirale des schwelenden Konflikts dreht sich immer weiter, aus bösen Witzen, Beleidigungen werden Schikanen, körperliche Drohungen: Dem Ehepaar soll um jeden Preis klar gemacht werden, dass es hier nicht willkommen ist, da es hier nicht hinpasst. Und dem "Glück" der alteingesessenen Bewohner im Weg steht. Doch auch Antoine und Olga betrachten den Ort inzwischen als ihr Zuhause und auch sie wollen darum kämpfen.
"Wie wilde Tiere" ist zwar ein Thriller, folgt aber keiner klassischen Genre-Struktur. Zu langsam erzählt, manchmal auch etwas träge schreitet die Handlung voran. Tempo und Rasanz sind nicht zu erwarten, die Spannung ergibt sich eher aus der Dialogen, die wiederum durchaus klug geschrieben sind. Das Highlight des Films ist Denis Menochet ("Inglorious Basterds") als zwischen Wut, Mut, Angst und Verzweiflung hin- und hergerissener Mann, der an sich nur Gutes wollte - für sich, seine Familie und diese Gegend - aber Opfer einer weitgehend irrationalen Abneigung wird, die er intellektuell zwar nachvollziehen kann, die ihm aber trotzdem unverständlich bleibt. Menochet verkörpert den nach außen meist ruhigen, aber innerlich kochenden Antoine hervorragend und glaubhaft.
Kritik kann man am letzten Drittel von "Wie wilde Tiere" üben: Die finale Eskalation lässt keinen Stein auf dem anderen, dann: Schnitt - und Einsetzen der Handlung Monate später. Der Bruch der Handlung wirkt zu abrupt, der Übergang oder überhaupt das Finale ist nicht ideal konzipiert. So wirken die letzten 45 Minuten wie ein seltsamer Epilog, der eigentlich vieles noch erklären müsste, aber zu diffus bleibt.
Fazit: "Wie wilde Tiere" ist ein sehenswerter französischer Thriller, der den Stadt-Land-Konflikt und die Frage der Gentrifizierung auf interessante Weise behandelt. Leider nimmt das nicht ideal gestaltete Ende dem Film etwas Kraft.
Christian Klosz
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Besetzung & Crew von "Wie wilde Tiere"
Land: Spanien, FrankreichWeitere Titel: The Beasts
Jahr: 2022
Genre: Thriller, Drama
Originaltitel: As bestas
Länge: 137 Minuten
Kinostart: 07.12.2023
Regie: Rodrigo Sorogoyen
Darsteller: Marina Foïs als Olga, Denis Menochet als Antoine, Luis Zahera als Xan, Diego Anido als Lorenzo, Marie Colomb als Marie
Kamera: Alejandro de Pablo
Verleih: Prokino
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