It Lives Inside (2023)
In diesem US-Horrorstreifen lässt Langfilm-Novize Bishal Dutta einen indischen Dämon auf zwei befreundete Schülerinnen los.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Als kleine Kinder waren Samidha (Megan Suri) und Tamira (Mohana Krishnan), deren beider Eltern aus Indien in die USA eingewandert sind, beste Freundinnen. Als Teenager haben sie sich auseinandergelebt. Während Tamira an der Highschool als Außenseiterin gilt, versucht Samidha auf Teufel komm raus, sich anzupassen. Das fängt bei ihrem Namen an. Von allen nur Sam genannt, ginge sie auch als eine Samantha durch. Auf den üblichen Social-Media-Kanälen verwendet sie ab und an Filter, die ihre Hautfarbe heller aussehen lassen. Zu Hause spricht sie nur Englisch, worunter ihr Hindi zunehmend leidet. Und für die indischen Traditionen hat sie, sehr zum Missfallen ihrer Mutter Poorna (Neeru Bajwa), kaum noch Interesse. Ihr Vater Inesh (Vik Sahay) hat für Sams Verhalten unterdessen Verständnis.
All das ändert sich, als Tamira spurlos verschwindet, nachdem Sam ein Einmachglas zerbricht, in dem Tamira einen Dämon gefangen haben will. Zunächst tut Sam Tamiras Spukgeschichte als Hirngespinst einer verwirrten Jugendlichen ab. Doch dann häufen sich seltsame Vorfälle, denen schließlich auch Sams Mitschüler Russ (Gage Marsh), auf den sie ein Auge geworfen hat, zum Opfer fällt. Von nächtlichen Visionen geplagt, sucht Sam erst Hilfe bei ihrer Lehrerin Joyce (Betty Gabriel). Den Schlüssel zur Lösung des Problems hält indessen Sams Mutter in Händen.
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Filmkritik
"It Lives Inside": Der Teufel aus dem Einmachglas
Geht es in einem Horrorfilm um Dämonen, die von Menschen Besitz ergreifen, dann ist die katholische Kirche nicht weit. Seit William Friedkins (1935–2023) "Der Exorzist" (1973) ist ein Teufelsaustreiber mit Kreuz und Weihwasser so sicher wie das Amen in der Kirche. Friedkins kinematografisches Kleinod prägte nicht nur ein ganzes Subgenre, er holte den Schrecken auch zurück in die den Kinozuschauern eigene Sphäre des christlichen Glaubens. Davor wurde von Körpern besitzergreifender religiöser Horror allzu gern auf weit entfernt praktizierte, dem Zielpublikum fremde Glaubensformen projiziert. Man denke nur an die Ursprünge des Zombie im Voodoo.
Problematische, weil negativ bis rassistisch konnotierte Darstellungen "anderer" Religionen hörten nach Friedkin freilich nicht auf. Der Voodoo in Alan Parkers (1944–2020) "Angel Heart" (1987), die Santería in John Schlesingers (1926–2003) "Das Ritual" (1987) und – wenn es wie im vorliegenden Film um Hinduismus geht – selbstredend das Menschenopfer in Steven Spielbergs "Indiana Jones und der Tempel des Todes" (1984) kommen einem in den Sinn. Die Zeit scheint überreif, sich diese Darstellungen zurückzuerobern. Die Produzenten von "It Lives Inside" lassen auf genau das hoffen.
Ansichten aus Suburbia
Mit der 2017 gegründeten Firma Neon steht hinter "It Lives Inside" nicht nur einer der spannendsten jungen US-Filmproduzenten und -verleiher. Neons Liste an Veröffentlichungen ist beachtlich, reicht von Nacho Vigalondos unterschätztem "Colossal" (2017) und Ana Lily Amirpours übersehener Genreperle "The Bad Batch" (2017) über den für einen Golden Globe nominierten "I, Tonya" (2017) bis zum oscarprämierten "Parasite" (2019). Mit Raymond Mansfield, Sean McKittrick und Edward H. Hamm Jr. sind auch drei Produzenten mit an Bord, die bereits Jordan Peeles "Get Out" (2017), Spike Lees "BlacKkKlansman" (2018) und den mit Janelle Monae besetzten Horrorthriller "Antebellum" (2020) auf den Weg brachten. Allesamt Werke, die mit Erzählkonventionen, vor allem aber mit den üblichen Rollenverteilungen brechen. In ihnen sind schwarze Menschen nicht länger auf Neben- oder Opferrollen reduziert. Einher geht das in allen drei Filmen mit sozialkritischen Kommentaren bis Subtexten.
Bishal Dutta tut es diesen Vorbildern gleich. Der in Indien geborene Regisseur kam im Alter von vier Jahren in die USA. Als Heranwachsender liebte er Horrorfilme, sah darin aber keine Menschen wie sich. "Ich habe mich immer gefragt, was Familien wie meine taten, während Bruce der Hai Amitys Gewässer durchtrennte, während Freddy Krueger Teenager in der Traumlandschaft aufschlitzte und während Jack Torrance seinen Sohn durch die labyrinthartigen Hallen des Overlook-Hotels jagte?", erinnert sich Dutta. In seinem Debüt stellt er nun eine Familie wie die seine in den Mittelpunkt. Das Leben in der Vorstadt ist auch in der indischstämmigen Community langweilig und trist, was nicht überraschend und trotzdem erfrischend ist. Dass weiße Figuren bei Dutta allenfalls die Nebenrolle innehaben und die ersten Opfer sind, fällt überhaupt nicht ins Gewicht und sollte denjenigen, denen dies übel aufstößt, zu denken geben.
Innere Dämonen
Es hier einmal nicht mit dem (christlichen) Teufel, sondern mit einem altindischen Dämon zu tun zu bekommen, ist das große Faszinosum dieses Films. Dutta weiß es geschickt einzusetzen. Im von ihm selbst verfassten Drehbuch bleibt zunächst offen, ob der Horror wahr oder nur eine Wahnvorstellung ist. Auch begeht der Debütant nicht den Fehler, sein Monster zu früh zu zeigen, was die Spannung hochhält. In den Schock- wie allen übrigen Momenten kann er sich dabei auf sein Ensemble verlassen, aus dem besonders Hauptdarstellerin Megan Suri ("Missing") heraussticht. Ein Nachwuchstalent, mit dem auch künftig zu rechnen sein wird.
Auch wenn nicht jede inszenatorische Entscheidung überzeugt und der unter allem liegende Subtext von Immigration, Assimilation, Erwartungsdruck und den damit einhergehenden inneren Dämonen nicht lückenlos aufgeht, liefert Bishal Dutta ein beachtliches Debüt ab. Erzählerisch in neue Gefilde vorstoßend und atmosphärisch dicht umgesetzt, ist "It Lives Inside" ein stimmungsvoller Horrorfilm, der strenggenommen gar kein Exorzismus-Streifen ist. Denn statt um eine Austreibung geht es letzten Endes um eine Einverleibung – die es in sich hat!
Fazit: Bishal Duttas Langfilmdebüt als Regisseur entführt das Publikum in eine Welt, die so bislang nicht auf der Kinoleinwand zu sehen war. Handlung und Besetzung bringen frischen Wind ins Genre, inszenatorisch ist in diesem atmosphärisch dichten Horrorstreifen aber noch Luft nach oben.
Geht es in einem Horrorfilm um Dämonen, die von Menschen Besitz ergreifen, dann ist die katholische Kirche nicht weit. Seit William Friedkins (1935–2023) "Der Exorzist" (1973) ist ein Teufelsaustreiber mit Kreuz und Weihwasser so sicher wie das Amen in der Kirche. Friedkins kinematografisches Kleinod prägte nicht nur ein ganzes Subgenre, er holte den Schrecken auch zurück in die den Kinozuschauern eigene Sphäre des christlichen Glaubens. Davor wurde von Körpern besitzergreifender religiöser Horror allzu gern auf weit entfernt praktizierte, dem Zielpublikum fremde Glaubensformen projiziert. Man denke nur an die Ursprünge des Zombie im Voodoo.
Problematische, weil negativ bis rassistisch konnotierte Darstellungen "anderer" Religionen hörten nach Friedkin freilich nicht auf. Der Voodoo in Alan Parkers (1944–2020) "Angel Heart" (1987), die Santería in John Schlesingers (1926–2003) "Das Ritual" (1987) und – wenn es wie im vorliegenden Film um Hinduismus geht – selbstredend das Menschenopfer in Steven Spielbergs "Indiana Jones und der Tempel des Todes" (1984) kommen einem in den Sinn. Die Zeit scheint überreif, sich diese Darstellungen zurückzuerobern. Die Produzenten von "It Lives Inside" lassen auf genau das hoffen.
Ansichten aus Suburbia
Mit der 2017 gegründeten Firma Neon steht hinter "It Lives Inside" nicht nur einer der spannendsten jungen US-Filmproduzenten und -verleiher. Neons Liste an Veröffentlichungen ist beachtlich, reicht von Nacho Vigalondos unterschätztem "Colossal" (2017) und Ana Lily Amirpours übersehener Genreperle "The Bad Batch" (2017) über den für einen Golden Globe nominierten "I, Tonya" (2017) bis zum oscarprämierten "Parasite" (2019). Mit Raymond Mansfield, Sean McKittrick und Edward H. Hamm Jr. sind auch drei Produzenten mit an Bord, die bereits Jordan Peeles "Get Out" (2017), Spike Lees "BlacKkKlansman" (2018) und den mit Janelle Monae besetzten Horrorthriller "Antebellum" (2020) auf den Weg brachten. Allesamt Werke, die mit Erzählkonventionen, vor allem aber mit den üblichen Rollenverteilungen brechen. In ihnen sind schwarze Menschen nicht länger auf Neben- oder Opferrollen reduziert. Einher geht das in allen drei Filmen mit sozialkritischen Kommentaren bis Subtexten.
Bishal Dutta tut es diesen Vorbildern gleich. Der in Indien geborene Regisseur kam im Alter von vier Jahren in die USA. Als Heranwachsender liebte er Horrorfilme, sah darin aber keine Menschen wie sich. "Ich habe mich immer gefragt, was Familien wie meine taten, während Bruce der Hai Amitys Gewässer durchtrennte, während Freddy Krueger Teenager in der Traumlandschaft aufschlitzte und während Jack Torrance seinen Sohn durch die labyrinthartigen Hallen des Overlook-Hotels jagte?", erinnert sich Dutta. In seinem Debüt stellt er nun eine Familie wie die seine in den Mittelpunkt. Das Leben in der Vorstadt ist auch in der indischstämmigen Community langweilig und trist, was nicht überraschend und trotzdem erfrischend ist. Dass weiße Figuren bei Dutta allenfalls die Nebenrolle innehaben und die ersten Opfer sind, fällt überhaupt nicht ins Gewicht und sollte denjenigen, denen dies übel aufstößt, zu denken geben.
Innere Dämonen
Es hier einmal nicht mit dem (christlichen) Teufel, sondern mit einem altindischen Dämon zu tun zu bekommen, ist das große Faszinosum dieses Films. Dutta weiß es geschickt einzusetzen. Im von ihm selbst verfassten Drehbuch bleibt zunächst offen, ob der Horror wahr oder nur eine Wahnvorstellung ist. Auch begeht der Debütant nicht den Fehler, sein Monster zu früh zu zeigen, was die Spannung hochhält. In den Schock- wie allen übrigen Momenten kann er sich dabei auf sein Ensemble verlassen, aus dem besonders Hauptdarstellerin Megan Suri ("Missing") heraussticht. Ein Nachwuchstalent, mit dem auch künftig zu rechnen sein wird.
Auch wenn nicht jede inszenatorische Entscheidung überzeugt und der unter allem liegende Subtext von Immigration, Assimilation, Erwartungsdruck und den damit einhergehenden inneren Dämonen nicht lückenlos aufgeht, liefert Bishal Dutta ein beachtliches Debüt ab. Erzählerisch in neue Gefilde vorstoßend und atmosphärisch dicht umgesetzt, ist "It Lives Inside" ein stimmungsvoller Horrorfilm, der strenggenommen gar kein Exorzismus-Streifen ist. Denn statt um eine Austreibung geht es letzten Endes um eine Einverleibung – die es in sich hat!
Fazit: Bishal Duttas Langfilmdebüt als Regisseur entführt das Publikum in eine Welt, die so bislang nicht auf der Kinoleinwand zu sehen war. Handlung und Besetzung bringen frischen Wind ins Genre, inszenatorisch ist in diesem atmosphärisch dichten Horrorstreifen aber noch Luft nach oben.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "It Lives Inside"
Land: USAJahr: 2023
Genre: Drama, Horror
Länge: 99 Minuten
Kinostart: 02.11.2023
Regie: Bishal Dutta
Darsteller: Megan Suri als Samidha, Neeru Bajwa als Poorna, Mohana Krishnan als Tamira, Betty Gabriel als Joyce, Vik Sahay
Kamera: Matthew Lynn
Verleih: Alamode Film