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FBW-Bewertung: Die Ermittlung (2023)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Das Drama DIE ERMITTLUNG - basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Peter Weiss - schildert die Auschwitz-Prozesse anhand detaillierter Protokolle.
Im Mittelpunkt stehen ein Richter, ein Verteidiger und ein Ankläger, die während der Verhandlung auf insgesamt 39 Zeugen treffen, die ihre Erinnerungen schildern, darunter 28 Menschen, die von ihrer Zeit im Lager berichten.

Dabei fügt der Regisseur RP Kahl mit seinem Film dem Grauen von Auschwitz eine neue Dimension hinzu.

DIE ERMITTLUNG ist in verschiedene Kapitel gegliedert, die sich an der Landkarte des Lagers orientieren. Es ist die Vermessung des Unvorstellbaren, die hier gelingt. Auschwitz, das zeigt der Film, war nicht nur eine Massentötungsanstalt, sondern auch ein in sich gut funktionierender Betrieb.

Die Überlänge von 240 Minuten empfindet die Jury als stimmig, um dem Ausmaß des Themas gerecht werden zu können. Dass sich der Film den herkömmlichen Verwertungsketten der Filmbranche entzieht und dennoch in dieser kompromisslosen Form auf die Leinwand kommt, wird in der Diskussion lobend hervorgehoben.

Die Leistung sämtlicher Darsteller (sowohl bekannter Akteure wie Christiane Paul als auch zahlreicher weniger prominenter Gesichter) ist durchweg gelungen. Ihr Spiel tritt vor dem Inhalt in den Hintergrund ? und ist gleichzeitig glaubhaft und eindringlich.

Neben den drei Hauptdarstellern mit hohem Sprechanteil sind es vor allem die Männer auf der Anklagebank, deren Darstellung die Jury hervorhebt. Obwohl sie nur kurze Verhöre absolvieren, sprechen sie über ihre Mimik und Gestik die gesamte Filmdauer über. Gelangweilte Abgeklärtheit, fehlendes Schuldbewusstsein, eigennützige Verbrüderung sind für den Zuschauer als Subtext fortwährend spürbar.
Wie schmal manchmal der Grat zwischen Opfern und Tätern ist, auch davon vermittelt dieser Film eine Ahnung.

DIE ERMITTLUNG ist weitaus mehr als ein abgefilmtes Theaterstück. Ganz bewusst hat sich der Regisseur für diese künstlich-strenge Inszenierung entschieden. Nichts lenkt ab von der Ungeheuerlichkeit des Grauens, manche Sätze erschüttern gerade durch ihre Schlichtheit.
Kamera, Ton und Licht unterstützen die künstliche Szenerie von DIE ERMITTLUNG.
Dies ist ein Film, der es in jeglicher Hinsicht wagt, sich den Zuschauenden zuzumuten, urteilt die Jury.

DIE ERMITTLUNG reiht sich ein in eine thematische Häufung der filmischen Aufarbeitung der NS-Zeit. Mit Blick auf aktuelle Film wie etwa THE ZONE OF INTEREST kann man durchaus von einem Wandel der Erinnerungskultur sprechen.
Auch in dieser Hinsicht ist DIE ERMITTLUNG ein wichtiger Film. Ein mutiger Film. Ein Film, der noch lange nachhallt.

Nach ausführlicher Diskussion entscheidet sich die Jury einstimmig für die Vergabe des Prädikates BESONDERS WERTVOLL.



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