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FBW-Bewertung: The Dive (2022)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Maximilian Erlenweins THE DIVE ist gleichsam ein Kammerspiel unter Wasser. Louisa Krause und Sophie Lowe spielen die einzigen Protagonistinnen in dem hochspannenden und zugleich ungewöhnlichen Action-Thriller. Sie verkörpern die beiden Schwestern May und Drew, die an einer einsamen Bucht von Malta zusammen tauchen gehen. Schon auf ihrer gemeinsamen Fahrt im Auto zur Bucht erfährt der Zuschauer aus ihrer sperrig verlaufenden Unterhaltung, dass die beiden offenbar eine längere Phase der Entfremdung hinter sich haben. Gleichzeitig wird durch ihr unterschiedliches Vorgehen bei den Vorbereitungen zum Tauchgang auch ihr unterschiedliches Temperament deutlich: May ist systematisch und auf Kontrolle bedacht, Drew dagegen leichtsinniger und zur Improvisation neigend. Wo May verschlossen und fast kühl wirkt, neigt Drew zur Emotionalität und zum offenen Bekenntnis ihrer Gefühle. Ohne diese Gegensätze allzu sehr auszuwalzen, bringt der Film seine Figuren bald in die größte Notlage: Mitten in ihrem Tauchgang werden die Schwestern von einem Steinschlag überrascht, wodurch die eine von ihnen ? May ?unter einem Felsen eingeklemmt wird, während die andere ? Drew ? versuchen muss, sie zu retten. Richtig spannend wird der Film, als sich herausstellt, dass es dafür ein enges Zeitfenster gibt ? der Sauerstoff in der Flasche reicht nur noch eine bestimmte Anzahl von Minuten ? und dass die Möglichkeiten der Rettung stark eingeschränkt sind. Denn der Vorrat von weiteren Sauerstofflaschen sowie Hilfsmitteln wie Handy und ähnlichem sind entweder vom Steinschlag verschüttet oder im Auto eingesperrt. Und der Schlüssel zum Fahrzeug ist ebenfalls verschüttet. Die Schwestern befinden sich wie beschrieben an einer ausgesprochen einsamen Bucht ? und nun tickt die Uhr.

Erlenwein setzt die Einschränkungen seiner Figuren und des Genres äußerst effektvoll für den Spannungsaufbau ein. Gleichzeitig schildert der Film die Lage seiner Protagonistinnen so realistisch, dass man sich als Zuschauer dem Mitfiebern kaum entziehen kann. Die beiden jungen Frauen entwickeln sich dabei nicht etwa zu Superheldinnen, sondern bleiben angenehm "normal" ? sie kommen immer wieder ans Ende ihre Kapazitäten und Fähigkeiten, sowohl physisch wie mental. Genau das zieht den Zuschauer umso mehr in die Handlung hinein. Jeder Rettungseinfall, den die Schwestern haben und verfolgen, scheint dabei nachvollziehbar und erhöht noch den Suspense.

Die Jury lobte die durchdachte und stringente Anlage des Thrillers, der selbstbewusst durchexerziert, was er sich vorgenommen hat. Als angenehm und originell empfand die Jury, dass der Film weder auf surreale noch auf Horror-Elemente zurückgreift, um seinen Verblüffungs-Effekt zu steigern. Besonders gelobt wurde die Professionalität, mit der hier selbst die fordernden Unterwasserszenen immer einer bestimmten Logik und Dramaturgie gehorchen. Unterstrichen wird das sehr wirkungsvoll von einem Score, der im Hintergrund die Handlung begleitet und gelegentlich eigene Akzente setzt. Die Jury war sich einig, dass THE DIVE als Genrefilm bestens funktioniert und dass ihn sowohl sein ungewöhnliches Setting als auch die Inszenierung von zwei weiblichen Figuren, die sich selbst retten müssen, noch einmal aus dem Genre herausragen lassen.






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