Picknick in Moria (2023)

Katastrophale Zustände

Moria war das größte europäische Flüchtlingslager bevor es Ende 2020 bis auf die Grundmauern niederbrannte. Über 12 000 Menschen wurden obdachlos, etwas mehr als die Hälfte kam daraufhin in einem provisorischen Zeltlager an Land unter. In einem solchen Provisorium leben auch Talib, seine Frau und die drei Kinder. "Picknick in Moria" zeigt den beschwerlichen Alltag der Familie sowie anderer Flüchtlinge und bringt einem die Protagonisten näher.

In Interviews und bei beobachteten Gesprächen mit anderen erfahren wir die Hintergründe, die Talib und seine Familie zur Flucht bewegten. Talib bezeichnete die Taliban in einigen seiner (satirischen) Filme als Mörder – was die Regierung nicht auf sich sitzen ließ und mit der Ermordung von Talibs Tochter drohte. Den Beauty-Salon seiner Frau schlossen sie und die berufliche Grundlage Talibs war ebenso weg. Was blieb, war die Flucht. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Doku sitzt die Familie bereits über acht Monate auf Moria fest, einem Ort humanitärer Katastrophen und schwerer menschlicher Schicksale.

Filmprojekt als Hoffnungsschimmer für die Betroffenen

"Picknick in Moria" präsentiert ausgiebig all jene Szenen und Gegebenheiten, die man sonst nur aus kurzen Beiträgen im Rahmen der abendlichen TV-Nachrichten kannte: die mangelhaften hygienischen Bedingungen, die Menschenschlangen bei der Essensverteilung, die spärlich ausgestatteten und nur notdürftig hergerichteten Zelte. Darin kauern Menschen vor sich hin, die nicht wissen, wie die örtlichen Behörden über ihren Status entscheiden.

Und dann dokumentiert der Film schließlich ja auch noch die Entstehung von Talibs Werk, ein Mix aus Doku und fiktionalen Sequenzen. Ohne einordende Off-Kommentierung schauen wir der Crew (fast ausschließlich Flüchtlinge und Laiendarsteller) bei den Dreharbeiten an diesem unwirklichen "Drehort" zu. Spannend und ermutigend zu sehen ist, wie die Arbeit an dem Filmprojekt den Menschen Kraft und ein Gefühl von Zusammengehörigkeit gibt.

Fazit: Mit klarem Blick und unaufgeregter Erzählweise schildert der Film die entsetzlichen Zustände auf Lesbos und blickt hinter die Kulissen einer vor Ort entstehenden Doku, in der die Geflüchteten selber auftreten – und auf ihr schwer zu ertragendes Schicksal verweisen.