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FBW-Bewertung: All inclusive (2023)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Vier Sportler aus Deutschland, Finnland, der Mongolei und Kenia stehen im Fokus von Thorsten Ernsts und Tobias Lickes Dokumentarfilm ALL INCLUSIVE. Vier Sportler, die eines gemein haben, alle vier wollen 2023 an den Special Olympics World Games in Berlin teilnehmen.

Drei Jahre lang haben die beiden Filmemacher die Sportler bei den Vorbereitungen begleitet. Bei dem, was entstanden ist, ist weniger verblüffend, dass alle vier Akteure es tatsächlich nach Berlin geschafft haben, als dass sie die landestypischen Hürden für den Weg nach Berlin bewältigen konnten. Die Voraussetzungen in den jeweiligen Ländern, bzw. Kontinenten sind höchst spezifisch. ALL INCLUSIVE lässt am Alltag von Timo aus Hamburg, Toivo und Roope aus Lahti in Finnland, Uyangaa aus Chowd in der Mongolei und schließlich Mary Stella aus Nairobi, Kenia teilhaben. Alle vier sind gehandikapt, alle vier haben eine geistige Beeinträchtigung.

Ganz klassisch sind Ernst und Licke an ihren Film gegangen und das sorgt in diesem Fall für große Ruhe und Klarheit. ALL INCLUSIVE lässt die Zuschauer jeweils nur für einige Minuten den jeweiligen Protagonisten beiwohnen, zeigt sie beim Training, der Bewältigung von Alltagsproblemen oder innerhalb des Familien- und Verwandtenkreis um, in der nächsten Sequenz, auf ähnliche Inhalte bei einem der anderen Sportler zu schauen. Vergleiche sind gewollt und manchmal ? genauso gewollt ? auch nur schwer zu ermöglichen. Tatsächlich, und auch das zeigt der Film, sind Leben und Organisationsstrukturen in den jeweiligen Ländern sehr unterschiedlich, damit aber auch die Probleme, auf die die Athleten stoßen, sowie deren Lösungsansätze. Droht in Europa bisweilen die Teilnahme an Formalitäten zu scheitern, sind es in anderen Ländern, Ausrüstung, Finanzierung oder weite Wege und natürlich hat nicht jeder Sportler die gleiche Unterstützung. Mit Mobbing und Ausgrenzung dagegen ? und auch das sagt der Film aus ? haben alle Vier schon zu tun gehabt.

Ganz selbstverständlich bietet ALL INCLUSIVE mit diesen Einblicken auch Einsicht in unterschiedliche Kulturen. Formal verbindende Elemente sind dabei nicht nur Schnitt und Montage, sondern auch kurze, ethisch gefärbte Musikeinspielungen, die ganz subtil eine Brücke zwischen den Athleten bauen. Dramaturgisch ebenfalls vorteilhaft ist, dass die Filmemacher sehr unterschiedliche Charaktere ausgesucht haben. Timo ist Tennisspieler mit Down-Syndrom und ziemlich impulsiv, der Segler Toivo hat durch das Asperger-Syndrom Probleme sich zu konzentrieren und Rückschläge hinzunehmen, die schüchterne Uyangaa dagegen hat eine schwere Lernbehinderung und auch bei der Fußballerin Mary Stella hat sich nach Erkrankung und Operation eine Lernschwäche gezeigt, allerdings versucht sie ihren Weg ?tough? alleine zu gehen. Alle Vier zeigen im Film, dass sie nur deswegen etwas in ihrem Leben bewegen konnten, weil sie den Willen hatten anzupacken und auf ein Ziel hinzuarbeiten. Das ist ein Motiv, bzw. eine Message, die auch auf ein Publikum ohne Beeinträchtigungen zielen mag. Andererseits, so zeigte sich in der Diskussion, hätte die Jury gerne gewusst, ob diese Botschaft bei Menschen mit Beeinträchtigung evtl. den Druck erzeugt mit diesen filmischen Vorbildern mitziehen zu müssen.

Wie wichtig dieser Film ist, hat die Jury auch bei sich selber feststellen können. Während der Diskussion hat sich gezeigt, dass keiner der Juroren bislang Notiz von den bevorstehenden Special Olympics World Games genommen hatte, obwohl sie eine sportliche Veranstaltung der Extraklasse sind. Der Film zeigt damit auch, dass in Sachen Inklusion noch ein weiter Weg gegangen werden muss, auch und gerade in den wohlhabenden Ländern des Westens. Und letztlich setzt er ein universelles Zeichen hinsichtlich des Gedankens, das schon alleine das Dabeisein, das Teilhaben großartig ist. Die Jury würde sich jedenfalls über eine Fortsetzung dieses großartigen Films freuen und verleiht ALL INCLUSIVE gerne das Prädikat BESONDERS WERTVOLL.



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