153 Meter (2022)

"153 Meter": Das Leben der anderen

Auch auf die Gefahr hin, an dieser Stelle immer die gleiche Platte aufzulegen: Deutsche Debütfilme haben ein Problem. Es ist kein finanzielles oder kreatives, denn auch mit einem minimalen Budget lässt sich Großartiges vollbringen. Es ist in erster Linie ein erzählerisches Manko. Zu dürftig ausgearbeitete Charaktere und zu wenig Fokus, Zuspitzung und Dramaturgie torpedieren gute bis sehr gute Prämissen. Ist aber wie in Anton von Heiselers Erstling "153 Meter" schon die Ausgangslage mau, dann ist kaum noch etwas zu retten.

Rear Window

Das vom Regisseur gemeinsam mit Maximilian Rummel und Andreas Koch verfasste Drehbuch bietet dem Kinopublikum schlicht zu wenig an; Figuren und Handlung bleiben zu rudimentär, um sich mit ihnen zu identifizieren, mit ihnen mitzufiebern oder gar nur für sie zu interessieren. Die filmhistorisch anspielungsreichen Versatzstücke aus dem Genrekino bleiben inhaltsleere Zitate, die das Publikum in die Irre führen. Denn einen spannenden Krimi im Stile Alfred Hitchcocks hat Anton von Heiseler nicht gedreht. Doch auch als Sozialstudie über schwierige Familienverhältnisse und die Sehnsucht nach einem besseren Leben funktioniert "153 Meter" nicht. Dafür haben die Figuren (wie weiter oben bereits angedeutet) zu wenig Fleisch auf den Rippen.

Family Plot

Das Spannendste an diesem Debüt sind die Familienverhältnisse hinter der Kamera: Alle drei weiblichen Rollen sind mit Familienmitgliedern des Regisseurs besetzt. "Michaela Caspar und Maria Luise Preuss sind, wie im Film, Mutter und Tochter, die in einem Haushalt zusammenleben", ist einem Regiestatement zu entnehmen. Es handelt sich um die Mutter und die Großmutter des Regisseurs. Die Rolle der von Caspars Figur beobachteten Nachbarin hat er wiederum mit seiner Zwillingsschwester besetzt. Dem Kinopublikum, das von dieser Konstellation ohne eigens angestellte Recherche jedoch nichts mitbekommt, bringt das wenig. Auf der Leinwand sieht es nicht mehr als eine flache Fingerübung, die den Eindruck erweckt, als sei ein Kurzfilm unnötig in die Länge gezogen worden.

Fazit: Schon die Ausgangslage von Anton von Heiselers Langfilmdebüt ist nicht sonderlich originell, böte aber zumindest ausreichend Potenzial – entweder für einen spannenden Genrefilm oder für ein aufrüttelndes Drama. Letzten Endes ist "153 Meter" keins von beidem, weil der Regisseur einen unsicheren Mittelweg einschlägt und dabei stets an der Oberfläche verharrt, anstatt in die Tiefe zu dringen.