Das Recht der Stärkeren (2023)

"Das Recht der Stärkeren": Im radikalen Freundeskreis

Oft ist die Rede davon, wie fließend die Übergänge im politischen Spektrum am rechten Rand der Gesellschaft sein können. Angefangen von der Partei Alternative für Deutschland (AfD), in der sich radikales Gedankengut oft mit gutbürgerlichen Sorgen und Werten mischt, bis hin zu Neo- und Altnazis, die ihre Ideale auch mit terroristischen Akten durchsetzen wollen. Mit dem Rechtspopulismus im Nachbarland Frankreich und seinen Verbindungen zu Rechtsterroristen hat sich das Drama "Das ist unser Land!" von Lucas Belvaux aus dem Jahr 2017 befasst. In Deutschland erhielt David Wnendts Spielfilm "Kriegerin" von 2011 über eine junge Frau in der Neonazi-Szene viel Beachtung. Als der Regisseur und Drehbuchautor Sebastian Peterson ("Meier Müller Schmidt") Fördergeld für sein Filmprojekt "Das Recht der Stärkeren" über den fatalen Kontakt einer Jugendlichen zu einer rechtsradikalen Kameradschaft beantragte, scheiterte er. Der Dreh konnte dann mittels Crowdfunding finanziert werden.

Die Not einer Außenseiterin

Fast der ganze Film wurde kostensparend mit dem Handy aufgenommen, was dann so aussieht, als habe Jana alles selbst für ihren täglichen Vlog gefilmt. Eigentlich erzählt dieser Film zwei Geschichten, was ihn interessanter macht, aber auch sein größtes Problem ist. Allein schon Jana ergäbe Stoff genug für ein Drama. Sie wirkt sehr intelligent und außer ihrer auffallenden Aggressivität scheint sie nichts von anderen ihres Alters zu unterscheiden. Und dennoch arbeitet sie in einer Behindertenwerkstatt. Den Betreuer in der Werkstatt bezichtigt sie eines sexuellen Übergriffs, als er sie versetzen lassen will. Jana hat scheinbar vor nichts und niemandem Respekt. Als Zuschauer muss man sich selbst zusammenreimen, was mit ihr los sein könnte, nie ist im Film selbst beispielsweise von Autismus die Rede.

Eine undurchsichtige Gruppe

Leider aber bleibt Jana als Persönlichkeit ziemlich im Dunkeln, denn sie markiert vor allem eine Figur, die wenig Freude im Alltag hat und daher besonders empfänglich für die Angebote rechter Gemeinschaften ist. Das Grüppchen, in das sie gerät, bleibt auch schwach ausgeleuchtet, ebenso wie die verbal aggressive Anführerin Helene. Man geht auf Demos, fährt zum Rockkonzert, hängt im Keller ab. Einmal kommt Dr. Kaltenbach (Wilfried Pucher), ein alter Nazi, zu Besuch und sorgt für ideologische Schulung. Gleich in der Anfangsszene, zu der der Film die Vorgeschichte erzählt, geschieht ein terroristischer Anschlag. Bis zum Ende der trotz aller Defizite spannenden Geschichte bleibt unvorhersehbar, ob und wie Jana da mit drinhängt.

Fazit: Am Anfang stehen ein paar gedankenlose Posts in sozialen Medien, und schon wird die Jugendliche im Zentrum dieses Dramas von Rechtsradikalen kontaktiert. Aus der Einsamkeit ihres Alltags als psychisch behinderter Mensch kommt sie in eine verschworene kleine Gemeinschaft, die sie willkommen heißt. Der Regisseur und Drehbuchautor Sebastian Peterson trotz geringer Mittel durchaus spannend eine Radikalisierung mit tragischen Folgen.