Sparta (2023)
Ulrich Seidls neues, in Rumänien spielendes Drama über einen österreichischen Aussteiger sorgte bereits im Vorfeld für eine Kontroverse.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Vor Jahren hat es den Österreicher Ewald (Georg Friedrich) nach Rumänien verschlagen. Dort hat er eine Lebensgefährtin (Florentina Elena Pop) und eine Arbeit. In der alten Heimat hält ihn nur noch sein seniler Vater (Hans-Michael Rehberg), den er ab und an im Pflegeheim besucht und sich liebevoll um ihn kümmert. Doch dann wagt Ewald einen Neuanfang. Er trennt sich von seiner Freundin, hängt seinen Beruf an den Nagel und zieht in eine arme Gegend, wo er ein verfallenes altes Schulgebäude in eine Judoschule umbauen will.
Dafür rekrutiert Ewald Jungen aus der Gegend, mit denen er das Gebäude zu einer Art Fort umbaut, das er "Sparta" nennt. Darin unterrichtet er die Jungen umsonst im Judo, führt aber noch etwas anderes im Schilde. Denn Ewald hat Neigungen, denen er sich jahrelang nicht gestellt hat. Die Kinder, denen es in "Sparta" oft besser geht als in ihren Elternhäusern, verbringen bald ihre komplette Freizeit dort. Den Eltern, vor allem den Familienvätern stößt das bald übel auf.
Hier streamen
Filmkritik
"Sparta": Kontroverses Kino mit Kindern
Ulrich Seidl war noch nie ein Publikumsliebling. Dafür sind die Filme des 1952 geborenen Österreichers zu kühl, distanziert, trost- und schonungslos. Vom Dokumentarfilm kommend, wohnt auch seinen Spielfilmen ein dokumentarisches Moment inne. Seidl dreht meist mit einem gemischten Ensemble aus Profis und Laiendarstellern und lässt das von seinen Kameraleuten (zuletzt vornehmlich von Wolfgang Thaler) auf eine Art und Weise einfangen, als sei es direkt aus dem Leben gegriffen. Das ist auch bei seinem neuen Spielfilm "Sparta" so, der bereits vor seiner Uraufführung von einer Kontroverse begleitet wurde.
Ein Diptychon gescheiterter Existenzen: "Rimini" und "Sparta"
Dass "Sparta" ein eigenständiger Film werden würde, entschied Ulrich Seidl erst am Schneidetisch. Ursprünglich sollte unter dem Arbeitstitel "Böse Spiele" ein Drama über ein von Michael Thomas und Georg Friedrich gespieltes Bruderpaar entstehen. Der eine schlägt sich als abgehalfterter Schlagersänger in Italien durch, der andere versucht, sich in Rumänien ein neues Leben aufzubauen. Was die beiden verbindet, ist die Sorge um ihren pflegebedürftigen Vater (Hans-Michael Rehberg in seiner letzten Rolle) zu Hause in Österreich. Am Ende wurden statt eines langen Films zwei kürzere daraus. "Rimini" (2022) mit Michael Thomas in der Hauptrolle feierte im Wettbewerb der 72. Berlinale im Februar 2022 seine Weltpremiere. "Sparta" sollte im selben Jahr im September beim Filmfestival in Toronto folgen. Doch dazu kam es nicht.
Eine Woche vor der Uraufführung machte ein Artikel im "Spiegel" Schlagzeilen. Darin warfen die Eltern der in Seidls Film mitspielenden Kinder dem Regisseur unethische Arbeitsmethoden und Täuschung vor. Sie seien vorab nicht darüber informiert worden, dass es in dem Film um Pädophilie gehe. Zudem seien die Kinder bei den Dreharbeiten "ohne ausreichende Vorbereitung und Betreuung mit Szenen rund um Alkoholismus, Gewalt und Nacktheit konfrontiert" worden. Seidl und Teile seiner Crew widersprechen den Vorwürfen bis heute, andere Crewmitglieder widersprachen wiederum Seidl. Die Premiere in Toronto wurde daraufhin abgesagt. Beim Filmfestival im spanischen San Sebastian, das ebenfalls im September 2022 über die Bühne ging, wurde "Sparta" hingegen gezeigt. Ebenso beim Filmfest Hamburg im Oktober desselben Jahres. Dort wurde Seidl der ursprünglich für ihn angedachte Douglas-Sirk-Preis aufgrund der Kontroverse jedoch nicht verliehen.
Viel Lärm um nichts?
Ungeachtet dessen, ob und wie viel an den Vorwürfen dran ist, lässt sich Seidls neuer Film bewerten. Im Vergleich zu seinem "Bruderstück" "Rimini" und zu Seidls bisherigem Gesamtwerk fällt "Sparta" geradezu zärtlich aus. Angesichts der heiklen Thematik und der von Seidl gewohnten Schonungslosigkeit gepaart mit der vorausgegangenen Kontroverse war Schlimmstes zu befürchten. Diese Befürchtungen lösen sich nicht ein. Gerade die Szenen mit den Kindern zeichnen sich durch eine für Seidl ungewohnte Zurückhaltung und Respekt aus. Immer dann, wenn in der Handlung etwas Kriminelles passieren könnte, blendet Seidl dies aus; hält also nicht schonungslos mit der Kamera aufs Geschehen.
Allein die Thematik und dass darüber überhaupt ein Film gemacht wird, dürfte viele Zuschauende dennoch schockieren und empören. Ein typischer Seidl-Schocker ist "Sparta" trotzdem nicht – und gemessen an seinen besten Filmen allenfalls Mittelmaß.
Fazit: Der Lärm im Vorfeld zu Ulrich Seidls neuem Film war lauter als der Film selbst. "Sparta" ist ein ruhiges, nachdenkliches und für Seidls Verhältnisse beinahe schon zärtliches Drama, das mit einem ungewohnt schüchtern aufspielenden Georg Friedrich überrascht. In Seidls kontroversem Gesamtwerk ordnet sich der Film allerdings nur irgendwo im Mittelfeld ein.
Ulrich Seidl war noch nie ein Publikumsliebling. Dafür sind die Filme des 1952 geborenen Österreichers zu kühl, distanziert, trost- und schonungslos. Vom Dokumentarfilm kommend, wohnt auch seinen Spielfilmen ein dokumentarisches Moment inne. Seidl dreht meist mit einem gemischten Ensemble aus Profis und Laiendarstellern und lässt das von seinen Kameraleuten (zuletzt vornehmlich von Wolfgang Thaler) auf eine Art und Weise einfangen, als sei es direkt aus dem Leben gegriffen. Das ist auch bei seinem neuen Spielfilm "Sparta" so, der bereits vor seiner Uraufführung von einer Kontroverse begleitet wurde.
Ein Diptychon gescheiterter Existenzen: "Rimini" und "Sparta"
Dass "Sparta" ein eigenständiger Film werden würde, entschied Ulrich Seidl erst am Schneidetisch. Ursprünglich sollte unter dem Arbeitstitel "Böse Spiele" ein Drama über ein von Michael Thomas und Georg Friedrich gespieltes Bruderpaar entstehen. Der eine schlägt sich als abgehalfterter Schlagersänger in Italien durch, der andere versucht, sich in Rumänien ein neues Leben aufzubauen. Was die beiden verbindet, ist die Sorge um ihren pflegebedürftigen Vater (Hans-Michael Rehberg in seiner letzten Rolle) zu Hause in Österreich. Am Ende wurden statt eines langen Films zwei kürzere daraus. "Rimini" (2022) mit Michael Thomas in der Hauptrolle feierte im Wettbewerb der 72. Berlinale im Februar 2022 seine Weltpremiere. "Sparta" sollte im selben Jahr im September beim Filmfestival in Toronto folgen. Doch dazu kam es nicht.
Eine Woche vor der Uraufführung machte ein Artikel im "Spiegel" Schlagzeilen. Darin warfen die Eltern der in Seidls Film mitspielenden Kinder dem Regisseur unethische Arbeitsmethoden und Täuschung vor. Sie seien vorab nicht darüber informiert worden, dass es in dem Film um Pädophilie gehe. Zudem seien die Kinder bei den Dreharbeiten "ohne ausreichende Vorbereitung und Betreuung mit Szenen rund um Alkoholismus, Gewalt und Nacktheit konfrontiert" worden. Seidl und Teile seiner Crew widersprechen den Vorwürfen bis heute, andere Crewmitglieder widersprachen wiederum Seidl. Die Premiere in Toronto wurde daraufhin abgesagt. Beim Filmfestival im spanischen San Sebastian, das ebenfalls im September 2022 über die Bühne ging, wurde "Sparta" hingegen gezeigt. Ebenso beim Filmfest Hamburg im Oktober desselben Jahres. Dort wurde Seidl der ursprünglich für ihn angedachte Douglas-Sirk-Preis aufgrund der Kontroverse jedoch nicht verliehen.
Viel Lärm um nichts?
Ungeachtet dessen, ob und wie viel an den Vorwürfen dran ist, lässt sich Seidls neuer Film bewerten. Im Vergleich zu seinem "Bruderstück" "Rimini" und zu Seidls bisherigem Gesamtwerk fällt "Sparta" geradezu zärtlich aus. Angesichts der heiklen Thematik und der von Seidl gewohnten Schonungslosigkeit gepaart mit der vorausgegangenen Kontroverse war Schlimmstes zu befürchten. Diese Befürchtungen lösen sich nicht ein. Gerade die Szenen mit den Kindern zeichnen sich durch eine für Seidl ungewohnte Zurückhaltung und Respekt aus. Immer dann, wenn in der Handlung etwas Kriminelles passieren könnte, blendet Seidl dies aus; hält also nicht schonungslos mit der Kamera aufs Geschehen.
Allein die Thematik und dass darüber überhaupt ein Film gemacht wird, dürfte viele Zuschauende dennoch schockieren und empören. Ein typischer Seidl-Schocker ist "Sparta" trotzdem nicht – und gemessen an seinen besten Filmen allenfalls Mittelmaß.
Fazit: Der Lärm im Vorfeld zu Ulrich Seidls neuem Film war lauter als der Film selbst. "Sparta" ist ein ruhiges, nachdenkliches und für Seidls Verhältnisse beinahe schon zärtliches Drama, das mit einem ungewohnt schüchtern aufspielenden Georg Friedrich überrascht. In Seidls kontroversem Gesamtwerk ordnet sich der Film allerdings nur irgendwo im Mittelfeld ein.
Falk Straub
TrailerAlle "Sparta"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Sparta"
Land: Österreich, RumänienJahr: 2023
Genre: Drama
Länge: 99 Minuten
Kinostart: 18.05.2023
Regie: Ulrich Seidl
Darsteller: Georg Friedrich als Ewald, Hans-Michael Rehberg als Father, Florentina Elena Pop als Ewald's Girlfriend
Kamera: Serafin Spitzer, Wolfgang Thaler
Verleih: Neue Visionen
Verknüpfungen zu "Sparta"Alle anzeigen
Trailer