FBW-Bewertung: Überflieger - Das Geheimnis des grossen Juwels (2023)
Prädikat wertvoll
Jurybegründung: Der Film ÜBERFLIEGER ? DAS GEHEIMNIS DES GROSSEN JUWELS um eine Freundesgruppe um ein ungleiches Brüderpaar aus Spatz und Storch hat der Jury in mehreren Punkten gut gefallen. Das beginnt schon mit der perfekten Animation der Vogelwelt und ihren verschiedenen Flugstilen, die elegant und rasant, ornithologisch überzeugend eingefangen sind. Auch die orientalische Welt einer Oasenstadt mit Marktplätzen und Türmen wie aus ?Tausendundeiner Nacht? entsteht wild-romantisch vor den Augen der Zuschauenden.Lobenswert und klug haben Mette Tange und Benjamin Quabeck in die Geschichte auch Kinder-, Jugend- und Gesellschafts-Fragestellungen eingebaut ? vor allem zu hier bereits angenehm selbstverständlicher Diversität (durch den queeren Wellensittich oder die Eule mit Persönlichkeitsspaltung) sowie zu Schönheitswahn und Altersdiskriminierung (durch das Marabu-Pärchen) bis hin zu angedeuteten, hier vielleicht etwas zu beiläufig eingebauten ökologischen Fragen wie Klimawandel (anders einsetzende Großwetterlagen) und dadurch bedingter Migration (die aus der Oase in die Stadt vertriebene Spatzen-Gang).
Gelungen empfand die Jury auch die Psychologisierung des grausamen Diktators (dem Pfau), dessen Grausamkeit von seelischen Verletzungen rührt, was das sonst oft übliche reine Gut-Böse-Schema angenehm auflockert. Etwas zu klassisch hingegen erschien der Jury die Mann-Frau-Rollenkonstellation in der Storchfamilie.
Kritisch betrachtete die Jury die Überladung des Films mit verschiedensten Plots, was zu einer gewissen Flatterhaftigkeit in der Erzählung führt. Der gemeinsame Rückflug der Störche aus dem afrikanischen Winterquartier zurück nach Europa erscheint unzusammenhängend mit der titelgebenden Suche nach einem Juwel zur Befreiung der Jungspatzen-Gang aus den Händen des Pfauen-Despoten. Zu den oben genannten vielen Themen kommen noch Guerilla-Freiheitskampf-Ambitionen einer schwer verständlichen Taubengruppe hinzu oder ein verloren gegangenes Spatzenkind. Das alles lässt nach Ansicht der Jury zu wenig Zeit, einzelne Problemkomplexe adäquat dramaturgisch aufzulösen.
Positiv ist der Jury hingegen die gute Psychologisierung der Figuren aufgefallen, beispielsweise durch die intelligente Auffächerung der Jugendgruppe der Spatzen ? von der Anführerin bis hin zum ?Kleinen?, der noch nicht gleichwertig mitmachen kann, aber liebevoll integriert ist. Lobenswert war für die Jury auch der Einsatz der Musik, die dem Film Drive und Vielfalt gab, ohne ins Musicalhafte zu verfallen. Nach einer anregenden Diskussion und in Abwägung aller Argumente erteilt die Jury dem Film gerne das Prädikat wertvoll.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)