Irgendwann werden wir uns alles erzählen (2023)
Someday we'll tell each other everything
Die Regisseurin Emily Atef ("3 Tage in Quiberon") hat den gleichnamigen Roman der Schriftstellerin Daniela Krien verfilmt, der von einer Amour fou während der Wendezeit erzählt.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Thüringen während eines heißen Sommers 1990: Die 19-jährige Schülerin Maria (Marlene Burow), die die Schule lieber schwänzt, als sie zu besuchen, lebt mit ihrem Freund Johannes (Cedric Eich) unterm Dach des Bauernhofs seiner Eltern (Silke Bodenbender, Florian Panzner). Während Johannes seine Zukunft fest im Blick hat und nach dem Schulabschluss Fotografie in Leipzig studieren will, weiß Maria weder ein noch aus. Als sie mit Henner (Felix Kramer), dem doppelt so alten Bauern vom Nachbarhof, eine Affäre beginnt, ist nicht nur ihre Zukunft, sondern auch ihre Beziehung zu Johannes ungewisser denn je.
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Filmkritik
"Irgendwann werden wir uns alles erzählen": Heiße Sommerliebe
Die in Berlin lebende Deutsch-Französin Emily Atef zählt hierzulande zu den renommiertesten Filmschaffenden. Ihre Dramen "3 Tage in Quiberon" (2018) und "Mehr denn je" (2022) waren bei den großen Festivals zu Gast. Und als Regisseurin zweier Episoden der preisgekrönten Fernsehserie "Killing Eve" (2018–2022) hat es die 1973 geborene Atef inzwischen auch ins englischsprachige Ausland geschafft. Ihr jüngster Film, die Adaption des gleichnamigen Romans der Schriftstellerin Daniela Krien, lief im Februar 2023 im Wettbewerb der Berlinale.
Zu viele Geschichten, zu wenig Geschichte
Dass Atefs Film dort leer ausging, hat seine Gründe. Anders als noch ihr Berlinale-Beitrag "3 Tage in Quiberon", der visuell wie erzählerisch und darstellerisch bestach und aus der minimalen Geschichte (Romy Schneiders letztes Interview während eines Kuraufenthalts) ein Maximum herausholte, hantiert Atef diesmal mit zu vielen Erzählfäden, die sie irgendwann fallen lässt, anstatt sie schlüssig zusammenzuführen.
Am sträflichsten vernachlässigt das Drehbuch, das Atef gemeinsam mit der Vorlagengeberin Krien verfasst hat, die historischen Hintergründe. Die Handlung spielt in der Wendezeit zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung, was bei den einen zu Aufbruchsstimmung, bei den anderen zu Verunsicherung und zu einem Wiedersehen lange getrennter Familienteile führt. Was fehlt, sind klar erkennbare Verschränkungen, Auswirkungen und Konsequenzen. Warum alles, was vor sich geht, zwingend mit dem Ende des Ostblocks zu tun hat, wird allenfalls angedeutet, aber nie ersichtlich. So bleibt der historische Hintergrund lediglich Hintergrund und wird dadurch austauschbar. Die Protagonistin hätte ihre Amour fou auch in jedem anderen und völlig x-beliebigen Sommer erleben können.
Eine sinnliche, aber unglaubwürdige Affäre
Womit wir beim größten Schwachpunkt wären: die proklamierte "Liebe" zwischen Marie und Henner. Visuell ist sie – wie die gesamte Sommerlandschaft – von Kameramann Armin Dierolf betörend in Szene gesetzt. In warmes Licht getaucht, ist die Hitze in Dierolfs Bildern förmlich greifbar. Doch so sinnlich und erotisch dieses Drama einer Sommerliebe auch aussehen mag, es wirkt bis zuletzt stets mehr behauptet denn plausibel. Was daran liegt, dass wir als Kinopublikum der von Marlene Burow furchtlos gespielten Protagonistin – ganz im Gegensatz zum Protagonisten aus Fjodor Dostojewskis "Die Brüder Karamasow", dessen Beziehung zu zwei völlig verschiedenen Frauen das Beziehungsgeflecht von Burows Figur spiegelt und aus dem sich Krien den Titel ihres Romans entlehnt hat – nicht in den Kopf schauen können.
Fazit: Die Regisseurin Emily Atef hat den gleichnamigen Roman der Schriftstellerin Daniela Krien verfilmt und daraus ein sinnliches Liebesdrama gemacht. Wie so viele andere deutsche Literaturverfilmungen scheitert aber auch "Irgendwann werden wir uns alles erzählen" daran, die Psychologie der Figuren in eine adäquate filmische Form zu übersetzen. Zu vieles in Atefs Film bleibt behauptet und wirkt dadurch nicht plausibel.
Die in Berlin lebende Deutsch-Französin Emily Atef zählt hierzulande zu den renommiertesten Filmschaffenden. Ihre Dramen "3 Tage in Quiberon" (2018) und "Mehr denn je" (2022) waren bei den großen Festivals zu Gast. Und als Regisseurin zweier Episoden der preisgekrönten Fernsehserie "Killing Eve" (2018–2022) hat es die 1973 geborene Atef inzwischen auch ins englischsprachige Ausland geschafft. Ihr jüngster Film, die Adaption des gleichnamigen Romans der Schriftstellerin Daniela Krien, lief im Februar 2023 im Wettbewerb der Berlinale.
Zu viele Geschichten, zu wenig Geschichte
Dass Atefs Film dort leer ausging, hat seine Gründe. Anders als noch ihr Berlinale-Beitrag "3 Tage in Quiberon", der visuell wie erzählerisch und darstellerisch bestach und aus der minimalen Geschichte (Romy Schneiders letztes Interview während eines Kuraufenthalts) ein Maximum herausholte, hantiert Atef diesmal mit zu vielen Erzählfäden, die sie irgendwann fallen lässt, anstatt sie schlüssig zusammenzuführen.
Am sträflichsten vernachlässigt das Drehbuch, das Atef gemeinsam mit der Vorlagengeberin Krien verfasst hat, die historischen Hintergründe. Die Handlung spielt in der Wendezeit zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung, was bei den einen zu Aufbruchsstimmung, bei den anderen zu Verunsicherung und zu einem Wiedersehen lange getrennter Familienteile führt. Was fehlt, sind klar erkennbare Verschränkungen, Auswirkungen und Konsequenzen. Warum alles, was vor sich geht, zwingend mit dem Ende des Ostblocks zu tun hat, wird allenfalls angedeutet, aber nie ersichtlich. So bleibt der historische Hintergrund lediglich Hintergrund und wird dadurch austauschbar. Die Protagonistin hätte ihre Amour fou auch in jedem anderen und völlig x-beliebigen Sommer erleben können.
Eine sinnliche, aber unglaubwürdige Affäre
Womit wir beim größten Schwachpunkt wären: die proklamierte "Liebe" zwischen Marie und Henner. Visuell ist sie – wie die gesamte Sommerlandschaft – von Kameramann Armin Dierolf betörend in Szene gesetzt. In warmes Licht getaucht, ist die Hitze in Dierolfs Bildern förmlich greifbar. Doch so sinnlich und erotisch dieses Drama einer Sommerliebe auch aussehen mag, es wirkt bis zuletzt stets mehr behauptet denn plausibel. Was daran liegt, dass wir als Kinopublikum der von Marlene Burow furchtlos gespielten Protagonistin – ganz im Gegensatz zum Protagonisten aus Fjodor Dostojewskis "Die Brüder Karamasow", dessen Beziehung zu zwei völlig verschiedenen Frauen das Beziehungsgeflecht von Burows Figur spiegelt und aus dem sich Krien den Titel ihres Romans entlehnt hat – nicht in den Kopf schauen können.
Fazit: Die Regisseurin Emily Atef hat den gleichnamigen Roman der Schriftstellerin Daniela Krien verfilmt und daraus ein sinnliches Liebesdrama gemacht. Wie so viele andere deutsche Literaturverfilmungen scheitert aber auch "Irgendwann werden wir uns alles erzählen" daran, die Psychologie der Figuren in eine adäquate filmische Form zu übersetzen. Zu vieles in Atefs Film bleibt behauptet und wirkt dadurch nicht plausibel.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Irgendwann werden wir uns alles erzählen"
Land: DeutschlandJahr: 2023
Genre: Drama, Historie
Originaltitel: Someday we'll tell each other everything
Länge: 129 Minuten
Kinostart: 13.04.2023
Regie: Emily Atef
Darsteller: Marlene Burow als Maria, Felix Kramer als Henner, Cedric Eich als Johannes, Silke Bodenbender als Marianne, Florian Panzner als Siegfried
Verleih: Pandora Film