My Private Desert (2022)

"My Private Desert" ist vor allem ein Film über eine Reise. Und damit ist nicht zuvorderst Daniels Trip durch den brasilianischen Norden gemeint, sondern eine Reise zu sich selbst. Er muss sich im Laufe des Films mit Fragen der eigenen Identität und Sexualität befassen und hinterfragen, ob das (toxische) Männerbild, das er gelebt hat und ihm als "perfekt" vorschwebt, wirklich seinen innersten Überzeugungen, Sehnsüchten und Neigungen entspricht.

Insofern ist der nüchtern, schlicht und bedächtig erzählte Film auch ein Werk der Gegensätze und Ambivalenz. Eine geschickte Versuchsanordnung, unterschiedliche Lebensentwürfe und -wirklichkeiten gegenüberzustellen. Und zwar auf vielfältigen Ebenen. Und das meint gleichsam den Widerspruch zwischen der Lebensrealität im brasilianischen Süden (kühl, wohlhabender) und der im Norden (tropisch, heiß, bunte und kreative Szenen). Auch diese Erfahrung muss der von Antonio Saboia einnehmend gespielte Daniel machen.

Zudem spielt Regisseur Aly Muritiba, der großen Wert auf Melancholie und eine schwermütige Stimmung legt, mit religiösen Entsprechungen und überhaupt mit Symbolik. Charakteristisch steht dafür ein Kleid, das gewissermaßen als gegenständlicher roter Faden dient und für Daniel eine ganz besondere Bedeutung hat. Und nicht zuletzt ist "My Private Desert" ebenso ein sehr politischer Film, der einen Blick auf das Bolsonaro-Brasilien der letzten Jahre wirft, in dem Hass, Entrechtung und die Diskriminierung der indigenen Bevölkerung, von Frauen, Homosexuellen und Andersdenken an der Tagesordnung waren. Und es leider bis heute sind.

Fazit: Bittersüßes, feinfühlig inszeniertes und politisch Stellung beziehendes Liebes-Drama, das mit erzählerischer Wucht und ungeschliffener Authentizität beeindruckt.