Emergency Declaration (2022)

Es bietet sich geradezu an, Spannungskino in einem Flugzeug spielen zu lassen. Der Handlungsort ist übersichtlich und die Figuren sind an ihn gebunden. Wer oder was auch immer am Abflugort mit in die Maschine steigt, bis zur Landung sind ihm die Passagiere ausgeliefert. Regisseur und Drehbuchautor Jae-rim Han hat sich in seinem fünften abendfüllenden Spielfilm für eine interessante Variante dieser bereits vielfach durchgespielten Ausgangskonstellation entschieden.

"Emergency Declaration" feierte im vergangenen Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes seine Weltpremiere. Dort lief der südkoreanische Thriller außer Konkurrenz. Sein Schöpfer setzt weder auf giftige Kriechtiere ("Snakes on a Plane", 2006) noch auf Entführer ("Non-Stop", 2014) oder blutsaugende Untote ("Blood Red Sky", 2021), sondern auf einen guten alten Terroristen. Doch dieser kommt mit einem fiesen Twist. Er stellt keinerlei Forderungen. Der Tod, den er mit an Bord bringt, schlägt unsichtbar zu.

Erzählerisch hat Han seinen Film in zwei lange, einander abwechselnde Handlungsstränge geteilt. Während eine Gruppe um den Piloten Hyun-soo (Nam-gil Kim), die Chefin des Kabinenpersonals Hee-jin (So-jin Kim) und den Passagier Jae-hyuk (Byung-hun Lee) der Notlage an Bord Herr zu werden versucht, setzen der Polizist In-ho (Kang-ho Song) und die Ministerin Sook-hee (Do-yeon Jeon) am Boden alle Hebel in Bewegung, um die Maschine sicher landen und die Passagiere retten zu können.

Hans Thriller ist ausgezeichnet besetzt und wartet mit Kang-ho Song ("Parasite", "A Taxi Driver", "Snowpiercer") selbst für im koreanischen Kino wenig Bewanderte mit einem prominenten Gesicht auf. Der Auftakt, in dem sich Song als Ermittler atmosphärisch dicht durch eine klaustrophobische Wohnung vortastet und sich die Puzzlestücke in Parallelmontagen langsam zusammenfügen, ist spannend inszeniert. Und auch danach weiß der Filmemacher durch actiongeladene Szenen mitzureißen.

Eine Autoverfolgungsjagd lässt einem den Atem stocken und ein Beinahe-Absturz des Flugzeugs ist so spektakulär umgesetzt, wie man es noch nicht im Kino gesehen hat. Der Gesellschaftskommentar, der augenscheinlich auf die Situation während der Covid-19-Pandemie verweist, wirkt hingegen konstruiert.

So atemberaubend die Stunts auch sein mögen und so atemlos der gesamte Film auch inszeniert ist, erzählerisch geht ihm irgendwann die Luft aus. Mit 141 Minuten ist er deutlich zu lang, was sich besonders zum Ende hin bemerkbar macht. Um die Spannung zu steigern, fügt Han seiner Handlung Wendepunkt um Wendepunkt und schließlich eine finale Kehrtwende an, die zusammengenommen schlicht zu viel des Guten sind.

Fazit: In Südkorea landete "Emergency Declaration" in den Kinocharts ganz vorn. Jae-rim Hans Thriller über einen Terroranschlag auf ein Flugzeug wartet mit atemberaubender Action und atemlosem Tempo auf. Gegen Ende des Films schießt der Regisseur und Drehbuchautor aber über die narrative Landebahn hinaus.