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FBW-Bewertung: Hagen - Im Tal der Nibelungen (2022)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die Nibelungensage hat ihre Ursprünge in antiken Zeiten und über die Jahrhunderte hat es viele verschiedene Fassungen von ihr gegeben. Eine sehr erfolgreiche Neuinterpretation lieferte Wolfgang Hohlbein mit seinem Roman ?Hagen von Troje?, in dem er den Waffenmeister Hagen, der als der Mörder des Drachentöters Siegfried ursprünglich einer der Schurken der Geschichte ist, zu seinem Helden macht. Und dieser ?Neustart? macht es möglich, sich auch filmisch mit dem Mythos zu beschäftigen, ohne sich durch die Tradition des deutschen Heldenepos einschränken zu lassen, in der Vorläufer wie der Stummfilm von Fritz Lang oder Harald Reinls Abenteuerfilm von 1966 standen. Stattdessen ist Philipp Stennert und Cyrill Boss mit HAGEN ? IM TAL DER NIBELUNGEN ein Fantasyfilm gelungen, in dem die uralte Geschichte frisch und mit einer mitreißenden kinetischen Energie erzählt wird.

Vor allem beeindruckt dabei das ?Worldbuilding?, also der Aufbau einer bildgewaltigen, dabei aber auch glaubwürdigen Erzählwelt. Hier arbeiten die verschiedenen Gewerke wie Kostüm, Maske, Ausstattung und Special Effekts vorbildhaft zusammen, und die CGI-Bilder wirken nicht so artifiziell wie in vielen teuren Hollywood-Produktionen der letzten Zeit. So haben die in Brunhilds Eiswelt spielenden Sequenzen die Imposanz einer archaischen Sagenwelt, die eine angemessene Kulisse für das Spiel der mythologisch überhöhten Charaktere bietet.

Schlachtszenen und Zweikämpfe werden mit der explosiven Intensität von guten Actionfilmen inszeniert, während Siegfrieds Drache nur einen sehr kurzen Auftritt hat, denn der Held des Films ist Hagen, der von Gijs Naber so gespielt wird, dass bei ihm von der ersten Szene an die tragische Unausweichlichkeit der Nibelungentreue zu seinem König Gunter spürbar ist. Dominic Marcus Singer spielt den schwachen Monarchen mit einer zögerlichen Passivität, die ihn neben den anderen durchweg heroischen Figuren wie eine Fehlbesetzung erscheinen lassen kann. Dabei entspricht sie genau der Rolle. Der germanische Überheld Siegfried wird von Jannis Niewöhner als ein respektloser Raufbold interpretiert und nicht nur seine coole Frisur erinnert auffällig an Brad Pitt in Rollen wie dem griechischen Helden Achilles. Lilja van der Zwaag und Rosalinde Mynter verkörpern Krimhild und Brunhild als starke Frauenfiguren und dadurch zeigen Stennert und Boss, dass sie hier einen Film produziert haben, der auch genderpolitisch ganz auf der Höhe der Zeit ist.

HAGEN ? IM TAL DER NIBELUNGEN ist ein Fantasy-Epos, das alle Erwartungen, die an das Genre verknüpft sind erfüllt. Dies ist eine deutsche Großproduktion, die den Vergleich mit internationalen Fantasy-Epen nicht zu scheuen braucht, Aber der Film hat mit der Ambiguität des Titelhelden auch ein unerwartete Komplexität und philosophische Tiefe. Auch darum verleiht die Jury dem Film gerne das Prädikat BESONDERS WERTVOLL.



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