Call Jane (2022)

Die Regisseurin Phyllis Nagy, Jahrgang 1962, die das Drehbuch zur Patricia-Highsmith-Adaption "Carol" (2015) verfasst hat, schildert in "Call Jane" auf Basis eines Skripts von Hayley Schore und Roshan Sethi die Situation von Frauen in den ausklingenden Sixties. Es ist eine Phase der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen – doch in den republikanisch geprägten Kreisen, in denen sich die Protagonistin Joy Griffin als Ehe- und Hausfrau sowie Mutter einer Tochter im Teen-Alter bewegt, ist davon bisher nur am Rande zu spüren. Schwangerschaftsabbrüche sind zu jener Zeit in den USA kein Grundrecht – ein Zustand, der nun, im Jahre 2022, durch ein Urteil des US-Supreme-Court erschreckenderweise wieder vorherrscht, wodurch dieses period piece leider hochaktuell ist.

Der Film zeigt, wie Joy durch ihre eigene desolate Lage das Jane-Kollektiv kennenlernt, das ungewollt Schwangeren gegen Bezahlung eine Abtreibung unter hygienischen und sicheren Bedingungen bietet. Jene Gruppe existierte tatsächlich und führte seit Ende der 1960er Jahre bis 1973 circa 11.000 sichere Abtreibungen durch. Wir können in "Call Jane" miterleben, wie die Aktivistinnen das Recht auf den eigenen Körper verteidigen und wie sie sich organisieren. Auch die vielen Schwierigkeiten und Lücken im Vorgehen des Kollektivs werden dabei nicht ausgeblendet, etwa dass die Frauen zunächst immer noch auf einen Mann – den behandelnden Arzt – angewiesen sind und dass sie anfangs lediglich wohlhabenden Betroffenen helfen können. Die Diskussionen innerhalb der Gruppe und der Weg zu Verbesserungen wird spannungsreich eingefangen.

Hauptdarstellerin Elizabeth Banks ("Pitch Perfect") vermittelt die Entwicklung von Joy überaus eindrücklich und wird von einem starken Ensemble unterstützt, aus dem die zuverlässig gute Sigourney Weaver ("Alien") herausragt.

Fazit: Ein extrem relevanter Stoff, souverän erzählt und in Szene gesetzt – obendrein mit großer Empathie gespielt.