Das fliegende Klassenzimmer (2023)
Vierte Verfilmung von Erich Kästners Kinderbuch-Klassiker.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 51 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Martina Thaler (Leni Deschner) ist neu im Alpenstädtchen Kirchberg. Dank eines Stipendiums kann sie sich das dort idyllisch auf einem Berg gelegene Internat leisten. Die trotzige Jo (Lovena Börschmann) wird ihre Zimmergenossin, der mutige Matze (Morten Völlger) und der ängstliche Uli (Wanja Valentin Kube) ihre Zimmernachbarn. Das Johann-Sigismund-Gymnasium drunten im Tal besuchen die Internatsschüler gemeinsam mit den ortsansässigen Kindern, mit denen schon seit Generationen ein Streit schwelt. Die Zwistigkeiten zwischen den Schülern des Internats und den "Externen" setzen sich in Spitzfindigkeiten zwischen dem wohlmeinenden Internatsleiter Justus Bökh (Tom Schilling) und der schusseligen Schuldirektorin Kreuzkamm (Hannah Herzsprung) fort.
Kurz vor den Sommerferien soll traditionell das Theaterstück "Das fliegende Klassenzimmer" aufgeführt werden und die zwei verfeindeten Gruppen durch die gemeinsame Arbeit am Stück miteinander versöhnen. Doch die Anführerin der Externen, Kreuzkamms Tochter Ruda (Franka Roche), boykottiert das Stück. Was schließlich auch einen Aussteiger mit dem Spitznamen "Nichtraucher" (Trystan Pütter), rund um dessen ausrangierten Eisenbahnwaggon Jo & Co. proben, mit in die Chose hineinzieht und ihm ein unverhofftes Wiedersehen mit einem lange vermissten Freund beschert.
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Filmkritik
Kritik 1/2
Entstaubte Neuinterpretation des beliebten Kinderbuch-Klassikers von Erich Kästner über die zerstrittenen Internatsschüler – in unsere heutige Zeit versetzt.
Die hochbegabte, aus Berlin stammende Jugendliche Martina (Leni Deschner) ist überglücklich: Sie erhält ein heiß begehrtes Stipendium für das angesehene Johann-Sigismund-Gymnasium im malerischen Alpenstädtchen Kirchberg. Doch aller Anfang ist schwer. Schon bei ihrer Ankunft machen der kleine Uli (Wanja Valentin Kube), die selbstbewusste Jo (Lovena Börschmann Ziegler) und Boxer Matze (Morten Völlger) unmissverständlich klar, wie die Rangordnung im Internat aussieht: die Internen, also die im Internat lebenden Stadtkinder, und die Externen, die jeden Tag aus dem ländlichen Ort zum Unterricht kommen, sind verfeindet. Und das seit Generationen. Schon Internatsleiter Justus Bökh (Tom Schilling) hat diese Feindschaft in seiner eigenen Schulzeit erlebt. Und dann lernen Martina und ihre Freunde auch noch einen mysteriösen Fremden (Trystan Pütter) kennen, der als Aussiedler in einem Eisenbahnwaggon lebt und dem sie den Spitznamen Nichtraucher geben. Obwohl Martina versucht, niemandem in die Quere zu kommen, eskaliert nach einem Theaterstück zum Abschluss des Schuljahres die Situation.
Modernisierungen an den richtigen Stellen
90 Jahre ist der Romanklassiker von Erich Kästner bereits alt. Hierbei handelt es sich um die vierte Verfilmung von Kästners vielleicht berühmtestem Werk. Regisseurin Carolina Hellsgård und ihr Drehbuchautor Gerrit Hermans halten sich im Großen und Ganzen sowie im Kern der Handlung an die literarische Vorlage. Einige Modernisierungen haben sie dennoch vorgenommen und diese bringen frischen Wind in das idyllisch gelegene Alpeninternat.
So besteht die Freundesclique mittlerweile aus nur noch vier Jugendlichen: zwei Mädchen und zwei Jungs. Bei Kästner und in den ersten Verfilmungen drehte sich noch alles um den Internatsschüler Martin Thaler und seine vier Freunde. Der höhere Mädels- und Frauenanteil ebenso wie kleinere Anpassungen bei einigen Charakteren, etwa bei einer von Hannah Herzsprung gespielten Lehrerin, tun dem Film gut.
Gegenwärtige Themen, allgemeingültige Botschaften
Der Kernkonflikt der Externen gegen die Internen ist nach wie vor der Altbekannte. Auch die übrigen Botschaften und Inhalte kennt man "von früher". Was nicht weiter schlimm ist, garnierte Kästner sein 1933 erschienenes Werk doch mit allgemeingültigen, nicht an irgendwelche Orte und Zeiten gebundenen Themen und Fragen, die mehr denn je auch in unsere Zeit passen. Es geht um Freundschaft, den Wunsch nach Zugehörigkeit und den Kampf um Anerkennung. Außerdem um das Mit- und Nebeneinander gegensätzlicher Gruppierungen mit widerstreitenden Ansichten und unterschiedlicher Sozialisation. Und nicht zuletzt um Armut und das Aufwachsen in prekären Verhältnissen. Exemplarisch für Letzteres steht Martina, die ihrer unglücklichen Kindheit in der Enge der Berliner Gropiusstadt zu entkommen versucht. Negativ fallen vor allem zwei Aspekte auf: Das titelgebende Theaterstück wird zum Lückenfüller degradiert und spielt eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Und die eigentlich seit vielen Jahren bestehenden, festgefahrenen Streitigkeiten zwischen Externen und Internen lösen sich am Ende derart schnell und plötzlich auf, dass man nach der Glaubwürdigkeit und Plausibilität dieser Drehbuchentscheidung fragen muss. Die Verhaltensweisen und Meinungen der jungen Hauptfiguren ändern sich ohnehin auffallend oft und auffallend beliebig. Fast nach Belieben, so scheint es.
Fazit: Modernisierte, mit Esprit und gelungenen Einfällen umgesetzte Neuinterpretation eines Klassikers mit wichtigen Botschaften. Nicht alle Handlungen und Ansichten der Figuren aber sind nachvollziehbar und schlüssig.
Bewertung: 3/5 Sternen - Kritiker: Björn Schneider
Kritik 2/2 "Das fliegende Klassenzimmer": Aller guten Dinge sind vier?
Erich Kästner (1899–1974) ist immer für eine Verfilmung gut. Erst vor Kurzem verhunzte etwa Dominik Graf mit seiner Adaption "Fabian oder Der Gang vor die Hunde" den besten Roman des deutschen Schriftstellers, der in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor vornehmlich als Kinderbuchautor gilt.
Titel wie "Emil und die Detektive" (1929), "Pünktchen und Anton" (1931) oder "Das doppelte Lottchen" (1949) dürfen in keiner gut sortierten Bibliothek fehlen. Ihre Adaptionen, allen voran die des letztgenannten Werks, erfreuen sich auch international ungebrochener Beliebtheit. Als "The Parent Trap", also als "Eltern-Falle", schaffte es das "Doppelte Lottchen" 1961 und 1998 beispielsweise bis nach Hollywood. Kästners 1933 erstveröffentlichtem Roman "Das fliegende Klassenzimmer" wurde diese Ehre bislang noch nicht zuteil. Die jüngste Verfilmung ist aber immerhin auch schon die vierte.
Alle 20 bis 30 Jahre wieder: Neue Version für eine neue Generation?
Fast scheint es so, als bräuchte jede Generation ihre eigene Version von Kästners zeitloser Geschichte über Freundschaft, Mitgefühl und Güte. Los ging es 1954, als Regisseur Kurt Hoffmann (1910–2001; "Quax, der Bruchpilot", "Das Wirtshaus im Spessart") Kästners Vorlage erstmals und bis heute am originalgetreusten für die große Leinwand umsetzte. Kästner selbst verfasste damals das Drehbuch und taucht im fertigen Film in doppelter Rolle auf. Der für die "Lümmel von der ersten Bank"-Komödien bekannte Werner Jacobs (1909–1999) legte 1973 eine Version nach, die die Handlung vom Winter in den Sommer und ins Jahr seiner Entstehung verlegte. Tommy Wigands Version aus dem Jahr 2003 versetzte die Handlung zurück in die Adventszeit, dafür aber auch nach Leipzig rund um den Thomanerchor. Was die Veränderungen anbelangt, wich aber noch keine Adaption so weit von der Vorlage ab wie die neueste.
Waren die ersten drei Verfilmungen fast ausschließlich Männersache, sind unter Regie von Carolina Hellsgård ("Endzeit", "Sunburned") nun auch jede Menge weibliche Figuren mit von der Partie. Aus Martin wird Martina Thaler, aus dem introvertierten "Johnny" Trotz die extrovertierte und trotzige Jo, aus dem befreundeten Rudi Kreuzkamm die verfeindete Ruda, da in dieser Version der generationenübergreifende Streit nicht zwischen Gymnasiasten und Realschülern, sondern zwischen "internen" und "externen" Schülern ein und desselben Gymnasiums schwelt, und aus Rudis Vater, dem Deutschlehrer Professor Kreuzkamm, eine Mutter, die obendrein auch noch zur Schuldirektorin erkoren wird. Auch Hauslehrer Dr. Bökh erhält eine Beförderung und wird zum Internatsleiter. Im Roman von seinen Schülern liebevoll auf den Spitznamen "Justus" (lateinisch für: der Gerechte) getauft, wird er im Film von Jo als "unglücklicher Spießer" bezeichnet und muss sich das Vertrauen seiner Schüler erst noch verdienen.
Was fehlt? Feingefühl und Besinnlichkeit
Der diverse und in seiner Diversität längst überfällige Cast steht dem Film gut zu Gesicht, Entscheidungen wie letztgenannte, aus einer der gelungensten Figuren der Vorlage eine zu machen, die ihre Entwicklung erst noch durchmachen muss, tun es nicht. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Beziehung zwischen Internatsleiter Bökh und seinem alten Freund, dem "Nichtraucher". Ist deren Wiedersehen im Roman von grundehrlicher Herzlichkeit geprägt, fällt es im Skript von Drehbuchautor Gerrit Hermans ("Hilfe, ich habe meine Lehrerin geschrumpft") mehr als reserviert aus. Auch in diesem Fall muss Vertrauen erst wieder hergestellt werden. Zur Romanvorlage passt all das nicht.
Kästners Vorlage zeichnet gleich mehrere Dinge aus. Zum einen, dass sich die Leser in die Sorgen und Nöte der Schüler und Erwachsenen jederzeit hineinversetzen können, so weit voneinander entfernt und so fern der Lebensrealität der Leser diese auch sein mögen. Zum anderen, dass nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder ein feines Gespür für diese Sorgen und Nöte auszeichnet und sie diesen stets mit Mitgefühl und Güte begegnen. Dieses Feingefühl geht der Verfilmung ab. Was nicht zuletzt – es mag banal klingen – an der Jahreszeit liegt. Dass Dreharbeiten im Sommer angenehmer und vermutlich auch kostengünstiger sind, ist nachvollziehbar. Die Stimmung kurz vor den großen Ferien ist aber eine andere als die zur Weihnachtszeit. Und so fehlt es dieser Adaption neben einem Gespür für die feinen Zwischentöne in erster Linie an Besinnlichkeit.
Fazit: Carolina Hellsgård hat Erich Kästners Kinderbuchklassiker adaptiert und daraus einen wunderschön fotografierten Film über Freundschaft und Zusammenhalt gemacht. Der Cast ist divers, das Setting zeitgemäß. An das Feingefühl, die Besinnlichkeit und die Klasse manch vorangegangener Adaption, vor allem aber der Romanvorlage reicht diese Version allerdings nicht heran.
Entstaubte Neuinterpretation des beliebten Kinderbuch-Klassikers von Erich Kästner über die zerstrittenen Internatsschüler – in unsere heutige Zeit versetzt.
Die hochbegabte, aus Berlin stammende Jugendliche Martina (Leni Deschner) ist überglücklich: Sie erhält ein heiß begehrtes Stipendium für das angesehene Johann-Sigismund-Gymnasium im malerischen Alpenstädtchen Kirchberg. Doch aller Anfang ist schwer. Schon bei ihrer Ankunft machen der kleine Uli (Wanja Valentin Kube), die selbstbewusste Jo (Lovena Börschmann Ziegler) und Boxer Matze (Morten Völlger) unmissverständlich klar, wie die Rangordnung im Internat aussieht: die Internen, also die im Internat lebenden Stadtkinder, und die Externen, die jeden Tag aus dem ländlichen Ort zum Unterricht kommen, sind verfeindet. Und das seit Generationen. Schon Internatsleiter Justus Bökh (Tom Schilling) hat diese Feindschaft in seiner eigenen Schulzeit erlebt. Und dann lernen Martina und ihre Freunde auch noch einen mysteriösen Fremden (Trystan Pütter) kennen, der als Aussiedler in einem Eisenbahnwaggon lebt und dem sie den Spitznamen Nichtraucher geben. Obwohl Martina versucht, niemandem in die Quere zu kommen, eskaliert nach einem Theaterstück zum Abschluss des Schuljahres die Situation.
Modernisierungen an den richtigen Stellen
90 Jahre ist der Romanklassiker von Erich Kästner bereits alt. Hierbei handelt es sich um die vierte Verfilmung von Kästners vielleicht berühmtestem Werk. Regisseurin Carolina Hellsgård und ihr Drehbuchautor Gerrit Hermans halten sich im Großen und Ganzen sowie im Kern der Handlung an die literarische Vorlage. Einige Modernisierungen haben sie dennoch vorgenommen und diese bringen frischen Wind in das idyllisch gelegene Alpeninternat.
So besteht die Freundesclique mittlerweile aus nur noch vier Jugendlichen: zwei Mädchen und zwei Jungs. Bei Kästner und in den ersten Verfilmungen drehte sich noch alles um den Internatsschüler Martin Thaler und seine vier Freunde. Der höhere Mädels- und Frauenanteil ebenso wie kleinere Anpassungen bei einigen Charakteren, etwa bei einer von Hannah Herzsprung gespielten Lehrerin, tun dem Film gut.
Gegenwärtige Themen, allgemeingültige Botschaften
Der Kernkonflikt der Externen gegen die Internen ist nach wie vor der Altbekannte. Auch die übrigen Botschaften und Inhalte kennt man "von früher". Was nicht weiter schlimm ist, garnierte Kästner sein 1933 erschienenes Werk doch mit allgemeingültigen, nicht an irgendwelche Orte und Zeiten gebundenen Themen und Fragen, die mehr denn je auch in unsere Zeit passen. Es geht um Freundschaft, den Wunsch nach Zugehörigkeit und den Kampf um Anerkennung. Außerdem um das Mit- und Nebeneinander gegensätzlicher Gruppierungen mit widerstreitenden Ansichten und unterschiedlicher Sozialisation. Und nicht zuletzt um Armut und das Aufwachsen in prekären Verhältnissen. Exemplarisch für Letzteres steht Martina, die ihrer unglücklichen Kindheit in der Enge der Berliner Gropiusstadt zu entkommen versucht. Negativ fallen vor allem zwei Aspekte auf: Das titelgebende Theaterstück wird zum Lückenfüller degradiert und spielt eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Und die eigentlich seit vielen Jahren bestehenden, festgefahrenen Streitigkeiten zwischen Externen und Internen lösen sich am Ende derart schnell und plötzlich auf, dass man nach der Glaubwürdigkeit und Plausibilität dieser Drehbuchentscheidung fragen muss. Die Verhaltensweisen und Meinungen der jungen Hauptfiguren ändern sich ohnehin auffallend oft und auffallend beliebig. Fast nach Belieben, so scheint es.
Fazit: Modernisierte, mit Esprit und gelungenen Einfällen umgesetzte Neuinterpretation eines Klassikers mit wichtigen Botschaften. Nicht alle Handlungen und Ansichten der Figuren aber sind nachvollziehbar und schlüssig.
Bewertung: 3/5 Sternen - Kritiker: Björn Schneider
Kritik 2/2 "Das fliegende Klassenzimmer": Aller guten Dinge sind vier?
Erich Kästner (1899–1974) ist immer für eine Verfilmung gut. Erst vor Kurzem verhunzte etwa Dominik Graf mit seiner Adaption "Fabian oder Der Gang vor die Hunde" den besten Roman des deutschen Schriftstellers, der in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor vornehmlich als Kinderbuchautor gilt.
Titel wie "Emil und die Detektive" (1929), "Pünktchen und Anton" (1931) oder "Das doppelte Lottchen" (1949) dürfen in keiner gut sortierten Bibliothek fehlen. Ihre Adaptionen, allen voran die des letztgenannten Werks, erfreuen sich auch international ungebrochener Beliebtheit. Als "The Parent Trap", also als "Eltern-Falle", schaffte es das "Doppelte Lottchen" 1961 und 1998 beispielsweise bis nach Hollywood. Kästners 1933 erstveröffentlichtem Roman "Das fliegende Klassenzimmer" wurde diese Ehre bislang noch nicht zuteil. Die jüngste Verfilmung ist aber immerhin auch schon die vierte.
Alle 20 bis 30 Jahre wieder: Neue Version für eine neue Generation?
Fast scheint es so, als bräuchte jede Generation ihre eigene Version von Kästners zeitloser Geschichte über Freundschaft, Mitgefühl und Güte. Los ging es 1954, als Regisseur Kurt Hoffmann (1910–2001; "Quax, der Bruchpilot", "Das Wirtshaus im Spessart") Kästners Vorlage erstmals und bis heute am originalgetreusten für die große Leinwand umsetzte. Kästner selbst verfasste damals das Drehbuch und taucht im fertigen Film in doppelter Rolle auf. Der für die "Lümmel von der ersten Bank"-Komödien bekannte Werner Jacobs (1909–1999) legte 1973 eine Version nach, die die Handlung vom Winter in den Sommer und ins Jahr seiner Entstehung verlegte. Tommy Wigands Version aus dem Jahr 2003 versetzte die Handlung zurück in die Adventszeit, dafür aber auch nach Leipzig rund um den Thomanerchor. Was die Veränderungen anbelangt, wich aber noch keine Adaption so weit von der Vorlage ab wie die neueste.
Waren die ersten drei Verfilmungen fast ausschließlich Männersache, sind unter Regie von Carolina Hellsgård ("Endzeit", "Sunburned") nun auch jede Menge weibliche Figuren mit von der Partie. Aus Martin wird Martina Thaler, aus dem introvertierten "Johnny" Trotz die extrovertierte und trotzige Jo, aus dem befreundeten Rudi Kreuzkamm die verfeindete Ruda, da in dieser Version der generationenübergreifende Streit nicht zwischen Gymnasiasten und Realschülern, sondern zwischen "internen" und "externen" Schülern ein und desselben Gymnasiums schwelt, und aus Rudis Vater, dem Deutschlehrer Professor Kreuzkamm, eine Mutter, die obendrein auch noch zur Schuldirektorin erkoren wird. Auch Hauslehrer Dr. Bökh erhält eine Beförderung und wird zum Internatsleiter. Im Roman von seinen Schülern liebevoll auf den Spitznamen "Justus" (lateinisch für: der Gerechte) getauft, wird er im Film von Jo als "unglücklicher Spießer" bezeichnet und muss sich das Vertrauen seiner Schüler erst noch verdienen.
Was fehlt? Feingefühl und Besinnlichkeit
Der diverse und in seiner Diversität längst überfällige Cast steht dem Film gut zu Gesicht, Entscheidungen wie letztgenannte, aus einer der gelungensten Figuren der Vorlage eine zu machen, die ihre Entwicklung erst noch durchmachen muss, tun es nicht. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Beziehung zwischen Internatsleiter Bökh und seinem alten Freund, dem "Nichtraucher". Ist deren Wiedersehen im Roman von grundehrlicher Herzlichkeit geprägt, fällt es im Skript von Drehbuchautor Gerrit Hermans ("Hilfe, ich habe meine Lehrerin geschrumpft") mehr als reserviert aus. Auch in diesem Fall muss Vertrauen erst wieder hergestellt werden. Zur Romanvorlage passt all das nicht.
Kästners Vorlage zeichnet gleich mehrere Dinge aus. Zum einen, dass sich die Leser in die Sorgen und Nöte der Schüler und Erwachsenen jederzeit hineinversetzen können, so weit voneinander entfernt und so fern der Lebensrealität der Leser diese auch sein mögen. Zum anderen, dass nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder ein feines Gespür für diese Sorgen und Nöte auszeichnet und sie diesen stets mit Mitgefühl und Güte begegnen. Dieses Feingefühl geht der Verfilmung ab. Was nicht zuletzt – es mag banal klingen – an der Jahreszeit liegt. Dass Dreharbeiten im Sommer angenehmer und vermutlich auch kostengünstiger sind, ist nachvollziehbar. Die Stimmung kurz vor den großen Ferien ist aber eine andere als die zur Weihnachtszeit. Und so fehlt es dieser Adaption neben einem Gespür für die feinen Zwischentöne in erster Linie an Besinnlichkeit.
Fazit: Carolina Hellsgård hat Erich Kästners Kinderbuchklassiker adaptiert und daraus einen wunderschön fotografierten Film über Freundschaft und Zusammenhalt gemacht. Der Cast ist divers, das Setting zeitgemäß. An das Feingefühl, die Besinnlichkeit und die Klasse manch vorangegangener Adaption, vor allem aber der Romanvorlage reicht diese Version allerdings nicht heran.
Falk Straub
FBW-Bewertung zu "Das fliegende Klassenzimmer"Jurybegründung anzeigen
Dies ist bereits die vierte Verfilmung des Kinderbuchklassikers von Erich Kästner. Das verwundert nicht, denn schließlich werden bereits in der literarischen Vorlage Themen wie Bullying, soziales Gefälle, Aggressionen zwischen Cliquen, [...mehr]TrailerAlle "Das fliegende Klassenzimmer"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Das fliegende Klassenzimmer"
Land: DeutschlandJahr: 2023
Genre: Abenteuer, Kinderfilm
Länge: 86 Minuten
Kinostart: 12.10.2023
Regie: Carolina Hellsgård
Darsteller: Jördis Triebel als Mutter, Tom Schilling als Justus Bökh, Hannah Herzsprung als Schuldirektorin Kreuzkamm, Trystan Wyn Puetter als Nichtraucher, David Bredin als Herr Rothe
Kamera: Moritz Anton
Verleih: Leonine Distribution