Wet Sand (2021)
Absurde Außenseiterbande: georgisches Drama über die Gefahren der Liebe, die nicht überall frei ist.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Als der alte Außenseiter Eliko (Tengo Javakhadze) erhängt in seinem Haus gefunden wird, gerät ein in Konventionen erstarrtes Fischerdorf in Georgien in Bewegung. Elikos Enkelin Moe (Bebe Sesitashvili) reist aus der Stadt an, um ihren Großvater zu beerdigen. Sie kommt im Strandcafé von Amnon (Gia Agumava) unter und dessen Bedienung Fleshka (Megi Kobaladze) näher. Doch nicht alle Dorfbewohner heißen sie willkommen, und die Bestattung gestaltet sich schwieriger als gedacht.
Weil Eliko nicht religiös war, wird er nicht auf, sondern neben dem Friedhof und ohne Priester beerdigt. Als Moe zudem herausfindet, dass ihr Großvater eine langjährige Liebesbeziehung mit Amnon führte und diese Information ungewollt an die Öffentlichkeit dringt, spitzt sich die Lage dramatisch zu.
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Filmkritik
Das Jahr 2022 geht zu Ende, Zeit für ein erstes Fazit: Mit die besten Filme kamen in diesem Jahr aus Georgien. Im April entführte uns der in Berlin lebende Regisseur Alexandre Koberidze in seinem modernen Märchen "Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen?" in Georgiens drittgrößte Stadt Kutaissi. Ende November blickt die in Bern lebende Regisseurin Elene Naveriani in ihrem queeren Drama "Wet Sand" auf ein Fischerdorf am Schwarzen Meer. Koberidze und Naveriani inszenieren ganz unterschiedlich, beide aber sehr eigenwillig.
Was ihre Erzählweisen verbindet, ist die Gelassenheit. Auch bei Naveriani, die das Drehbuch gemeinsam mit ihrem älteren Bruder Sandro nach dessen Grundidee entwickelt hat, entfaltet sich die Handlung gemächlich. Die exakt in der Kadrage platzierten Figuren lassen sich Zeit, bewegen sich langsam, reden nicht viel. Dazwischen Aufnahmen vom Meer, dessen beständiges Rauschen den Hintergrundsound beisteuert. Die Zeit scheint stillzustehen. Die Menschen sind in ihren Konventionen erstarrt. Wer von der Norm abweicht wie der Cafébesitzer Amnon (großartig und preisgekrönt: Gia Agumava) und dessen Bedienung Fleshka (Megi Kobaladze), versteckt sein Abweichen entweder oder erträgt die herablassenden Kommentare.
In diese hermetische Welt dringt Moe (Bebe Sesitashvili) wie ein Fremdkörper ein. Bereits ihr Äußeres ist für rechtskonservative Rüpel eine Provokation. Was danach geschieht und immer absurdere Züge annimmt, könnte auch einem Film von Emir Kusturica entnommen sein. Die Figuren erinnern in ihrer Melancholie und Lakonie hingegen an Aki Kaurismäki; ebenso die aufs Nötigste reduzierte, aber sehr präzise Inszenierung.
Am Ende ist "Wet Sand" aber ein eigenständiges, eigensinniges und dringliches Werk. Eine lakonische, elliptische und mit Mut zur Künstlichkeit in Szene gesetzte Ode an die Abweichung. Wie langweilig, bleiern, grausam und furchtbar wäre eine Welt, in der alle den Konventionen folgten?! Elene Naverianis Welt ist frisch und frech und ungestüm. Möglich machte dies auch Geld aus der Schweiz. In Georgien hätte ein Film mit diesem Thema keine Finanzierung erhalten. "Es ist zu problematisch und wäre zensiert worden", sagt die Regisseurin. Umso wichtiger und schöner ist es, dass es Naverianis kleine Außenseiterbande, von einem Ensemble aus Profis und Laien wundervoll verkörpert, auf die große Leinwand geschafft hat.
Fazit: In ihrem zweiten abendfüllenden Spielfilm erinnert uns die in der Schweiz lebende Elene Naveriani daran, dass die Liebe nicht überall auf der Welt frei ist. Dafür ist sie in ihr Heimatland Georgien gereist und hat von dessen Schwarzmeerküste ein queeres Drama mit zurückgebracht. "Wet Sand" ist eine elliptisch erzählte, reduziert inszenierte und großartig gespielte Ode an die Abweichung. Ein absurder, lakonischer, melancholischer, am Ende aber hoffnungsvoller Film – und garantiert einer der eigenwilligsten des Jahres.
Was ihre Erzählweisen verbindet, ist die Gelassenheit. Auch bei Naveriani, die das Drehbuch gemeinsam mit ihrem älteren Bruder Sandro nach dessen Grundidee entwickelt hat, entfaltet sich die Handlung gemächlich. Die exakt in der Kadrage platzierten Figuren lassen sich Zeit, bewegen sich langsam, reden nicht viel. Dazwischen Aufnahmen vom Meer, dessen beständiges Rauschen den Hintergrundsound beisteuert. Die Zeit scheint stillzustehen. Die Menschen sind in ihren Konventionen erstarrt. Wer von der Norm abweicht wie der Cafébesitzer Amnon (großartig und preisgekrönt: Gia Agumava) und dessen Bedienung Fleshka (Megi Kobaladze), versteckt sein Abweichen entweder oder erträgt die herablassenden Kommentare.
In diese hermetische Welt dringt Moe (Bebe Sesitashvili) wie ein Fremdkörper ein. Bereits ihr Äußeres ist für rechtskonservative Rüpel eine Provokation. Was danach geschieht und immer absurdere Züge annimmt, könnte auch einem Film von Emir Kusturica entnommen sein. Die Figuren erinnern in ihrer Melancholie und Lakonie hingegen an Aki Kaurismäki; ebenso die aufs Nötigste reduzierte, aber sehr präzise Inszenierung.
Am Ende ist "Wet Sand" aber ein eigenständiges, eigensinniges und dringliches Werk. Eine lakonische, elliptische und mit Mut zur Künstlichkeit in Szene gesetzte Ode an die Abweichung. Wie langweilig, bleiern, grausam und furchtbar wäre eine Welt, in der alle den Konventionen folgten?! Elene Naverianis Welt ist frisch und frech und ungestüm. Möglich machte dies auch Geld aus der Schweiz. In Georgien hätte ein Film mit diesem Thema keine Finanzierung erhalten. "Es ist zu problematisch und wäre zensiert worden", sagt die Regisseurin. Umso wichtiger und schöner ist es, dass es Naverianis kleine Außenseiterbande, von einem Ensemble aus Profis und Laien wundervoll verkörpert, auf die große Leinwand geschafft hat.
Fazit: In ihrem zweiten abendfüllenden Spielfilm erinnert uns die in der Schweiz lebende Elene Naveriani daran, dass die Liebe nicht überall auf der Welt frei ist. Dafür ist sie in ihr Heimatland Georgien gereist und hat von dessen Schwarzmeerküste ein queeres Drama mit zurückgebracht. "Wet Sand" ist eine elliptisch erzählte, reduziert inszenierte und großartig gespielte Ode an die Abweichung. Ein absurder, lakonischer, melancholischer, am Ende aber hoffnungsvoller Film – und garantiert einer der eigenwilligsten des Jahres.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Wet Sand"
Land: Georgien, SchweizJahr: 2021
Genre: Drama
Länge: 115 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 24.11.2022
Regie: Elene Naveriani
Darsteller: Gia Agumava als Amnon, Eka Chavleishvili als Neli, Zaal Goguadze als Dato, Kakha Kobaladze als Spero, Megi Kobaladze als Fleshka
Kamera: Agnesh Pakozdi
Verleih: Salzgeber & Co. Medien GmbH
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