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FBW-Bewertung: The Magic Flute - Das Vermächtnis der Zauberflöte (2022)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Konzerte, Trickfilme, Bücher: Seit Jahrzehnten gehört die ?Zauberflöte? zum Klassikrepertoire für Kinder und Jugendliche. Zugegeben, Mozarts fantasievoller Zweiakter ist für sie auch wie geschaffen. Was liegt also naheliegender als die Zauberflöte als Langfilm für ein jüngeres Publikum auf die Leinwand zu bringen? Das dachte sich vermutlich auch Florian Sigl und hat sich damit gleich an einen veritablen Fantasy-Blockbuster gewagt ? oder zumindest an einen Fantasyfilm mit Blockbuster-Anleihen.

THE MAGIC FLUTE ? DAS VERMÄCHTNIS DER ZAUBERFLÖTE ? der Titel verrät Einiges über den Film. Offensichtlich für den internationalen Markt gemacht, geht es im Film um so etwas wie die Weiterführung des Mozart?schen Motivs: Der letzte Wunsch seines verstorbenen Vaters führt den 17-jährigen Tim nach Österreich. Ein fiktives Mozart-Internat soll ihn auf seine musikalische Karriere vorbereiten. Dort trifft er nicht nur auf Freunde, sondern auch auf ein magisches Portal, das ihn in zum Prinz Tamino in der Welt von Mozarts ?Zauberflöte? macht.

Die Kombination von Internat und Magie ist natürlich nicht neu, funktioniert aber noch immer, wenn auch in diesem Fall mit ein paar Einschränkungen: Sigls Rahmenhandlung innerhalb der Internatsmauern wirkt für die Jury stellenweise leider etwas zu monoton. Die Jury begreift natürlich, dass es einer gewissen Fallhöhe bedarf, um die Handlung in der Zauberflötenwelt als wahres Highlight zu kennzeichnen. Vielleicht, so die Vermutung der Jury, hätten dem Film ein wenig mehr Spannung und dafür ein bisschen weniger klassische Erzähldramaturgie gut gestanden und so dem Zielpublikum die Rezeption des Klassikerthemas erleichtern können.

Ein wenig Spannung verspricht definitiv die filmische Einarbeitung der Freimaurerei, der Mozart bekannter Weise anhing, mitsamt Ethik und Zahlenmystik. Richtig in Fahrt kommt THE MAGIC FLUTE ? DAS VERMÄCHTNIS DER ZAUBERFLÖTE allerdings erst, wenn der Film Tim ins Reich der Zauberflöte folgt. Hier entführen Sigl und sein Team mit viel Sinnlichkeit in die Opernwelt, hier funktioniert die Erzählung und hier macht sich vermutlich auch Roland Emmerichs Funktion als Produzent bemerkbar, der mit seinem Special-Effects-Team für einen Lindwurm der Extraklasse gesorgt hat. Das CGI-Riesentier hätte Auftritte in einem Sci-Fi- oder Horrorfilm haben können und erklärt auch einem jüngeren Publikum eindrucksvoll, warum Prinz Tamino bei dessen Erscheinen in Ohnmacht fällt. Überhaupt scheint viel in Setting, Kamera sowie in die Postproduktion investiert worden zu sein, so dass sich THE MAGIC FLUTE für eine deutsche Produktion überaus anspruchsvoll wie auch ansprechend zu präsentieren weiß.

Die Jury hat das Crossover aus Klassik und Moderne, aus Film und Oper angesprochen. Das Konzept, mit dem Film auch ein jüngeres Publikum an die Welt der Oper zu führen, wird, so ihre Vermutung, aufgehen. Herkömmliche Theater- und Opernaufführungen gehören bekanntermaßen kaum noch zum kulturellen Mindset einer durchschnittlichen jüngeren Bevölkerung. Der Film weiß diese Zielgruppe zu adressieren. Die Dramaturgie des Atmosphärischen stimmt, das Set-Design ist ungewöhnlich hochwertig und der Cast über alle Zweifel erhaben. Jack Wolfe als Tim bzw. Tamino hat sicherlich das Zeug zum Teenie-Star, der aus GAME OF THRONES bekannte Waliser Iwan Rheon spielt einen herrlich unbeholfenen Papageno und F. Murray Abraham als Internatsleiter präsentiert sich mit der ganzen Palette seines Könnens. Dass, wie sich im Abspann zeigt, alle Schauspieler ihren Part auch selber singen, ist absolut lobend hervorzuheben, doch einzelne Gesangsparts sah die Jury auch ein wenig kritisch. Gegen die wirklich herausragenden Stimmen von Sabine Devieilhes (Königin der Nacht) oder Morris Robinsons (Sarastro) fallen einige Nebenrollen doch etwas ab.

Nach reichlich Diskussion und in Abwägung aller Argumente hinsichtlich Relevanz, Dramaturgie und Umsetzung freut sich die Jury, dem Film THE MAGIC FLUTE ? DAS VERMÄCHTNIS DER ZAUBERFLÖTE das Prädikat WERTVOLL zu verleihen.



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