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Grand Jeté (2022)

Mutige Muskelspiele: deutsches Drama von Isabelle Stever, basierend auf Anke Stellings Roman "Fürsorge".Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4.7 / 5

Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 7 Besucher eine Bewertung abgegeben.


Nadja (Sarah Nevada Grether) arbeitet als Ballettlehrerin in der Stadt. Ihr Sohn Mario (Emil von Schönfels) ist bei seiner Großmutter Hanne (Susanne Bredehöft) in der Vorstadt in Nadjas altem Kinderzimmer aufgewachsen. Mutter und Sohn sind einander fremd, weil Nadja ihre Karriere als Tänzerin verfolgte, anstatt Mario großzuziehen. An Hannes Geburtstag sehen sie sich erstmals wieder und sind voneinander angezogen. Schnell wird aus der anfänglichen Faszination mehr. Nadjas und Marios Umfeld nimmt die unerhörte Annäherung von Mutter und Sohn einfach hin.

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse3 / 5

Dass Isabelle Stever ("Das Wetter in geschlossenen Räumen") keinen handelsüblichen deutschen Problemfilm gedreht hat, macht die Regisseurin von der ersten Einstellung an klar. Ihre von der amerikanischen Schauspielerin, Tänzerin und Choreografin Sarah Nevada Grether mit sprödem Charme verkörperte Protagonistin bewegt sich im schmalen 1,50:1-Format durch Einstellungsgrößen, die kaum Überblick gewähren. Oft ist sie nur von hinten zu sehen, Orte und Räume werden nicht eingeführt, und die Bildhintergründe verschwimmen in der Unschärfe. Stattdessen nimmt die Kamera Körperpartien in den Blick: blutige Füße, Ekzeme am Hals und immer wieder Muskeln. Diese formalen Muskelspiele spiegeln ein inhaltliches Motiv.

Die zwei Hauptfiguren in Stevers Drama definieren sich über ihre Körper. Für die Tänzerin Nadja ist er Beruf und Bürde zugleich. Die körperliche Belastung, der Ballerinas ausgesetzt sind, gibt sie unerbittlich an ihre Eleven weiter, denen sie buchstäblich im Nacken sitzt. Nadjas Sohn Mario hingegen packt seinen Körperkult positiv an. Die Arbeit am perfekten Body macht ihm Spaß, das allabendlich Einölen vor dem Badezimmerspiegel gerät zum lustvollen Ritual. Dass diese zwei Körpermenschen einander anziehen und schließlich auch miteinander ins Bett gehen, scheint nur folgerichtig.

Dass Unerhörte an Stevers Drama ist nicht der Inzest an sich, sondern dessen Beiläufigkeit, die beinahe einer Selbstverständlichkeit gleichkommt. Mutter und Sohn machen ihn nicht zum Thema, aber auch deren persönliches Umfeld nimmt den Inzest scheinbar gleichgültig hin. In diese Ausgangsidee, "eine moralische Grenzüberschreitung unkommentiert stehen zu lassen" (Stever) sind Jahre des Nachdenkens geflossen. Das erste Treatment zum Film ist bereits 16 Jahre alt. Auf diesem aufbauend verfasste die Schriftstellerin Anke Stelling ein Exposé, aus dem später ihr Roman "Fürsorge" (2017) erwuchs. Stellings Roman hat nun wiederum Anna Melikova zu einem Drehbuch verarbeitet.

Herausgekommen ist ein Film, der sein Publikum herausfordert. Das Thema wird nicht jedem zusagen. Und auch die kühnen, fürs deutsche Kino ungewohnt expliziten Sexszenen dürften viele vor den Kopf stoßen. Doch Film ist mehr als leichte Unterhaltung, bei der man das Hirn ausschalten kann. "Grand Jeté" ist zwar nicht der ganz großer Sprung – dafür bleibt zu vieles zu vage, zu bruchstückhaft und offen; dafür irritiert zu vieles wie beispielsweise Sarah Nevada Grethers Akzent, der einen wiederholt aus der filmischen Illusion reißt –, aber ein Drama, das die grauen Zellen in Schwung bringen wird. Garantiert!

Fazit: "Grand Jeté" basiert auf Anke Stellings Roman "Fürsorge", der wiederum auf einem Exposé beruht, das die Regisseurin Isabelle Stever bei Stelling in Auftrag gegeben hatte. Nun hat Stever Stellings Roman verfilmt. Herausgekommen ist ein kühnes Inzest-Drama voller intensiver und intimer Szenen, in dessen Verlauf sich die von Sarah Nevada Grether und Emil von Schönfels kompromisslos gespielten Hauptfiguren über ihre Körper definieren und schließlich befreien.




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Besetzung & Crew von "Grand Jeté"

Land: Deutschland
Jahr: 2022
Genre: Drama
Länge: 105 Minuten
Kinostart: 11.08.2022
Regie: Isabelle Stever
Darsteller: Sarah Nevada Grether, Emil von Schönfels, Susanne Bredehöft, Stefan Rudolf, Ellen Müller
Kamera: Constantin Campean
Verleih: Little Dream Entertainment GmbH

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