In einem Land, das es nicht mehr gibt (2022)
Aufrechter Gang: deutsches Drama über eine Schülerin, die kurz vor dem Mauerfall durch einen Zufall zu einem Mannequin wird.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Ostberlin im Frühsommer 1989: Die 18-jährige Susanne Schulz (Marlene Burow), von ihrer verstorbenen Mutter nur Suzie genannt, steht kurz vor dem Abitur. Im Anschluss daran möchte sie Literatur studieren, doch der Traum zerplatzt, als die Polizei sie mit George Orwells "1984" in der Tasche erwischt. Als Erziehungsmaßnahme wird Suzie in die sozialistische Produktion eingewiesen und muss zur Maloche als Zerspanungsfacharbeiterin ins Kabelwerk Oberspree (KWO). Dort trifft sie auf eine Gruppe sie kritisch beäugender Genossinnen rund um die Suzie wohlgesinnte Vorarbeiterin Gisela (Jördis Triebel).
Als der Fotograf Coyote (David Schütter) einen Schnappschuss von Suzie in der Straßenbahn macht, landet sie erst in der Modezeitschrift "Sibylle" und schließlich in der Modebranche und Ostberlins alternativer kreativer Szene. Während Suzie unter Aufsicht und Anleitung von Professor Grünwald (Sven-Eric Bechtolf) und Dr. Elsa Wilbrodt (Claudia Michelsen) die neusten Entwürfe der VHB Exquisit zur Schau trägt, arbeitet sie mit dem schwulen Modeschöpfer Rudi (Sabin Tambrea) an dessen ganz eigener Kreation.
Ihr neuer Job als Mannequin verläuft jedoch nicht reibungslos. Auf dem Laufsteg gibt es Spannungen mit Konkurrentin Uta (Sira Topic), im KWO mit ihren Kolleginnen und zu Hause mit ihrem besorgten Vater Klaus (Peter Schneider) und ihrer jüngeren Schwester Kerstin (Zoé Höche), die Suzie den Modeljob neidet.
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Filmkritik
Woran denken Sie, wenn Sie an die DDR denken? Woran sie vermutlich nicht denken, zumindest nicht als Erstes, das ist Mode. Dabei hatte der ostdeutsche Staat modisch weitaus mehr zu bieten als nur die grauen Herren der SED, (die auch Regisseurin Aelrun Goette in ihrem neuen Film wiederholt auf die Schippe nimmt). In der Deutschen Demokratischen Republik gab es beispielsweise die Exquisit-Läden, in denen durchaus vorzeigbare Kleidung zu finden war. Kurz vor dem Mauerfall, wenn man Goettes Film glauben darf, wagte die Exquisit-Linie gar den Schritt ins kapitalistische Ausland, in keine geringere Stadt als das Mode-Mekka Paris. Unter anderem davon handelt dieser Film.
Die Regisseurin muss es wissen, sie war selbst Mannequin für Exquisit und zierte mehrfach das Cover der Zeitschrift "Sibylle". Von ihren eigenen Erfahrungen inspiriert, hat sie ihren bislang persönlichsten Film gedreht; einen locker-leichten, sonnendurchfluteten Coming-of-Age-Film über große Träume und kleine Freiheiten. Vom ersten Drehbuchentwurf bis zum fertigen Film vergingen beinahe 14 Jahre. Das Warten hat sich gelohnt, denn das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Goettes Film sieht fabelhaft aus, was nicht nur an den kinotauglichen Bildern von Kameramann Benedict Neuenfels und den Kostümen von Regina Tiedeken, sondern auch an den Drehorten liegt. Hier hat Szenenbildnerin Silke Buhr ganze Arbeit geleistet. Ein großes Manko an deutschen Filmen sind häufig die Sets, die die schiere Größe der Kinoleinwände nicht recht zu füllen vermögen. Dieses Problem hat Goettes Film nicht. Ob die furchteinflößenden Maschinen im Kabelwerk Oberspree, die hellen, hohen und architektonisch herausragenden Räume der VHB Exquisit oder die heruntergekommenen, aber kreativ eingerichteten Ostberliner Altbauwohnungen mit ihrem spröden Charme, "In einem Land, das es nicht mehr gibt" hat optisch alles, was ein echter Kinofilm braucht.
Und eine gescheite Geschichte hat der Film obendrein. Mancher Filmkritiker mag sich von der glänzenden Modewelt blenden lassen und das eigentliche Thema des Films übersehen. Es geht um Träume, Freiheit und ein selbstbestimmtes Leben. "Nur wenn wir träumen, sind wir frei" hinterließ die verstorbene Mutter der Protagonistin ihrer Tochter als Leitspruch. Der von Sabin Tambrea wundervoll verkörperte Modeschöpfer Rudi nimmt sich seine Freiheit trotz aller Repressionen ebenso wie der von David Schütter gespielte Fotograf Coyote. Gegenüber der von Neuentdeckung Marlene Burow gespielten Suzie definiert Rudi Freiheit einmal wie folgt: Wer frei sei, der sei es auch im Osten. Wer es nicht sei, dem nütze auch der Westen nichts. Der Satz, dass niemand das Recht habe, einem vorzuschreiben, wie man leben solle, fällt im Film gleich mehrfach. Und genau darum geht es.
Aelrun Goette erzählt von (jungen) Menschen, die sich vom Regime nicht kleinkriegen lassen, sich ihre eigenen Freiräume schaffen und diese aufrecht beschreiten. Ganz am Ende kulminieren diese Freiheitskämpfe in einer fulminanten Modenschau. Drei Monate später fällt die Mauer. Von den zivilen Protesten, die bereits im Gange waren, bekommt man auf der Handlungsebene nichts mit. Die Freiheit wird in diesem Film nicht auf der Straße, sondern auf dem Laufsteg erkämpft.
Fazit: Ihr neuer Film ist ihr bislang persönlichster. In "In einem Land, das es nicht mehr gibt" taucht Regisseurin und Drehbuchautorin Aelrun Goette in die Modewelt der DDR ab, in der sie als junges Mannequin einst selbst mitmischte. Herausgekommen ist ein locker-leichter, sonnendurchfluteter Coming-of-Age-Film über große Träume und kleine Freiheiten. Ein buntes und schillerndes Modedrama, das die dunklen Seiten des Regimes aber nicht schönfärbt.
Die Regisseurin muss es wissen, sie war selbst Mannequin für Exquisit und zierte mehrfach das Cover der Zeitschrift "Sibylle". Von ihren eigenen Erfahrungen inspiriert, hat sie ihren bislang persönlichsten Film gedreht; einen locker-leichten, sonnendurchfluteten Coming-of-Age-Film über große Träume und kleine Freiheiten. Vom ersten Drehbuchentwurf bis zum fertigen Film vergingen beinahe 14 Jahre. Das Warten hat sich gelohnt, denn das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Goettes Film sieht fabelhaft aus, was nicht nur an den kinotauglichen Bildern von Kameramann Benedict Neuenfels und den Kostümen von Regina Tiedeken, sondern auch an den Drehorten liegt. Hier hat Szenenbildnerin Silke Buhr ganze Arbeit geleistet. Ein großes Manko an deutschen Filmen sind häufig die Sets, die die schiere Größe der Kinoleinwände nicht recht zu füllen vermögen. Dieses Problem hat Goettes Film nicht. Ob die furchteinflößenden Maschinen im Kabelwerk Oberspree, die hellen, hohen und architektonisch herausragenden Räume der VHB Exquisit oder die heruntergekommenen, aber kreativ eingerichteten Ostberliner Altbauwohnungen mit ihrem spröden Charme, "In einem Land, das es nicht mehr gibt" hat optisch alles, was ein echter Kinofilm braucht.
Und eine gescheite Geschichte hat der Film obendrein. Mancher Filmkritiker mag sich von der glänzenden Modewelt blenden lassen und das eigentliche Thema des Films übersehen. Es geht um Träume, Freiheit und ein selbstbestimmtes Leben. "Nur wenn wir träumen, sind wir frei" hinterließ die verstorbene Mutter der Protagonistin ihrer Tochter als Leitspruch. Der von Sabin Tambrea wundervoll verkörperte Modeschöpfer Rudi nimmt sich seine Freiheit trotz aller Repressionen ebenso wie der von David Schütter gespielte Fotograf Coyote. Gegenüber der von Neuentdeckung Marlene Burow gespielten Suzie definiert Rudi Freiheit einmal wie folgt: Wer frei sei, der sei es auch im Osten. Wer es nicht sei, dem nütze auch der Westen nichts. Der Satz, dass niemand das Recht habe, einem vorzuschreiben, wie man leben solle, fällt im Film gleich mehrfach. Und genau darum geht es.
Aelrun Goette erzählt von (jungen) Menschen, die sich vom Regime nicht kleinkriegen lassen, sich ihre eigenen Freiräume schaffen und diese aufrecht beschreiten. Ganz am Ende kulminieren diese Freiheitskämpfe in einer fulminanten Modenschau. Drei Monate später fällt die Mauer. Von den zivilen Protesten, die bereits im Gange waren, bekommt man auf der Handlungsebene nichts mit. Die Freiheit wird in diesem Film nicht auf der Straße, sondern auf dem Laufsteg erkämpft.
Fazit: Ihr neuer Film ist ihr bislang persönlichster. In "In einem Land, das es nicht mehr gibt" taucht Regisseurin und Drehbuchautorin Aelrun Goette in die Modewelt der DDR ab, in der sie als junges Mannequin einst selbst mitmischte. Herausgekommen ist ein locker-leichter, sonnendurchfluteter Coming-of-Age-Film über große Träume und kleine Freiheiten. Ein buntes und schillerndes Modedrama, das die dunklen Seiten des Regimes aber nicht schönfärbt.
Falk Straub
FBW-Bewertung zu "In einem Land, das es nicht mehr gibt"Jurybegründung anzeigen
Mit einem Statement eines Mitglieds der Jury möchte ich beginnen: ?Dieser Film ist ein befreiender, beglückender und sehr differenzierter Blick über ein Land, das es so nicht mehr gibt. Aber auch eine Reise in die eigene Jugend. Und ein Film auch, [...mehr]TrailerAlle "In einem Land, das es nicht mehr gibt"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "In einem Land, das es nicht mehr gibt"
Land: DeutschlandWeitere Titel: In a Land That No Longer Exists
Jahr: 2022
Genre: Drama
Länge: 96 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 06.10.2022
Regie: Aelrun Goette
Darsteller: David Schütter als Coyote, Claudia Michelsen als Dr. Elsa Wilbrodt, Sabin Tambrea als Rudi, Peter Schneider als Klaus Schulz, Marlene Burow als Suzie
Kamera: Benedict Neuenfels
Verleih: Tobis Film