Pornfluencer (2022)

Geschickt spielt Regisseur Joscha Bongard mit dem Aufbau und der Visualität pornografischer Seiten im Netz, wenn er den Filmtitel als Website umfunktioniert und – dem gängigen Surfverhalten nachempfunden – später in den filmischen (Porno-)Szenen hin- und herspringt. Oder die Seite wechselt. Wie ein Internetuser auf der Suche nach dem nächsten Porno. In grellen, großen Buchstaben erscheint der Titel "Pornfluencer" auf dem Bildschirm, der einer gängigen Browseroberfläche nachempfunden ist.

Dies alles veranschaulicht Bongards Sinn für Stil und Ästhetik. Und seine Fähigkeit, sich in Sachen technischer Umsetzung und Inszenierung dem Kernthema gleichsam auf optischer Ebene und spielerisch zu nähern. Ein Pluspunkt ist darüber hinaus das offene, freimütige Wesen der beiden Porträtierten, die ohne Scheu Einblicke in ihren (beruflichen wie privaten) Alltag gewähren und ihre Arbeitsweise, ihre Motivation sowie persönlichen Ansichten darlegen. An Selbstbewusstsein mangelt es den Beiden, die sich täglich vor den Spiegel stellen und Sätze wie "Du bist der Beste im Bett" wiederholen, garantiert nicht. "Pornfluencer" macht klar, dass man für den Erfolg in diesem Metier vor allem zwei Dinge benötigt: einen radikalen Hang zur Selbstdarstellung und die Bereitschaft, alles von sich und seinem Leben offen zu legen.

Bongard hätte an manchen Stellen durchaus noch etwas beherzter und mutiger nachfragen können. Zudem wäre es interessant gewesen, noch mehr darüber zu erfahren, wie Familie und Freunde das virtuelle "Treiben" von Nico und Andreea bewerten. Dennoch überzeugt "Pornfluencer" als nachdrückliches, hochinteressantes Porträt über zwei junge Menschen, die sich die Möglichkeiten der sozialen Medien, der DIY-Pornoszene und des Internets zu eigen machen.

Fazit: Bemerkenswerte, den Voyeurismus der User entlarvende Doku über ein junges Porno-Pärchen, dynamisch inszeniert und kreativ umgesetzt.