Sonne (2022)
Österreichisches Drama über drei Freundinnen, die zum Internetphänomen werden und sich durch den Erfolg entfremden.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Yesmin (Melina Benli), Bella (Law Wallner) und Nati (Maya Wopienka) sind beste Freundinnen. Sie leben im Wiener Bezirk Simmering und stehen kurz vor der Matura. Eines Nachmittags nehmen sie zu R.E.M.s Song "Losing My Religion" ein selbstgedrehtes Musikvideo auf. Nicht irgendwie, sondern im Hijab. Verschleiert tanzen, singen und twerken sie. Nach dem Upload geht das Video viral und die drei sind urplötzlich als Hochzeitssängerinnen gefragt. Doch mit den 15 Minuten Ruhm beginnen auch die Diskussionen.
Ist das Video ein moderner Umgang mit Religion oder Blasphemie? Die Kontroverse reicht bis in Yesmins Familie. Ihre strenggläubige Mutter Awini (Awini Barwari) fühlt sich beleidigt und verletzt, ihr säkularer Vater Omar (Omar Ayub) ist stolz auf seine Tochter und wittert ein Geschäft. Bei all dem Trubel um Yesmin übersieht der Vater völlig, dass auch sein Sohn, Yesmins jüngerer Bruder Kerim (Kerim Dogan), Probleme hat.
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Filmkritik
Kurdwin Ayub ist in verschiedenen Welten, Kunstformen und Medien zu Hause. 1990 im Irak geboren und in Österreich aufgewachsen, studierte sie Malerei und experimentellen Animationsfilm sowie performative Kunst. Nach mehreren, teils preisgekrönten Kurzfilmen und dem langen Dokumentarfilm "Paradise! Paradise!" (2016) legt sie mit "Sonne" ihren ersten abendfüllenden Spielfilm vor und schaffte es damit direkt in den Wettbewerb der Berlinale-Sektion "Encounters".
Diese 2020 neu ins Leben gerufene Sektion der Internationalen Filmfestspiele Berlin will nach eigener Aussage innovativem und unabhängigem Kino eine Bühne bereiten. Nach drei Durchgängen verfestigt sich allerdings der Eindruck, dass die Innovation und Unabhängigkeit sich in guten, aber nicht konsequent weiterverfolgten Ausgangsideen und pseudokreativen Digitalästhetiken erschöpfen. Das trifft zu großen Teilen auch auf "Sonne" zu, der deshalb aber noch lange kein schlechter Film ist.
Die Geschichte, die Ayub in dem von ihr selbst verfassten Drehbuch erzählt, steckt voller Gegensätze und Konfliktpotenzial. In einem multinationalen und -kulturellen Wien, in das die Regisseurin ihr Publikum entführt, werden Identitäten, Zugehörigkeiten und Deutungshoheiten tagtäglich neu verhandelt. Wer bestimmt, wer dazu gehört und wer außen vor bleiben muss? Wie viel Integration ist nötig, wie viel ist schädlich? Was ist Rassismus, was falsch verstandene Toleranz? Und wer übt seinen Glauben besser aus, der, der sich kleinlich an alle Vorschriften hält oder diejenige, die sich in ihrem Verhältnis zu ihrer Religion Freiräume erobert?
Diese Fragen gehen ans Eingemachte und werden in "Sonne" im Kleinen wie im übergeordneten Ganzen verhandelt. Mit Laiendarstellern und den eigenen Eltern besetzt sowie in einem pseudodokumentarischen Stil gefilmt, wirkt dieser Film ausgesprochen glaubhaft. Ästhetisch entscheidet sich Ayub allerdings für einen wilden Mix der Formate. Diese Optik, die das Verhalten von Social-Media-Nutzern nachzuahmen versucht, ist Segen und Fluch zugleich. Einerseits treibt der permanente Bilderfluss und -wechsel die Story voran und fegt über manche Länge und erzählerische Schwäche hinweg. Andererseits läuft Ayub damit stets Gefahr, durch die Form vom Inhalt abzulenken.
Fazit: Kurdwin Ayubs erster abendfüllender Spielfilm feierte seine Weltpremiere bei der Berlinale in der Sektion "Encounters". In "Sonne" prallen Kulturen, Familienmitglieder, Freundinnen und Deutungshoheiten aufeinander. Flott und als wilder visueller Stilmix inszeniert, läuft der Film jedoch stets Gefahr, seinen Inhalt aus den Augen zu verlieren. Eine filmische Identitätssuche für die Generation Tiktok.
Diese 2020 neu ins Leben gerufene Sektion der Internationalen Filmfestspiele Berlin will nach eigener Aussage innovativem und unabhängigem Kino eine Bühne bereiten. Nach drei Durchgängen verfestigt sich allerdings der Eindruck, dass die Innovation und Unabhängigkeit sich in guten, aber nicht konsequent weiterverfolgten Ausgangsideen und pseudokreativen Digitalästhetiken erschöpfen. Das trifft zu großen Teilen auch auf "Sonne" zu, der deshalb aber noch lange kein schlechter Film ist.
Die Geschichte, die Ayub in dem von ihr selbst verfassten Drehbuch erzählt, steckt voller Gegensätze und Konfliktpotenzial. In einem multinationalen und -kulturellen Wien, in das die Regisseurin ihr Publikum entführt, werden Identitäten, Zugehörigkeiten und Deutungshoheiten tagtäglich neu verhandelt. Wer bestimmt, wer dazu gehört und wer außen vor bleiben muss? Wie viel Integration ist nötig, wie viel ist schädlich? Was ist Rassismus, was falsch verstandene Toleranz? Und wer übt seinen Glauben besser aus, der, der sich kleinlich an alle Vorschriften hält oder diejenige, die sich in ihrem Verhältnis zu ihrer Religion Freiräume erobert?
Diese Fragen gehen ans Eingemachte und werden in "Sonne" im Kleinen wie im übergeordneten Ganzen verhandelt. Mit Laiendarstellern und den eigenen Eltern besetzt sowie in einem pseudodokumentarischen Stil gefilmt, wirkt dieser Film ausgesprochen glaubhaft. Ästhetisch entscheidet sich Ayub allerdings für einen wilden Mix der Formate. Diese Optik, die das Verhalten von Social-Media-Nutzern nachzuahmen versucht, ist Segen und Fluch zugleich. Einerseits treibt der permanente Bilderfluss und -wechsel die Story voran und fegt über manche Länge und erzählerische Schwäche hinweg. Andererseits läuft Ayub damit stets Gefahr, durch die Form vom Inhalt abzulenken.
Fazit: Kurdwin Ayubs erster abendfüllender Spielfilm feierte seine Weltpremiere bei der Berlinale in der Sektion "Encounters". In "Sonne" prallen Kulturen, Familienmitglieder, Freundinnen und Deutungshoheiten aufeinander. Flott und als wilder visueller Stilmix inszeniert, läuft der Film jedoch stets Gefahr, seinen Inhalt aus den Augen zu verlieren. Eine filmische Identitätssuche für die Generation Tiktok.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Sonne"
Land: ÖsterreichJahr: 2022
Genre: Drama
Länge: 88 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 01.12.2022
Regie: Kurdwin Ayub
Darsteller: Melina Benli als Yesmin, Law Wallner als Bella, Maya Wopienka als Nati, Kerim Dogan als Kerim, Omar Ayub als Omar
Kamera: Heinz Brandner
Verleih: Neue Visionen
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