Peter von Kant (2022)
Oberflächlicher Pastiche: François Ozon verfilmt erneut eine Vorlage von Rainer Werner Fassbinder und webt dieses Mal gleich das Leben des Vorlagengebers mit ein.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Köln 1972: Der Filmemacher Peter von Kant (Denis Ménochet) lebt mit seinem Sekretär Karl (Stefan Crepon), den er wie seinen Haussklaven behandelt, in einer geräumigen Wohnung in einem Gewerbeviertel der Stadt. Die Schauspielerin Sidonie (Isabelle Adjani), Peters einstige Muse, die es dank seiner Filme bis nach Hollywood geschafft hat, ist zu Besuch und stellt Peter den jungen Amir Ben Salem (Khalil Ben Gharbia) vor. Peter verliebt sich ihn Amir und macht ihn zum Star seines nächsten Films. Doch die zwei entfremden sich immer mehr und trennen sich schließlich.
An seinem Geburtstag ist Peter auf dem Tiefpunkt angelangt. Seine Tochter Gabriele (Aminthe Audiard), seine Mutter Rosemarie (Hanna Schygulla) und Sidonie sind zu Gast, können das Geburtstagskind aber nicht aufheitern. Schließlich bekommen die Gäste Peters Wut zu spüren.
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Filmkritik
François Ozon ist einer der produktivsten zeitgenössischen Regisseure. Seinem Langfilmdebüt "Sitcom" (1998), dem eine Reihe an kurzen und mittellangen Filmen vorausging, ließ der Franzose 19 weitere Lang- und fünf Kurzfilme folgen. "Peter von Kant" ist sein 21. abendfüllender Spielfilm. Und der 22. namens "Madeleine" ist bereits abgedreht. An den Output eines Rainer Werner Fassbinder (1945–1982), der in nur 13 Jahren mehr als 40 Werke vorlegte, reicht Ozon damit zwar nicht heran, kommt dem Gesamtwerk des deutschen Enfant terribles aber langsam näher und weist auch thematisch immer wieder Schnittmengen mit dem großen RWF auf.
Für Ozon bedeutet "Peter von Kant" eine Rückkehr. Schon zu Beginn seiner Karriere setzte der 1967 geborene Filmemacher einen Fassbinder-Stoff um. Im Jahr 2000 adaptierte Ozon das Theaterstück "Tropfen auf heiße Steine" zu einem dichten Kammerspiel. Auch Ozons jüngster Film spielt fast ausnahmslos an einem Ort und ist durch seinen Titel unschwer als Variation einer RWF-Vorlage zu erkennen, dem Theaterstück "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" (1971), das Fassbinder ein Jahr später mit Margit Carstensen in der Hauptrolle verfilmte.
"Peter von Kant" ist nicht nur ein Kammerspiel, sondern auch ein Vexierbild. Alles in diesem Film verweist auf etwas anderes. Schon die Tatsache, dass Ozon mit seinem Film im Februar 2022, 40 Jahre nach Fassbinders Tod, den Wettbewerb der Berlinale eröffnete, deutet auf historische Ereignisse zurück. Immerhin startete "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" 1972, also vor einem halben Jahrhundert und zehn Jahre vor Fassbinders Tod ebenfalls bei den Filmfestspielen in Berlin. Denis Ménochets Hauptfigur, ein Filmemacher, der mit der eigenen Karriere und seiner großen Liebe ringt, ist denn auch unschwer als RWF-Alias erkennbar; ebenso wie Margit Carstensens Petra von Kant unschwer als Alter Ego Fassbinders zu erkennen war.
Dieses Zeichensystem aus Andeutungen, Rückkoppelungen und Verweisen ist so vielgestaltig, dass es bei nur einem einzigen Kinobesuch kaum vollständig zu entschlüsseln ist. Aus Fassbinders Filmtitel "Liebe ist kälter als der Tod" (1969) wird in Ozons Film "Tod ist heißer als Liebe". Das dazu passende Filmplakat spielt wiederum auf Fassbinders Film "Angst essen Seele auf" (1974) an, in dem El Hedi ben Salem die männliche Hauptrolle spielte, der in Ozons Film wiederum in der Rolle des Amir Ben Salem (Khalil Ben Gharbia) seine Entsprechung findet. Das Plakat zu "Peter von Kant" ist an das Plakat von Fassbinders letztem Film "Querelle" (1982) angelehnt. Hanna Schygulla, RWFs große Muse, spielt Peter von Kants Mutter. Und so weiter und so fort...
Für Cineasten und Fassbinder-Nerds mag dieses Spiel aus Referenzen und Reverenz eine wahre Freude sein. Sie können während der Vorstellung RWF-Bingo spielen. Für alle anderen gerät der Kinobesuch zur Geduldsprobe, denn die Handlung langweilt schnell – und das, obwohl sie gerade einmal 85 Minuten dauert. Wie jeder Ozon-Film sieht auch dieser hervorragend aus und hat mehr als eine Szene, die im Gedächtnis haften bleibt, etwa wenn Ménochet mit Sonnenbrille und im halboffenen Bademantel im nächtlichen Schlafzimmer zu melancholischer Musik tanzt und im Anschluss daran ein Plakat, das das Antlitz seines Geliebten zeigt, in Brand zu stecken versucht.
Doch so erstklassig "Peter von Kant" auch ausgestattet ist und so farbenprächtig das Drama auch ausschaut, seine Schwächen bleiben offensichtlich. Neben der nichtssagenden Handlung ist dies vor allem das Schauspiel. Womöglich als Reminiszenz an Fassbinder brüllen die Schauspieler mehr, als dass sie spielen. Ménochet wirkt wie eine Witzfigur, der Film wie ein Schnellschuss. Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet Stefan Crepon die beste Leistung abliefert. Er sagt den gesamten Film über kein einziges Wort.
Fazit: Nach "Tropfen auf heiße Steine" (2000) wagt sich Frankreichs Dauerfilmer François Ozon ein weiteres Mal an eine Vorlage von Rainer Werner Fassbinder. Sein Kammerspiel ist anspielungsreich und sieht fabelhaft aus, langweilt jedoch schnell und ist letztlich nicht mehr als eine Fingerübung. Als Farce hätte "Peter von Kant" höchstwahrscheinlich hervorragend funktioniert. Leider nimmt Ozon seinen Film zu ernst, vergisst dabei aber jegliche erzählerische Tiefe.
Für Ozon bedeutet "Peter von Kant" eine Rückkehr. Schon zu Beginn seiner Karriere setzte der 1967 geborene Filmemacher einen Fassbinder-Stoff um. Im Jahr 2000 adaptierte Ozon das Theaterstück "Tropfen auf heiße Steine" zu einem dichten Kammerspiel. Auch Ozons jüngster Film spielt fast ausnahmslos an einem Ort und ist durch seinen Titel unschwer als Variation einer RWF-Vorlage zu erkennen, dem Theaterstück "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" (1971), das Fassbinder ein Jahr später mit Margit Carstensen in der Hauptrolle verfilmte.
"Peter von Kant" ist nicht nur ein Kammerspiel, sondern auch ein Vexierbild. Alles in diesem Film verweist auf etwas anderes. Schon die Tatsache, dass Ozon mit seinem Film im Februar 2022, 40 Jahre nach Fassbinders Tod, den Wettbewerb der Berlinale eröffnete, deutet auf historische Ereignisse zurück. Immerhin startete "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" 1972, also vor einem halben Jahrhundert und zehn Jahre vor Fassbinders Tod ebenfalls bei den Filmfestspielen in Berlin. Denis Ménochets Hauptfigur, ein Filmemacher, der mit der eigenen Karriere und seiner großen Liebe ringt, ist denn auch unschwer als RWF-Alias erkennbar; ebenso wie Margit Carstensens Petra von Kant unschwer als Alter Ego Fassbinders zu erkennen war.
Dieses Zeichensystem aus Andeutungen, Rückkoppelungen und Verweisen ist so vielgestaltig, dass es bei nur einem einzigen Kinobesuch kaum vollständig zu entschlüsseln ist. Aus Fassbinders Filmtitel "Liebe ist kälter als der Tod" (1969) wird in Ozons Film "Tod ist heißer als Liebe". Das dazu passende Filmplakat spielt wiederum auf Fassbinders Film "Angst essen Seele auf" (1974) an, in dem El Hedi ben Salem die männliche Hauptrolle spielte, der in Ozons Film wiederum in der Rolle des Amir Ben Salem (Khalil Ben Gharbia) seine Entsprechung findet. Das Plakat zu "Peter von Kant" ist an das Plakat von Fassbinders letztem Film "Querelle" (1982) angelehnt. Hanna Schygulla, RWFs große Muse, spielt Peter von Kants Mutter. Und so weiter und so fort...
Für Cineasten und Fassbinder-Nerds mag dieses Spiel aus Referenzen und Reverenz eine wahre Freude sein. Sie können während der Vorstellung RWF-Bingo spielen. Für alle anderen gerät der Kinobesuch zur Geduldsprobe, denn die Handlung langweilt schnell – und das, obwohl sie gerade einmal 85 Minuten dauert. Wie jeder Ozon-Film sieht auch dieser hervorragend aus und hat mehr als eine Szene, die im Gedächtnis haften bleibt, etwa wenn Ménochet mit Sonnenbrille und im halboffenen Bademantel im nächtlichen Schlafzimmer zu melancholischer Musik tanzt und im Anschluss daran ein Plakat, das das Antlitz seines Geliebten zeigt, in Brand zu stecken versucht.
Doch so erstklassig "Peter von Kant" auch ausgestattet ist und so farbenprächtig das Drama auch ausschaut, seine Schwächen bleiben offensichtlich. Neben der nichtssagenden Handlung ist dies vor allem das Schauspiel. Womöglich als Reminiszenz an Fassbinder brüllen die Schauspieler mehr, als dass sie spielen. Ménochet wirkt wie eine Witzfigur, der Film wie ein Schnellschuss. Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet Stefan Crepon die beste Leistung abliefert. Er sagt den gesamten Film über kein einziges Wort.
Fazit: Nach "Tropfen auf heiße Steine" (2000) wagt sich Frankreichs Dauerfilmer François Ozon ein weiteres Mal an eine Vorlage von Rainer Werner Fassbinder. Sein Kammerspiel ist anspielungsreich und sieht fabelhaft aus, langweilt jedoch schnell und ist letztlich nicht mehr als eine Fingerübung. Als Farce hätte "Peter von Kant" höchstwahrscheinlich hervorragend funktioniert. Leider nimmt Ozon seinen Film zu ernst, vergisst dabei aber jegliche erzählerische Tiefe.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Peter von Kant"
Land: Frankreich, DeutschlandJahr: 2022
Genre: Drama
Länge: 85 Minuten
Kinostart: 22.09.2022
Regie: François Ozon
Darsteller: Denis Menochet, Isabelle Adjani, Hanna Schygulla
Kamera: Manuel Dacosse
Verleih: MFA Film
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