Animals (2021)
Tödliches Coming-out: belgisches Drama über den Mord an einem Homosexuellen.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 1 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Brahim (Soufiane Chilah) ist 30 Jahre alt, Muslim und schwul. In seiner Familie weiß kaum jemand davon. Nach Jahren der Heimlichtuerei will er seinen Lebensgefährten endlich der gesamten Verwandtschaft vorstellen – und das ausgerechnet am Geburtstag seiner Mutter (Anne-Marie Loop), der groß gefeiert wird. Während Brahims Elternhaus vor Gästen überquillt und sein Vater (Amid Chakir) seine Ansprache einstudiert, rät ihm sein Bruder von einem Coming-out ab. Wütend verlässt Brahim die Feier, sucht im Ausgehviertel nach seinem Freund und steigt spontan zu vier fremden Männern in den Wagen. Eine verhängnisvolle Entscheidung.
Nabil Ben Yadirs Drama ist von wahren Ereignissen inspiriert, dem Mord an Ihsane Jarfi, der als offiziell erster homophober Mord Belgiens in die Geschichte einging.
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Filmkritik
"Animals" ist einer dieser Filme, die völlig unvermittelt kippen. Wem der Mord an Ihsane Jarfi, auf dem Nabil Ben Yadirs Tour de Force basiert, nichts sagt, der wähnt sich lange in einem klassischen Coming-out-Drama. Brahim (Soufiane Chilah) schaut zur Geburtstagsfeier seiner Mutter in seinem Elternhaus vorbei. Es ist voll, laut und hektisch. Frank van den Eedens Kamera steht keine Sekunde lang still, drängt sich an Brahims Fersen klebend durch die Gästeschar und drückt dabei auch immer die innere Anspannung des Protagonisten aus. Denn der wartet ungeduldig auf die Ankunft seines Lebensgefährten, von dem kaum einer in der Familie weiß. Ausgerechnet am Geburtstag seiner Mutter will er ihn allen vorstellen.
Das ist die Ausgangslage, in die der Regisseur sein Publikum wirft. So unvermittelt, wie die von Nabil Ben Yadir und Antoine Cuypers geschriebene Handlung einsetzt, endet sie auch. Inzwischen hat sich die Lage allerdings dramatisch verändert. Als Brahim am Ende des ersten Akts die Geburtstagsfeier auf der Suche nach seinem Partner verlässt, ist nicht damit zu rechnen. Denn so hitzig die Situation auf dem Familienfest bis dahin auch geworden ist, das Autorengespann entlässt seinen Protagonisten und mit ihm das Kinopublikum mit einem Hoffnungsschimmer in die Nacht.
Von außen durchs Fenster hat Brahim die Geburtstagsansprache seines Vaters gefilmt. Die Worte, die er an Brahims Mutter richtet, rekapitulieren die Widerstände, äußere wie innerfamiliäre, die er dereinst überkommen musste, weil er als Migrant und Muslim eine Weiße und Nicht-Muslima geheiratet hat. Die Rede des Vaters wirkt zu diesem Zeitpunkt wie eine Vorausschau auf eine mögliche Familienansprache des Sohnes. So wie die Liebe seiner Eltern mit den Konventionen brach, bricht Brahims Liebe zu einem Mann Jahrzehnte später damit. Und so wie die Liebe der Eltern alle Widerstände überwand, könnte auch Brahims Liebe diese überwinden. Doch so weit kommt es nicht. Als das Publikum die Rede des Vaters ein weiteres Mal hört, wird sie gerade von Brahims Handy gelöscht – sein Besitzer liegt im Dreck, nackt und zu Tode geprügelt.
Der Kippmoment erfolgt zu Beginn des zweiten Akts. Völlig unerwartet steigt Brahim zu vier Betrunkenen ins Auto, um ihnen den Weg in die nächste Bar zu zeigen. Nabil Ben Yadir inszeniert das so, dass bereits hier klar ist, dass diese Nacht nicht gut ausgehen wird. Was dann folgt, damit werden aber die wenigsten rechnen. Die vier betrunkenen Männer demütigen Brahim erst, dann foltern sie ihn – und die Kamera, die im schmalen Hochformat die Form der Smartphones, mit denen die Täter ihre Tat dokumentieren, imitiert, hält unerbittlich drauf. Ein sadistisches, tödlich endendes Schauspiel, so schonungslos und grausam dargeboten, dass es eine Zumutung ist. Und die erste von zwei ausgesprochen unglücklichen Regie-Entscheidungen. Denn all der expliziten Gewalt hätte es nicht bedurft, um die Abgründe einer falschverstandenen Männlichkeit zu verstehen.
Die zweite unglückliche Entscheidung folgt im dritten Akt. Statt beim Opfer zu verweilen oder zu dessen Angehörigen zurückzukehren, wendet sich der Film einem der Täter zu; dem jüngsten, der im Grunde nur ein Mitläufer und obendrein selbst ein Opfer (häuslicher Gewalt) ist. Was die Drehbuchautoren dem Publikum damit sagen wollen, wird nicht ganz klar. Zum Kern des Problems, dem Hass und wo dieser herrührt, dringen sie durch diese erzählerische Volte ebenfalls nicht vor. Und so entlässt einen dieser Film in erster Linie sprachlos.
Fazit: Nabil Ben Yadir "Animals", von einem echten Mordfall inspiriert, ist ein intensiver, schonungsloser und ausgesprochen drastischer Film. Beeindruckend gespielt und dicht und energetisch inszeniert, bleibt die Stoßrichtung jedoch unklar. Harte Kinokost, deren Macher letztlich aber zu viele unglückliche Entscheidungen treffen.
Das ist die Ausgangslage, in die der Regisseur sein Publikum wirft. So unvermittelt, wie die von Nabil Ben Yadir und Antoine Cuypers geschriebene Handlung einsetzt, endet sie auch. Inzwischen hat sich die Lage allerdings dramatisch verändert. Als Brahim am Ende des ersten Akts die Geburtstagsfeier auf der Suche nach seinem Partner verlässt, ist nicht damit zu rechnen. Denn so hitzig die Situation auf dem Familienfest bis dahin auch geworden ist, das Autorengespann entlässt seinen Protagonisten und mit ihm das Kinopublikum mit einem Hoffnungsschimmer in die Nacht.
Von außen durchs Fenster hat Brahim die Geburtstagsansprache seines Vaters gefilmt. Die Worte, die er an Brahims Mutter richtet, rekapitulieren die Widerstände, äußere wie innerfamiliäre, die er dereinst überkommen musste, weil er als Migrant und Muslim eine Weiße und Nicht-Muslima geheiratet hat. Die Rede des Vaters wirkt zu diesem Zeitpunkt wie eine Vorausschau auf eine mögliche Familienansprache des Sohnes. So wie die Liebe seiner Eltern mit den Konventionen brach, bricht Brahims Liebe zu einem Mann Jahrzehnte später damit. Und so wie die Liebe der Eltern alle Widerstände überwand, könnte auch Brahims Liebe diese überwinden. Doch so weit kommt es nicht. Als das Publikum die Rede des Vaters ein weiteres Mal hört, wird sie gerade von Brahims Handy gelöscht – sein Besitzer liegt im Dreck, nackt und zu Tode geprügelt.
Der Kippmoment erfolgt zu Beginn des zweiten Akts. Völlig unerwartet steigt Brahim zu vier Betrunkenen ins Auto, um ihnen den Weg in die nächste Bar zu zeigen. Nabil Ben Yadir inszeniert das so, dass bereits hier klar ist, dass diese Nacht nicht gut ausgehen wird. Was dann folgt, damit werden aber die wenigsten rechnen. Die vier betrunkenen Männer demütigen Brahim erst, dann foltern sie ihn – und die Kamera, die im schmalen Hochformat die Form der Smartphones, mit denen die Täter ihre Tat dokumentieren, imitiert, hält unerbittlich drauf. Ein sadistisches, tödlich endendes Schauspiel, so schonungslos und grausam dargeboten, dass es eine Zumutung ist. Und die erste von zwei ausgesprochen unglücklichen Regie-Entscheidungen. Denn all der expliziten Gewalt hätte es nicht bedurft, um die Abgründe einer falschverstandenen Männlichkeit zu verstehen.
Die zweite unglückliche Entscheidung folgt im dritten Akt. Statt beim Opfer zu verweilen oder zu dessen Angehörigen zurückzukehren, wendet sich der Film einem der Täter zu; dem jüngsten, der im Grunde nur ein Mitläufer und obendrein selbst ein Opfer (häuslicher Gewalt) ist. Was die Drehbuchautoren dem Publikum damit sagen wollen, wird nicht ganz klar. Zum Kern des Problems, dem Hass und wo dieser herrührt, dringen sie durch diese erzählerische Volte ebenfalls nicht vor. Und so entlässt einen dieser Film in erster Linie sprachlos.
Fazit: Nabil Ben Yadir "Animals", von einem echten Mordfall inspiriert, ist ein intensiver, schonungsloser und ausgesprochen drastischer Film. Beeindruckend gespielt und dicht und energetisch inszeniert, bleibt die Stoßrichtung jedoch unklar. Harte Kinokost, deren Macher letztlich aber zu viele unglückliche Entscheidungen treffen.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Animals"
Land: BelgienJahr: 2021
Genre: Drama
Länge: 91 Minuten
FSK: 18
Kinostart: 23.06.2022
Regie: Nabil Ben Yadir
Darsteller: Soufiane Chilah als Brahim, Gianni Guettaf als Lo?c, Vincent Overath als Geoffroy, Lionel Maisin als Christophe, Serkan Sancak als Milos
Kamera: Frank van den Eeden
Verleih: Drop-Out Cinema eG
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