Vortex (2021)
Liebende am Lebensende: in Paris spielendes Drama über die letzten Tage eines alten Ehepaars.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 4 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Eine Frau (Françoise Lebrun) und ein Mann (Dario Argento), beide über 80 Jahre alt, leben in einer kleinen Dachgeschosswohnung in Paris. Sie ist eine ehemalige Psychoanalytikerin, die an Demenz erkrankt ist und in ihrem Alltag immer schlechter zurechtkommt. Ihr herzkranker Mann ist ihr keine große Hilfe, denn der Filmkritiker arbeitet wie besessen an einem neuen Buch über das Verhältnis vom Kino zum Traum. Dass er sich um seine Frau kümmern, sie etwa suchen muss, wenn sie sich wieder einmal beim Einkaufen verlaufen hat, nimmt er eher als Störung wahr.
Derweil macht sich der Sohn (Alex Lutz) des Ehepaars große Sorgen. Er sähe seine Eltern lieber heute als morgen in einer betreuten Wohneinrichtung. Doch die zwei wollen ihr mit Erinnerungen vollgestopftes Zuhause nicht verlassen.
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Filmkritik
Gaspar Noé ist ein Provokateur. Seine Filme sind Höllentrips in menschliche Abgründe, die Kritik und Publikum gespalten zurücklassen. Mal sind sie von Gewalt getrieben ("Menschenfeind", 1998; "Irreversibel", 2002), mal von Drogen ("Enter the Void", 2009; "Climax", 2018), mal von Sex ("Love", 2015), häufig auch von einer Mischung aus allen dreien. Doch Noé provoziert nicht nur durch seine Inhalte, seine Filme sind auch eine formale Zumutung. Die Musik dröhnt, die Kamera steht kaum einmal still. "Irreversibel" erzählte er rückwärts, "Enter the Void" aus radikal subjektiver Sicht, "Love" in 3D.
Auch der jüngste Film des argentinischen Regisseurs, der in Frankreich lebt und arbeitet, ist ein formales Experiment. Die Geschichte beginnt in einer überschaubaren Wohnung in einem Pariser Dachgeschoss. Der räumlichen und emotionalen Enge angepasst, sehen wir das Ehepaar zunächst im schmalen, beinahe quadratischen 1,33:1-Format. Dann teilt sich das Bild und weitet sich der Blick. Wie der Riss, der seit der Erkrankung der Frau durch diese Beziehung geht, reißt auch das Filmbild entzwei. Auf der einen Seite des Splitscreens sehen wir ihr, auf der anderen ihm bei ihrem Alltag zu. Insgesamt nimmt die geteilte Ansicht nun das Format von 2,35:1 ein.
Auch diesmal steht die Kamera selten still, bewegt sich aber dem Tempo der Alten angepasst ganz ruhig durch die Wohnung. Der Abstieg in die Hölle, dem wir hier beiwohnen, ist ein geistiger und gesundheitlicher, kein rauschhafter. Von Noés wilden Filmen, die ästhetisch oft an Musikvideos erinnern, ist das weit entfernt. Der schleichende Verfall vollzieht sich in Gesprächen. Dem handelsüblichen Programmkino-Film war Noé noch nie so nah wie mit "Vortex". Mit der Besetzung der Hauptrollen durch Françoise Lebrun ("Die Mama und die Hure", 1973) und Regielegende Dario Argento ("Suspiria", 1977) verneigt er sich zudem tief vor der Filmgeschichte und seinen Lieblingsfilmen. All der formalen Spielerei zum Trotz scheint er nun auch auf der Leinwand erwachsen geworden zu sein.
Diese Reife hat allerdings ihren Preis. Denn Noés große Schwäche kommt in "Vortex" noch stärker zum Vorschein. Der 1963 in Buenos Aires geborene Regisseur hatte schon immer einen Hang zur Überlänge und ein Problem, diese Länge mit etwas Substanziellem zu füllen. Selten erzählt er einen Film so geradlinig und dynamisch wie den 97 Minuten kurzen "Irreversibel". Das Gros seiner Handlungen dreht sich allzu schnell im Kreis. Und selbst seine kürzeren Werke wie "Climax" (97 Minuten) und "Lux Æterna" (2019; 51 Minuten) haben verzichtbare Längen. Das ist auch in "Vortex" der Fall. Die Dialoge sind zäh und ermüdend, Dario Argento ist eine glatte Fehlbesetzung. Das Drama lässt sein Publikum nicht gespalten, sondern gelangweilt zurück.
Fazit: Skandalregisseur Gaspar Noé legt mit "Vortex" seinen reifsten, aber auch seinen bis dato langweiligsten Film vor. Statt um den Rausch geht es um den Verfall, statt um Drogen, Sex und Gewalt um Krankheit und Tod. Solide gespielt und formal verspielt ist "Vortex" wie fast jeder Film Noés zu lang. Dieses Mal lenkt allerdings kein audiovisuelles Remmidemmi von der inhaltlichen Leere ab, was den Filmgenuss äußerst zäh gestaltet.
Auch der jüngste Film des argentinischen Regisseurs, der in Frankreich lebt und arbeitet, ist ein formales Experiment. Die Geschichte beginnt in einer überschaubaren Wohnung in einem Pariser Dachgeschoss. Der räumlichen und emotionalen Enge angepasst, sehen wir das Ehepaar zunächst im schmalen, beinahe quadratischen 1,33:1-Format. Dann teilt sich das Bild und weitet sich der Blick. Wie der Riss, der seit der Erkrankung der Frau durch diese Beziehung geht, reißt auch das Filmbild entzwei. Auf der einen Seite des Splitscreens sehen wir ihr, auf der anderen ihm bei ihrem Alltag zu. Insgesamt nimmt die geteilte Ansicht nun das Format von 2,35:1 ein.
Auch diesmal steht die Kamera selten still, bewegt sich aber dem Tempo der Alten angepasst ganz ruhig durch die Wohnung. Der Abstieg in die Hölle, dem wir hier beiwohnen, ist ein geistiger und gesundheitlicher, kein rauschhafter. Von Noés wilden Filmen, die ästhetisch oft an Musikvideos erinnern, ist das weit entfernt. Der schleichende Verfall vollzieht sich in Gesprächen. Dem handelsüblichen Programmkino-Film war Noé noch nie so nah wie mit "Vortex". Mit der Besetzung der Hauptrollen durch Françoise Lebrun ("Die Mama und die Hure", 1973) und Regielegende Dario Argento ("Suspiria", 1977) verneigt er sich zudem tief vor der Filmgeschichte und seinen Lieblingsfilmen. All der formalen Spielerei zum Trotz scheint er nun auch auf der Leinwand erwachsen geworden zu sein.
Diese Reife hat allerdings ihren Preis. Denn Noés große Schwäche kommt in "Vortex" noch stärker zum Vorschein. Der 1963 in Buenos Aires geborene Regisseur hatte schon immer einen Hang zur Überlänge und ein Problem, diese Länge mit etwas Substanziellem zu füllen. Selten erzählt er einen Film so geradlinig und dynamisch wie den 97 Minuten kurzen "Irreversibel". Das Gros seiner Handlungen dreht sich allzu schnell im Kreis. Und selbst seine kürzeren Werke wie "Climax" (97 Minuten) und "Lux Æterna" (2019; 51 Minuten) haben verzichtbare Längen. Das ist auch in "Vortex" der Fall. Die Dialoge sind zäh und ermüdend, Dario Argento ist eine glatte Fehlbesetzung. Das Drama lässt sein Publikum nicht gespalten, sondern gelangweilt zurück.
Fazit: Skandalregisseur Gaspar Noé legt mit "Vortex" seinen reifsten, aber auch seinen bis dato langweiligsten Film vor. Statt um den Rausch geht es um den Verfall, statt um Drogen, Sex und Gewalt um Krankheit und Tod. Solide gespielt und formal verspielt ist "Vortex" wie fast jeder Film Noés zu lang. Dieses Mal lenkt allerdings kein audiovisuelles Remmidemmi von der inhaltlichen Leere ab, was den Filmgenuss äußerst zäh gestaltet.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Vortex"
Land: Frankreich, Belgien, MonacoJahr: 2021
Genre: Drama
Länge: 135 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 28.04.2022
Regie: Gaspar Noé
Darsteller: Dario Argento als Lui, Françoise Lebrun als Elle, Alex Lutz als Stéphane, Kylian Dheret als Kiki, Vuk Brankovic
Kamera: Benoît Debie
Verleih: Rapid Eye Movies
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