Maixabel – Eine Geschichte von Liebe, Zorn und Hoffnung (2021)
Maixabel
Befreite Seelen: In diesem spanischen Drama wagen Täter und Opfer eines Gewaltakts einen Dialog.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Die baskische Stadt Tolosa im Juli 2000: Als das Telefon klingelt, weiß Maixabel Lasa (Blanca Portillo) instinktiv, welche Nachricht sie am anderen Ende der Leitung erwartet. Ihr Mann Juan Mari Jauregui (Josu Ormaetxe) wurde das Opfer eines Anschlags. Das ETA-Mitglied Luis Carrasco (Urko Olazabal) und ein Komplize haben am helllichten Tag in einem Restaurant auf den stets dialogbereiten sozialistischen Ex-Gouverneur der Provinz Gipuzkoa geschossen. Die Ärzte können nichts mehr für ihn tun. Maixabel und ihre Tochter María (María Cerezuela) fallen in ein tiefes Loch, aus dem sie erst ein Jahrzehnt später wieder herausfinden.
Oberster Gerichtshof 2004: Alle drei Täter, zu denen auch der Fluchtwagenfahrer Ibon Etxezarreta (Luis Tosar) zählt, stehen vor Gericht, erkennen dieses jedoch nicht an und veranstalten eine lautstarke Show. Die Richter bleiben davon unbeeindruckt und verurteilen alle drei zu langen Haftstrafen.
Vollzugsanstalt Badajoz 2010: Ibon Etxezarretas Großvater ist gestorben. Um die Beerdigung besuchen zu können, wird er in ein anderes Gefängnis verlegt, aus dem er so schnell wie möglich wieder weg möchte und dann doch bleibt. Hier trifft er Luis Carrasco wieder und auf andere ehemalige ETA-Mitglieder, die der baskischen Untergrundorganisation abgeschworen haben. Ibon erhält Freigänge, auf denen er seine Mutter (María Jesús Hoyos) besucht. Und er nimmt schließlich an einem Programm der Mediatorin Esther Pascual (Tamara Canosa) teil. Luis und er suchen das Gespräch mit Maixabel. Ein langer Aussöhnungsprozess beginnt.
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Filmkritik
Zuletzt beglückte Icíar Bollaín ihr Publikum mit einer Komödie. "Rosas Hochzeit" (2020) startete direkt nach dem Ende des zweiten Lockdowns und war ein Geschenk. Der nötige Stimmungsaufheller nach der langen Zwangspause vom Kino. Unter all die gelungenen Gags in diesem Film über eine laute Familie mischten sich aber auch leise Zwischentöne. Nun legt Bollaín ein Drama nach, das ein einziger leiser Zwischenton ist.
Bollaín ist eine Meisterin der Reduktion. In "Maixabel" genügen ihr wenige Momente, um ihre Handlung und Figuren, aber auch das gesamte Ausmaß des ETA-Terrors zu umreißen. Die stille Verzweiflung der Opfer findet darin ebenso ihren Platz wie der krakeelende Jubel der Täter – um letzten Endes beide Seiten besser zu verstehen. Zwischen dem Mordanschlag, der im Juli 2000 alles in Gang setzt, und der Verlegung eines der Täter zehn Jahre später liegen im Film nicht einmal 15 Minuten und ein virtuoser Match Cut, der das Publikum aus Spaniens Oberstem Gerichtshof im Jahr 2004 in eine Haftanstalt im Jahr 2010 transportiert.
Auf den großen Knall folgt Schweigen. Maixabel (Blanca Portillo) und María (María Cerezuela), die Witwe und die Tochter des Mordopfers, sind von ihrer Trauer und von der weiteren Bedrohung durch die ETA wie gelähmt. Luis (Urko Olazabal) und Ibon (Luis Tosar), zwei der drei Täter, werden von ihrer Reue fast erdrückt. Ihre Blicke sind gesenkt, und wenn Ibon Freigang hat, behält er auch den Kopf unten, weil er anderen ETA-Mitgliedern inzwischen als Verräter gilt.
Icíar Bollaín erzählt all das ganz leise und beiläufig auch davon, dass der Terror keine Sieger, sondern nur Verlierer kennt. Nach dem großen Knall gleich zu Beginn kommt auch der Film zur Ruhe. Im Grunde ist er ein einziger, langer Dialog zwischen Tätern und Opfern. Ein Gespräch darüber, warum die Täter zu Tätern wurden und was das mit ihnen angestellt hat. Vielmehr als das jedoch ein Einblick, was die Tat mit den Opfern macht.
Dass Bollaín ihre Karriere als Schauspielerin begann, kommt diesem Drama entgegen. Die große Ruhe dieses Films rührt auch daher, dass kaum Musik zum Einsatz kommt, die die Gespräche stören würde. Im Dialog laufen alle vier Hauptdarsteller zu Höchstform auf. Drei von ihnen, Blanca Portillo, Urko Olazabal und María Cerezuela, haben dafür in diesem Jahr den spanischen Filmpreis Goya erhalten. Aber auch der ebenfalls nominierte Luis Tosar hätte einen verdient gehabt.
Im Oktober 2011 beendete die ETA nach mehr als 50 Jahren ihren bewaffneten Kampf. Damit endet dieser Film. Inzwischen hat sich die Organisation aufgelöst. "Maixabel" erinnert an eines ihrer mehr als 800 Todesopfer. Und ist ein Hoffnungsschimmer – nicht nur auf eine friedliche Zukunft, sondern auch auf eine notwendige Aussöhnung.
Fazit: Auf eine erstklassige Komödie folgt ein erstklassiges Drama. Nach "Rosas Hochzeit" (2020) über eine Frau, die sich selbst heiratete, legt Regisseurin Icíar Bollaín mit "Maixabel" eine Geschichte über Terror, Trauer, Reue und den langen Weg der Versöhnung nach. Ruhig, kraftvoll, sehenswert!
Bollaín ist eine Meisterin der Reduktion. In "Maixabel" genügen ihr wenige Momente, um ihre Handlung und Figuren, aber auch das gesamte Ausmaß des ETA-Terrors zu umreißen. Die stille Verzweiflung der Opfer findet darin ebenso ihren Platz wie der krakeelende Jubel der Täter – um letzten Endes beide Seiten besser zu verstehen. Zwischen dem Mordanschlag, der im Juli 2000 alles in Gang setzt, und der Verlegung eines der Täter zehn Jahre später liegen im Film nicht einmal 15 Minuten und ein virtuoser Match Cut, der das Publikum aus Spaniens Oberstem Gerichtshof im Jahr 2004 in eine Haftanstalt im Jahr 2010 transportiert.
Auf den großen Knall folgt Schweigen. Maixabel (Blanca Portillo) und María (María Cerezuela), die Witwe und die Tochter des Mordopfers, sind von ihrer Trauer und von der weiteren Bedrohung durch die ETA wie gelähmt. Luis (Urko Olazabal) und Ibon (Luis Tosar), zwei der drei Täter, werden von ihrer Reue fast erdrückt. Ihre Blicke sind gesenkt, und wenn Ibon Freigang hat, behält er auch den Kopf unten, weil er anderen ETA-Mitgliedern inzwischen als Verräter gilt.
Icíar Bollaín erzählt all das ganz leise und beiläufig auch davon, dass der Terror keine Sieger, sondern nur Verlierer kennt. Nach dem großen Knall gleich zu Beginn kommt auch der Film zur Ruhe. Im Grunde ist er ein einziger, langer Dialog zwischen Tätern und Opfern. Ein Gespräch darüber, warum die Täter zu Tätern wurden und was das mit ihnen angestellt hat. Vielmehr als das jedoch ein Einblick, was die Tat mit den Opfern macht.
Dass Bollaín ihre Karriere als Schauspielerin begann, kommt diesem Drama entgegen. Die große Ruhe dieses Films rührt auch daher, dass kaum Musik zum Einsatz kommt, die die Gespräche stören würde. Im Dialog laufen alle vier Hauptdarsteller zu Höchstform auf. Drei von ihnen, Blanca Portillo, Urko Olazabal und María Cerezuela, haben dafür in diesem Jahr den spanischen Filmpreis Goya erhalten. Aber auch der ebenfalls nominierte Luis Tosar hätte einen verdient gehabt.
Im Oktober 2011 beendete die ETA nach mehr als 50 Jahren ihren bewaffneten Kampf. Damit endet dieser Film. Inzwischen hat sich die Organisation aufgelöst. "Maixabel" erinnert an eines ihrer mehr als 800 Todesopfer. Und ist ein Hoffnungsschimmer – nicht nur auf eine friedliche Zukunft, sondern auch auf eine notwendige Aussöhnung.
Fazit: Auf eine erstklassige Komödie folgt ein erstklassiges Drama. Nach "Rosas Hochzeit" (2020) über eine Frau, die sich selbst heiratete, legt Regisseurin Icíar Bollaín mit "Maixabel" eine Geschichte über Terror, Trauer, Reue und den langen Weg der Versöhnung nach. Ruhig, kraftvoll, sehenswert!
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Maixabel – Eine Geschichte von Liebe, Zorn und Hoffnung"
Land: SpanienJahr: 2021
Genre: Drama
Originaltitel: Maixabel
Länge: 115 Minuten
Kinostart: 26.05.2022
Regie: Icíar Bollaín
Darsteller: Blanca Portillo als Maixabel Lasa, Luis Tosar als Ibon Etxezarreta, María Cerezuela als María Jauregui, Urko Olazabal als Luis Carrasco, Tamara Canosa als Esther
Kamera: Javier Aguirre
Verleih: Piffl Medien