Alle reden übers Wetter (2022)
Talking About the Weather
Facettenreiche Frau(en): deutsches Drama über eine Doktorandin, die die hierarchischen Spielchen verschiedenster sozialer Milieus nicht länger mitspielen will.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Clara (Anne Schäfer) lebt in Berlin, studiert Philosophie und promoviert über Hegel. Mit ihrer Herkunft aus der ostdeutschen Provinz hat das nicht mehr viel zu tun. Zum 60. Geburtstag ihrer Mutter Inge (Anne-Kathrin Gummich) fährt Clara gemeinsam mit ihrer 15-jährigen Tochter Emma (Emma Frieda Brüggler) zurück in die alte Heimat in ein Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Dort wird sie mit dummen Sprüchen über Frauen und Akademiker konfrontiert und trifft auf den Kneipenbesitzer Marcel (Max Riemelt), mit dem sie mal was hatte. Aus dieser Welt hat Clara den Absprung geschafft. Doch auch in der großen Stadt ist ihr Leben alles andere als rosig.
In Berlin lebt Clara in einer Wohngemeinschaft, in der Emma nur ab und an zu Gast ist. Die Jugendliche wohnt hauptsächlich bei ihrem Vater und dessen neuer Lebensgefährtin. An der Universität schlägt sich Clara mit ihrer resoluten Doktormutter Margot (Judith Hofmann) herum und kämpft gegen patriarchale Strukturen an. Und dann wäre da noch Max (Marcel Kohler), einer von Claras Studenten, mit dem sie eine Affäre hat und der mehr von ihr will als sie von ihm.
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Filmkritik
"Alle reden übers Wetter" ist Annika Pinskes Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb). Pinske ist in Frankfurt/Oder aufgewachsen und hat vor ihrer Zeit an der dffb Philosophie und Literaturwissenschaften studiert. In den Kreisen, in denen sich ihre Protagonistin Clara bewegt, sei es an der Universität oder in der alten Heimat auf dem Land, kennt sich die Filmemacherin aus. Dementsprechend präzise ist ihr Blick, dementsprechend authentisch sind ihre Figuren.
Am Beginn dieses Langfilmdebüts stand eine Überlegung. Der Regisseurin und Drehbuchautorin fiel auf, wie wenige positive Darstellungen von starken Mutter-Tochter-Beziehungen es im Kino, aber auch in anderen Kunst- und Medienformen gibt. "Das Thema ist historisch so untererzählt, dass es für mich fast einer Verantwortung gleichkam, einen Film über Mütter und Töchter zu machen", sagt Pinske. Ihr fertiger Film ist aber weitaus mehr. Denn die 1982 geborene Filmemacherin erzählt auch von Männern und Frauen, Akademikern und Arbeitern, Ostdeutschen und Westdeutschen und von all den Unterschieden und Gemeinsamkeiten dieser Gruppen. Einen gravierenden Unterschied haben Ost und West und Akademiker und Arbeiter gemeinsam: die Hierarchie, in der es Männer nach wie vor leichter haben, an die Spitze zu gelangen.
"Alle reden übers Wetter" ist mit geringem Budget und ohne externe Produktionsfirma entstanden. Das merkt man dem Film an. Pinskes Erstling sieht wie Fernsehen aus. Visuell drängt er nicht auf die große Leinwand. Die Fragen, die er verhandelt, sind indessen dringlich: Warum ist unsere Gesellschaft auch im Jahr 2022 noch so patriarchal? Wie kann es gelingen, verkrustete Strukturen aufzubrechen? Muss eine Frau so hart und rigoros wie Claras Doktormutter sein, um es in einer Männerwelt nach oben zu schaffen oder gibt es auch einen anderen Weg? Kann ein Bildungsaufstieg wie Claras nur gelingen, wenn man seine Wurzeln kappt? Sollten wir unseren (westdeutsch geprägten) Blick auf Ostdeutschland ändern? Wie wollen wir leben, wie lieben?
Pinske gibt nicht auf alle Fragen eine Antwort. Dafür liefert sie dem Kino ganz unterschiedliche Frauenfiguren, jede einzelne davon authentisch, und mit Clara, von Anne Schäfer herausragend gespielt, eine ungemein facettenreiche. Bei Pinske sind Frauen nicht auf bestimmte Rollen beschränkt. Wie im echten Leben füllt Clara tagtäglich unzählige Rollen aus, meistert manche, scheitert in anderen. Ganz am Ende blickt sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf ihre Tochter. Es fühlt sich wie eine Befreiung an.
Fazit: Annika Pinske hat einen Film über Mütter und Töchter, Frauen und Männer, Akademiker und Arbeiter, Ostdeutsche und Westdeutsche und über die Hierarchien gedreht, die aller Leben bestimmen. "Alle reden übers Wetter" ist ein Drama mit facettenreichen Frauenfiguren, aus denen Hauptdarstellerin Anne Schäfer herausragt. Ein Film, der visuell nicht zwangsläufig auf die große Leinwand drängt, aber dringliche Fragen stellt.
Am Beginn dieses Langfilmdebüts stand eine Überlegung. Der Regisseurin und Drehbuchautorin fiel auf, wie wenige positive Darstellungen von starken Mutter-Tochter-Beziehungen es im Kino, aber auch in anderen Kunst- und Medienformen gibt. "Das Thema ist historisch so untererzählt, dass es für mich fast einer Verantwortung gleichkam, einen Film über Mütter und Töchter zu machen", sagt Pinske. Ihr fertiger Film ist aber weitaus mehr. Denn die 1982 geborene Filmemacherin erzählt auch von Männern und Frauen, Akademikern und Arbeitern, Ostdeutschen und Westdeutschen und von all den Unterschieden und Gemeinsamkeiten dieser Gruppen. Einen gravierenden Unterschied haben Ost und West und Akademiker und Arbeiter gemeinsam: die Hierarchie, in der es Männer nach wie vor leichter haben, an die Spitze zu gelangen.
"Alle reden übers Wetter" ist mit geringem Budget und ohne externe Produktionsfirma entstanden. Das merkt man dem Film an. Pinskes Erstling sieht wie Fernsehen aus. Visuell drängt er nicht auf die große Leinwand. Die Fragen, die er verhandelt, sind indessen dringlich: Warum ist unsere Gesellschaft auch im Jahr 2022 noch so patriarchal? Wie kann es gelingen, verkrustete Strukturen aufzubrechen? Muss eine Frau so hart und rigoros wie Claras Doktormutter sein, um es in einer Männerwelt nach oben zu schaffen oder gibt es auch einen anderen Weg? Kann ein Bildungsaufstieg wie Claras nur gelingen, wenn man seine Wurzeln kappt? Sollten wir unseren (westdeutsch geprägten) Blick auf Ostdeutschland ändern? Wie wollen wir leben, wie lieben?
Pinske gibt nicht auf alle Fragen eine Antwort. Dafür liefert sie dem Kino ganz unterschiedliche Frauenfiguren, jede einzelne davon authentisch, und mit Clara, von Anne Schäfer herausragend gespielt, eine ungemein facettenreiche. Bei Pinske sind Frauen nicht auf bestimmte Rollen beschränkt. Wie im echten Leben füllt Clara tagtäglich unzählige Rollen aus, meistert manche, scheitert in anderen. Ganz am Ende blickt sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf ihre Tochter. Es fühlt sich wie eine Befreiung an.
Fazit: Annika Pinske hat einen Film über Mütter und Töchter, Frauen und Männer, Akademiker und Arbeiter, Ostdeutsche und Westdeutsche und über die Hierarchien gedreht, die aller Leben bestimmen. "Alle reden übers Wetter" ist ein Drama mit facettenreichen Frauenfiguren, aus denen Hauptdarstellerin Anne Schäfer herausragt. Ein Film, der visuell nicht zwangsläufig auf die große Leinwand drängt, aber dringliche Fragen stellt.
Falk Straub
FBW-Bewertung zu "Alle reden übers Wetter"Jurybegründung anzeigen
?Niemand wird so wieder werden, so wie er mal war zuvor. Niemand kommt zweimal auf Erden, durch ein und dasselbe Tor. Niemand kann zurück sich regen, weil er immer reifer wird. Niemand kann sich frei bewegen, hat er sich einmal verirrt' heißt es in [...mehr]TrailerAlle "Alle reden übers Wetter"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Alle reden übers Wetter"
Land: DeutschlandJahr: 2022
Genre: Drama
Originaltitel: Talking About the Weather
Länge: 89 Minuten
Kinostart: 15.09.2022
Regie: Annika Pinske
Darsteller: Anne Schäfer als Clara, Judith Hofmann als Margot, Marcel Kohler als Max, Anne-Kathrin Gummich als Inge, Max Riemelt als Marcel
Kamera: Ben Bernhard
Verleih: Grandfilm