Der menschliche Faktor (2022)

"Der menschliche Faktor" ist nach diversen dokumentarischen Arbeiten und Kurzfilmen sowie dem Spielfilmdebüt "Die Einsiedler" (2016) das neue Werk des 1978 geborenen Drehbuchautors und Regisseurs Ronny Trocker. Abermals erzählt der Filmemacher von der Komplexität zwischenmenschlicher Kommunikation und der Fragilität von Beziehungen. Im Zentrum steht dabei eine bürgerliche Familie: Das Ehepaar Nina und Jan lebt und arbeitet in Hamburg und verbringt seine freien Tage im familieneigenen Ferienhaus an der belgischen Küste.

Schon wie dieses Haus zu Beginn von Kameramann Klemens Hufnagl eingefangen wird, ist äußerst spannend – es könnte im weiteren Verlauf durchaus die Kulisse eines Thrillers oder gar eines Horrorfilms werden. Das Home-Invasion-Szenario, das sich hier (vermutlich) ereignet, lässt an Michael Haneke, insbesondere an "Funny Games" (1997) und "Caché" (2005), denken; die Reaktionen der Familie rufen zudem Ruben Östlunds "Höhere Gewalt" (2014) in Erinnerung. Doch Trocker findet seinen ganz eigenen Stil, um seine Themen zu behandeln. Der mysteriöse Hauseinbruch, den Nina mitzuerleben glaubt, führt dazu, dass Risse im Beruflichen und Privaten spürbarer werden. Die Bedrohungen, denen sich die von Nina und Jan geleitete Agentur ausgesetzt sieht, bleiben ebenso diffus wie die innerfamiliären Krisen – etwa das angespannte Verhältnis zwischen Jan und Ninas Bruder Flo oder der Vertrauensverlust, den der kleine Sohn Max gegenüber seinem Vater zu empfinden scheint, nachdem er ihn vom Fenster aus beobachtet hat.

Gekonnt spielt "Der menschliche Faktor" mit der Chronologie der Geschehnisse; er wechselt die Blickwinkel und sorgt so immer wieder für Irritationen. Und auch das Ensemble trägt dazu bei, dass wir in den Bann des Films gezogen werden; insbesondere Sabine Timoteo ("Die Mitte der Welt") und Mark Waschke liefern intensive Leistungen.

Fazit: Ein spannungsreicher Film, der mit seinen atmosphärischen Bildern und seiner multiperspektivischen Erzählweise Unbehagen zu erzeugen vermag.