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FBW-Bewertung: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war (2021)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Literaturverfilmungen stehen vor der Herausforderung, die Leserinnen und Leser des Romans zu befriedigen, die zuvorderst eine getreue Abbildung der Vorlage verlangen. Andererseits hat das Medium Film eigene dramaturgische und gestalterische Anforderungen. Sonja Heiss ist die Balance bei ihrer Verfilmung von Joachim Meyerhoffs gleichnamigen Roman von 2013 definitiv gelungen.

Die Kamera (Manu Dacosse) schafft Nähe, ohne aufdringlich zu sein, damit man als Zuschauerin oder Zuschauer emotional mitgeht, ja eingefangen wird. Aber es gibt auch eine sanfte Distanz des Erzählens. Schon das Buch ist ja als rückbetrachtende Kindheits- und Jugenderinnerung angelegt. Und so bleibt auch in der Verfilmung für Betrachtende Raum zur Reflexion.

Ausstattung und Kostüme ? von der Schrankwand bis zum Strickpullover ? geben der nostalgischen Erinnerung wunderbares Zeitkolorit, ohne sich in den Vordergrund zu spielen oder karikaturenhaft zu wirken. Aber die Lässigkeit der 1970er-Jahre und im Frühlingserwachen der Hauptfigur Joachim in den frühen 1980er-Jahren gerade auch aus dem Blick des Heranwachsenden bleibt immer spürbar. Mit Arsseni Bultmann ist Joachim ideal besetzt, indem hier weder Helden- noch Antiheldenzeichnung übertrieben werden, sondern große Natürlichkeit erzeugt wird. Das gelingt auch den anderen Darstellern Joachims sehr gut (Camille Loup Moltzen als Kind und Merlin Rose als 25-Jähriger).

Die Grundatmosphäre in WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SO, WIE ES NIE WAR ist Geborgenheit. Denn Joachim ist aufgehoben auf dem Klinikgelände in der Villa der Familie des Professorenvaters. Devid Striesow ist ebenfalls eine Idealbesetzung, weil er nie überagiert. Vielmehr spielt er diskret das Selbstbewusstsein des Vaters aus, der von außen alle Achtung genießt, auch wegen seiner humanen Modernität, mit der er seine Psychiatrische Klinik führt. Auch nach innen ist der Vater liebevoll, liberal, gelassen. Und dass die Frau (Laura Tonke) Hausfrau und Mutter ist, hat hier keinen Beigeschmack, weil auch sie selbstbewusst und ungebremst auftritt. Auch als die Ehe zunehmend in die Krise gerät, bleibt sie auf Augenhöhe.

Von dem klassisch chronologisch erzählten Film bleiben im Nachgang viele schöne Bildfindungen in Erinnerung, wie etwa der Sohn ? verstört vom Kriseln der elterlichen Ehe ? die beiden Betten im Schlafzimmer der Eltern etwas trotzig immer wieder zum Ehebett zusammenschiebt. Oder das Knäuel der drei tröstenden Brüder, das sich um die ausgerastete Mutter am Weihnachtsabend auf dem Teppich bildet. Oder die Beobachtung des Vaters mit dem Fernglas durch die drei Söhne, als ihm bei der Segelprüfung auf dem Wasser schlecht wird ? eine Niederlage eines selbstbewussten Mannes, der eigentlich keine Niederlagen kennt.

Die Geschichte selbst verfolgt einen natürlichen Abnabelungsprozess eines Kindes von den Eltern. Von einer toten Amsel über den Hund, der stirbt, von der ersten Liebe ? ein Patientenmädchen, das später doch Selbstmord begeht ? bis zur Trennung der Eltern steigert sich der Ernst des Lebens. Dabei bleibt die elterliche Liebe und ? bei allen geschwisterlichen Gemeinheiten ? die Solidarität der Brüder ein dauerhaftes Netz. Es ist diese Balance aus kindlicher und jugendlicher Lebenskraft und Trauerarbeit, indem man von Illusionen Abschied nehmen muss, die der Film von Sonja Heiss gelungen einfängt.

Dass der Film in allen Phasen eine Ernsthaftigkeit hält, aber dabei keine bleierne Schwere entwickelt, ist eine Stärke, die ihn von vielen Familienproblemfilmen angenehm abhebt. Denn das Leben bleibt schön und irgendwann ist man als Sohn mehr für den alten Vater verantwortlich als umgekehrt. Der zugrunde liegende Buchtitel selbst trägt Nostalgie mit einer sympathischen Brechung in sich und spiegelt damit intelligent und leicht ironisch unsere Erinnnerunsmechanismen wieder. Auch das ist dem warmherzigen und nie kitschigen Film gelungen. Einige Jurymitglieder fügten kritisch an, dass die ruhige Erzählhaltung des Films, die Bilder lange stehen lässt und in der Dialogführung manchmal auch improvisiert wirkt, zu erzählerischen Längen führt. Gerne zeichnet die Jury den Film, in Abwägung aller Argumente und nach einer spannenden Diskussion, mit dem Prädikat WERTVOLL aus.



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