Die Zähmung der Bäume (2021)

Das erste und letzte Bild dieses Dokumentarfilms erinnert an die Spielfilme von Theo Angelopoulos (1935-2012). Weit entfernt am Horizont schwimmt ein Baum auf dem Meer. Ein surrealer Anblick und doch kein Traum. Poetisch und doch kein Gedicht. "Dieses Bild zu sehen, war wie eine Störung im Realen", sagt die georgische Regisseurin Salomé Jashi über diesen Anblick. Wie bei ihrem großen griechischen Kollegen steckt auch in ihrem Film hinter diesem Bild, das sich den Naturgesetzen scheinbar entzieht, eine harte Wirklichkeit.

Jashi wirft ihr Publikum unvermittelt ins Geschehen. Dieses Bild des vorbeischippernden Baums, der von den Anglern am Ufer nicht einmal zur Kenntnis genommen wird, steht unkommentiert im Raum. Es irritiert und wirft Fragen auf, die der Film nur sehr langsam beantwortet. Dafür ist die Regisseurin mit ihrem kleinen Team über einen Zeitraum von zwei Jahren jeden Monat an die Küste Georgiens gereist und hat mit der Kamera eingefangen, was hinter dieser Entwurzelung und Umpflanzung der Bäume steckt.

Die Antwort schockiert und fasziniert zugleich. Jashis Film zeigt, was sich mit Geld und Einfluss alles erkaufen lässt, ohne auf die Umwelt und die Menschen, die diese bewohnen, Rücksicht nehmen zu müssen. Einige der verpflanzten Bäume sind mehr als 100 Jahre alt. Und trotzdem schaut man dem Spektakel gebannt zu. Schließlich wird man nicht jeden Tag Zeuge, wie Bäume, die mehrstöckige Häuser überragen, von einem Ort zum nächsten transportiert werden. Ein ruhiger, beinahe kontemplativer Dokumentarfilm, der zum Nachdenken anregt.

Fazit: Die Regisseurin Salomé Jashi hat entlang der georgischen Küste einen schier unglaublichen Vorgang mit der Kamera eingefangen. Ihr Dokumentarfilm handelt von der Unverfrorenheit des großen Geldes und der Ohnmacht des kleinen Mannes, von Entwurzelung und Verpflanzung. Ein ruhiger und poetischer Film über die harte Realität, die surreale Bilder hervorbringt.