oder

FBW-Bewertung: Plan A - Was würdest du tun? (2021)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Warum haben sich die Juden nicht nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an den Deutschen gerächt?
Diese Frage, die auch heute noch provoziert und fasziniert, stellen Doron und Yoaz Paz in PLAN A. Der Film basiert auf historischen Fakten. Tatsächlich plante eine Gruppe jüdischer Partisanen einen Terroranschlag auf Deutschland, dessen Ziel es war, dass für jeden im Holocaust ermordeten Juden ein Deutscher oder eine Deutsche sterben sollte. Die Trinkwasserversorgung in fünf großen Städten sollte vergiftet werden und der Anführer der Gruppe reiste nach Palästina, um dort das Gift für den Anschlag zu besorgen. Auf dem Rückweg warf er kurz vor seiner Verhaftung durch die britische Militärpolizei das Gift ins Mittelmeer. All das erzählen Doron und Yoaz Paz in PLAN A, und auch mit den Gesichtern der Zeitzeugen am Ende des Films belegen sie den Wahrheitsgehalt ihrer Geschichte. Ansonsten inszenieren sie PLAN A in der Form eines Thrillers, wobei sie sich bei vielen bekannten Genres bedienen. Ihr Film beginnt wie ein klassischer Western und das große Finale erinnert an Actionfilme wie die James-Bond Serie. Das Motiv des Doppelagenten, der sich selber lange nicht entscheiden kann, welcher Seite er gegenüber loyal ist, wurde dagegen den Agentengeschichten in der Tradition von John Le Carré entliehen. Auch das Konzept einer alternativen Realität à la Tarantino wird hier dramaturgisch stimmig durchgespielt. Erstaunlich ist, wie souverän die beiden Brüder diese verschiedenen Stilmittel verwenden und wie nahtlos sie ineinander übergehen. So ist ihr Film auf einer Ebene extrem spannend und unterhaltsam, er wird aber auch seinem Thema dadurch gerecht, dass er den Konflikt in seiner Tiefe und Komplexität ernst nimmt. Dies gelingt auch, weil der Protagonist dieses Dilemma ausleben muss. Als einziger Holocaustüberlebender seiner Familie will Max sich an den Deutschen rächen, und der Film zeichnet seine Entwicklung bis hin zu seiner versöhnlichen Entscheidung nach. August Diehl gelingt es in der Rolle, die Zerrissenheit dieser tragischen Figur spürbar werden zu lassen. Im Film wird fast immer aus seiner Perspektive erzählt. Auf die Deutschen blickt er zuerst nur mit Hass und Verachtung, doch dies ändert sich im Laufe der Filmhandlung. Deshalb ist auch ein kurzes Gespräch mit einem deutschen Arbeiter über Auschwitz eine Schlüsselszene des Films. PLAN A ist ein filmhandwerklich auf allen Ebenen gelungener Spielfilm, aber wichtiger als seine Einstellungen ist seine Einstellung. Denn hier wird von Filmemachern der jungen jüdischen Tradition die Erinnerung an den Holocaust wachgehalten. Dass PLAN A dies mit den Mitteln des Unterhaltungskinos macht, ohne dabei auch nur einmal mit falschen Tönen oder Vereinfachungen zu straucheln, ist eine erstaunliche Leistung.



Spielfilm.de-Mitglied werden oder einloggen.