Schattenstunde (2021)
Biografisches Drama über den Theologen, Dichter und Schriftsteller Jochen Klepper, der sich während des Nationalsozialismus mit seiner jüdischen Frau und Stieftochter aus Protest das Leben nahm.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Deutschland 1942: Der christliche Schriftsteller und Journalist Jochen Klepper (Christoph Kaiser) ist zum Termin bei SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann geladen. Bei will ihm Klepper nochmals darum kämpfen, seiner jüdischen Stieftochter Renate (Sarah Palarczyk) und seiner jüdischen Frau Johanna (Beate Krist) endlich die Ausreise ins sichere Ausland zu gewähren. Zuvor waren bereits alle Bemühungen gescheitert. Doch Mischehen zwischen Deutschen und Juden sind im Dritten Reich verboten, zudem läuft die industrielle Massenvernichtung der Juden ab 1942 in den Konzentrationslagern endgültig an. Klepper ist klar: Die Deportation seiner Familie steht kurz bevor. Und auch wenn man ihm anbietet weiter als Schriftsteller zu arbeiten (Voraussetzung: die Trennung von seiner Frau), so steht für ihn fest, dass ein Leben ohne Johanna und Renate keinen Sinn ergibt. Im Dezember 1942 entscheiden sie sich für den gemeinsamen Suizid.
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Filmkritik
"Schattenstunde" basiert auf den Tagebüchern von Jochen Klepper, der vor allem mit seinen Dichtungen christlicher Lieder und dem 1937 veröffentlichten Roman "Der Vater" berühmt wurde. "Der Vater" behandelt die Konflikte zwischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. und seinem herrischen Vater Friedrichs des Großen und entwickelte sich schnell zur Pflichtlektüre für angehende Wehrmachts-Offiziere im NS-Staat.
Filme über NS-Opfer, (stille) Helden des NS-Widerstands oder tragische Figuren jener Tage gibt es viele. Aber nur wenige offenbaren eine derartige Fülle an stilistischem und inszenatorischem Ideenreichtum wie es bei "Schattenstunde" der Fall ist. Und das trotz der begrenzten Mittel (das Werk entstand ohne Filmförderung) und obwohl die Handlung in nur wenigen Räumen angesiedelt ist. Es ist ein kammerspielartiges, biografisches Drama, das, so möge man noch in den ersten Minuten meinen, vielleicht auf einer Theaterbühne besser aufgebhoben wäre als auf der großen Leinwand.
Doch je länger der Film dauert, desto mehr beeindruckt der 36-jährige Regisseur Benjamin Martins, der auch das Drehbuch schrieb, mit seinen beeindruckenden visuellen Einfällen und seiner betont schlichten, unaufdringlichen Bildsprache. Um etwa die Enge und den Druck, der sich immer stärker aufbaut und die Kleinfamilie zu ersticken droht, optisch zu verdeutlichen und auch für den Zuschauer greifbar zu machen, verschieben sich die Zimmerwände und rücken Klepper und seiner Familie immer näher. In einem Moment tiefster Verzweiflung, am Esstisch in der spärlich eingerichteten Wohnung gefilmt, sieht man hinter Johanna einige mit dem Judenstern gebrandmarkte, verängstigte jüdische Mitbürger, die kurz vor ihrer Deportation stehen. Dasselbe Schicksal droht auch ihr, ihrer Tochter und ihrem Mann.
Im quadratischen 1:1-Format gefilmt, erzählt "Schattenstunde" also eindringlich und nachdrücklich von den letzten Stunden im Leben von Klepper und seiner Familie. Die Dialoge beruhen dabei zu weiten Teilen auf originalen Tagebucheinträgen des gebürtigen Schlesiers, der zum Zeitpunkt seines Todes noch keine 40 war.Christoph Kaiser spielt diesen Klepper physisch einnehmend und mit beachtlicher Willenskraft. In seinem Gesicht spiegelt sich die ganze Verzweiflung des nahenden Lebensendes, durchbrochen jedoch von der Hoffnung auf einen (seelischen) Fortbestand nach dem Tod.
Fazit: Die suggestive Optik, die kraftvolle Bildsprache und das virtuose Spiel der Schauspieler machen aus "Schattenstunde" eine emotionale Höllenfahrt und ein filmisches Ereignis, das lange nachwirkt.
Filme über NS-Opfer, (stille) Helden des NS-Widerstands oder tragische Figuren jener Tage gibt es viele. Aber nur wenige offenbaren eine derartige Fülle an stilistischem und inszenatorischem Ideenreichtum wie es bei "Schattenstunde" der Fall ist. Und das trotz der begrenzten Mittel (das Werk entstand ohne Filmförderung) und obwohl die Handlung in nur wenigen Räumen angesiedelt ist. Es ist ein kammerspielartiges, biografisches Drama, das, so möge man noch in den ersten Minuten meinen, vielleicht auf einer Theaterbühne besser aufgebhoben wäre als auf der großen Leinwand.
Doch je länger der Film dauert, desto mehr beeindruckt der 36-jährige Regisseur Benjamin Martins, der auch das Drehbuch schrieb, mit seinen beeindruckenden visuellen Einfällen und seiner betont schlichten, unaufdringlichen Bildsprache. Um etwa die Enge und den Druck, der sich immer stärker aufbaut und die Kleinfamilie zu ersticken droht, optisch zu verdeutlichen und auch für den Zuschauer greifbar zu machen, verschieben sich die Zimmerwände und rücken Klepper und seiner Familie immer näher. In einem Moment tiefster Verzweiflung, am Esstisch in der spärlich eingerichteten Wohnung gefilmt, sieht man hinter Johanna einige mit dem Judenstern gebrandmarkte, verängstigte jüdische Mitbürger, die kurz vor ihrer Deportation stehen. Dasselbe Schicksal droht auch ihr, ihrer Tochter und ihrem Mann.
Im quadratischen 1:1-Format gefilmt, erzählt "Schattenstunde" also eindringlich und nachdrücklich von den letzten Stunden im Leben von Klepper und seiner Familie. Die Dialoge beruhen dabei zu weiten Teilen auf originalen Tagebucheinträgen des gebürtigen Schlesiers, der zum Zeitpunkt seines Todes noch keine 40 war.Christoph Kaiser spielt diesen Klepper physisch einnehmend und mit beachtlicher Willenskraft. In seinem Gesicht spiegelt sich die ganze Verzweiflung des nahenden Lebensendes, durchbrochen jedoch von der Hoffnung auf einen (seelischen) Fortbestand nach dem Tod.
Fazit: Die suggestive Optik, die kraftvolle Bildsprache und das virtuose Spiel der Schauspieler machen aus "Schattenstunde" eine emotionale Höllenfahrt und ein filmisches Ereignis, das lange nachwirkt.
Björn Schneider
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Besetzung & Crew von "Schattenstunde"
Land: DeutschlandWeitere Titel: The Shadow Hour
Jahr: 2021
Genre: Drama, Biopic
Länge: 78 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 27.01.2022
Regie: Benjamin Martins
Darsteller: Christoph Kaiser als Jochen Klepper, Beate Krist als Johanna Klepper, Sarah Palarczyk als Renate Stein, Dirk Waanders als Adolf Eichmann, Klaus Rodewald
Kamera: Malte Papenfuss
Verleih: missingFilms
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