Toubab (2021)
Hochzeit mit Hindernissen: deutsch-senegalesische Komödie über eine grenzüberschreitende Freundschaft.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Kaum ist der 25-jährige Babtou (Farba Dieng) nach zweijähriger Haftstrafe wieder auf freiem Fuß, droht ihm neues Ungemach. Diesmal soll er nicht zurück ins Gefängnis, sondern zurück ins Heimatland seiner Eltern, den Senegal. Um der Abschiebung zu entgehen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, eine deutsche Staatsbürgerin zu heiraten. Doch die Frauen, mit denen Babtou mal was hatte und die er jetzt eine nach der anderen abklappert, schlagen im reihenweise die Tür vor der Nase zu. Weil er keinen anderen Ausweg mehr sieht, geht Babtou schließlich eine Scheinehe mit seinem besten Kumpel Dennis (Julius Nitschkoff) ein.
Dumm nur, dass Dennis' Freundin Manu (Nina Gummich) nichts davon weiß. Und auch Babtous und Dennis' nicht sonderlich liberales Umfeld ist von ihrem Schritt alles andere als begeistert. Während das frischgebackene Paar in ihrem Viertel immer stärker angefeindet wird, findet es in ihrer Nachbarin Yara (Seyneb Saleh) eine Verbündete, die die zwei völlig vorurteilsfrei in ihren queeren Freundeskreis aufnimmt. Nun müssen sich Babtou und Dennis nur noch die Behördenmitarbeiter Horst Ruppert (Michael Maertens) und Astrid Zeug (Valerie Koch) vom Hals halten, die unerbittlich versuchen, den zwei alten Schulfreunden ihre Hochstapelei nachzuweisen.
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Filmkritik
"Toubab" ist Florian Dietrichs Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) und sein erster Langfilm überhaupt. Mit dieser locker-leichten Komödie, die schwere Themen nicht ausblendet, hinterlässt der 1986 in Wiesbaden geborene Regisseure eine beeindruckende Visitenkarte. Denn "Toubab" beweist, dass Filme mit einem diversen Cast und multikulturellem Inhalt auch hierzulande funktionieren können, wenn man den Inhalt und die Figuren ernst nimmt und nicht nur als schillerndes Beiwerk begreift, um etwas Farbe ins deutsche Einheitsgrau zu bringen.
Die Idee, aus einer Scheinehe komödiantisches Potenzial zu schlagen, ist nicht neu. Schon in Peter Weirs "Green Card" (1990) gingen die von Gérard Depardieu und Andie MacDowell gespielten Figuren eine Scheinehe ein, um eine Ausweisung aus den USA zu verhindern (und an eine begehrte Wohnung zu gelangen). Und in Dennis Dugans "Chuck und Larry" (2007) gaukelten zwei von Adam Sandler und Kevin James verkörperte heterosexuelle Feuerwehrmänner den Behören vor, ein homosexuelles Paar zu sein, um sich Sozialleistungen zu erschleichen. Doch wo es bei Weir um die Luxusprobleme wohlsituierter Weißer ging und Dugan nichts Besseres einfiel, als aus der vorgespielten Homosexualität seiner Hauptfiguren einen platten Gag nach dem anderen zu produzieren, ist Dietrichs Film seinen Vorgängern weit überlegen.
Die Geschichte, die der Regisseur gemeinsam mit Co-Autor Arne Dechow verfasst hat, ist konsequent aus der Sicht des Senegalesen Babtou erzählt, der zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, von den Behörden aber keinen deutschen Pass erhält. Anders als in Komödie wie beispielsweise "Willkommen bei den Hartmanns" (2016) sind Babtous Probleme zentrales Thema und dienen nicht nur dazu, der weißen Mehrheitsgesellschaft ein gutes Gewissen zu verschaffen. Auch der Umgang mit der Sexualität der Figuren ist deutlich differenzierter als in vergleichbaren Komödien. Dass die zwei Hauptfiguren das schwule Pärchen nur spielen, ist lediglich am Anfang ein Witz. Je mehr die zwei sich zwangsläufig mit dem Thema auseinandersetzen müssen, desto mehr bauen sie ihre eigenen Vorurteile ab. In "Toubab" wird nicht die Homosexualität an sich verlacht, sondern das Bild, das Heterosexuelle von ihr haben, bevor schließlich die Homophoben ordentlich ihr Fett wegbekommen.
Von Kameramann Max Preiss souverän fotografiert, spielt das toll zusammengestellte und aufeinander abgestimmte Ensemble groß auf. Preiss' Bilder lassen Frankfurt bei Tag und Nacht verführerisch funkeln und fangen die Gegensätze der gesichtslosen Vorstadt-Betonburgen adäquat ein. Idyllisch in der Natur gelegen, schimmert doch auch immer der Brutalismus dieser Architektur durch. In dieser Welt, in der sich die Starken oder die, die den starken Max markieren, durchsetzen, lernen zwei Freunde, dass es auch anders geht. Farba Dieng als Babtou und Julius Nitschkoff als Dennis ergänzen sich fabelhaft. Das Publikum nimmt ihnen nicht nur ab, dass diese zwei seit dem Sandkasten miteinander befreundet sind, es nimmt auch Anteil an ihrer Entwicklung von (vorgeblich) harten Hunden zu sensiblen und toleranten jungen Männern.
Fazit: "Toubab" ist ein beeindruckendes Debüt. Regisseur Florian Dietrich legt eine beschwingte Komödie über ernste Themen vor. "Toubab" ist toll fotografiert, gecastet und gespielt und beweist, dass man auch im deutschen Kino ausgesprochen witzig von schwierigen Lebensverhältnissen voller Vorurteile, Ausgrenzung und Diskriminierung erzählen kann, ohne dabei die Moralkeule schwingen oder das schlechte Gewissen der Mehrheitsgesellschaft beruhigen zu müssen. Eine gelungene Komödie über Freundschaft, die am Ende gleich mehrere Grenzen überschreitet.
Die Idee, aus einer Scheinehe komödiantisches Potenzial zu schlagen, ist nicht neu. Schon in Peter Weirs "Green Card" (1990) gingen die von Gérard Depardieu und Andie MacDowell gespielten Figuren eine Scheinehe ein, um eine Ausweisung aus den USA zu verhindern (und an eine begehrte Wohnung zu gelangen). Und in Dennis Dugans "Chuck und Larry" (2007) gaukelten zwei von Adam Sandler und Kevin James verkörperte heterosexuelle Feuerwehrmänner den Behören vor, ein homosexuelles Paar zu sein, um sich Sozialleistungen zu erschleichen. Doch wo es bei Weir um die Luxusprobleme wohlsituierter Weißer ging und Dugan nichts Besseres einfiel, als aus der vorgespielten Homosexualität seiner Hauptfiguren einen platten Gag nach dem anderen zu produzieren, ist Dietrichs Film seinen Vorgängern weit überlegen.
Die Geschichte, die der Regisseur gemeinsam mit Co-Autor Arne Dechow verfasst hat, ist konsequent aus der Sicht des Senegalesen Babtou erzählt, der zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, von den Behörden aber keinen deutschen Pass erhält. Anders als in Komödie wie beispielsweise "Willkommen bei den Hartmanns" (2016) sind Babtous Probleme zentrales Thema und dienen nicht nur dazu, der weißen Mehrheitsgesellschaft ein gutes Gewissen zu verschaffen. Auch der Umgang mit der Sexualität der Figuren ist deutlich differenzierter als in vergleichbaren Komödien. Dass die zwei Hauptfiguren das schwule Pärchen nur spielen, ist lediglich am Anfang ein Witz. Je mehr die zwei sich zwangsläufig mit dem Thema auseinandersetzen müssen, desto mehr bauen sie ihre eigenen Vorurteile ab. In "Toubab" wird nicht die Homosexualität an sich verlacht, sondern das Bild, das Heterosexuelle von ihr haben, bevor schließlich die Homophoben ordentlich ihr Fett wegbekommen.
Von Kameramann Max Preiss souverän fotografiert, spielt das toll zusammengestellte und aufeinander abgestimmte Ensemble groß auf. Preiss' Bilder lassen Frankfurt bei Tag und Nacht verführerisch funkeln und fangen die Gegensätze der gesichtslosen Vorstadt-Betonburgen adäquat ein. Idyllisch in der Natur gelegen, schimmert doch auch immer der Brutalismus dieser Architektur durch. In dieser Welt, in der sich die Starken oder die, die den starken Max markieren, durchsetzen, lernen zwei Freunde, dass es auch anders geht. Farba Dieng als Babtou und Julius Nitschkoff als Dennis ergänzen sich fabelhaft. Das Publikum nimmt ihnen nicht nur ab, dass diese zwei seit dem Sandkasten miteinander befreundet sind, es nimmt auch Anteil an ihrer Entwicklung von (vorgeblich) harten Hunden zu sensiblen und toleranten jungen Männern.
Fazit: "Toubab" ist ein beeindruckendes Debüt. Regisseur Florian Dietrich legt eine beschwingte Komödie über ernste Themen vor. "Toubab" ist toll fotografiert, gecastet und gespielt und beweist, dass man auch im deutschen Kino ausgesprochen witzig von schwierigen Lebensverhältnissen voller Vorurteile, Ausgrenzung und Diskriminierung erzählen kann, ohne dabei die Moralkeule schwingen oder das schlechte Gewissen der Mehrheitsgesellschaft beruhigen zu müssen. Eine gelungene Komödie über Freundschaft, die am Ende gleich mehrere Grenzen überschreitet.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Toubab"
Land: Senegal, DeutschlandJahr: 2021
Genre: Komödie
Länge: 96 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 23.09.2021
Regie: Florian Dietrich
Darsteller: Seyneb Saleh, Nina Gummich, Burak Yigit, Uwe Preuss, Julius Nitschkoff
Kamera: Max Preiss
Verleih: Camino
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