Waren einmal Revoluzzer (2021)
Wohlverdiente Wohlstandssorgen: österreichische Tragikomödie über zwei befreundete Paare, die einem dritten Paar aus der Patsche helfen wollen.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Helene (Julia Jentsch) wird 40 und ist frustriert. Nicht des Alters, ihres liebevollen Ehemanns Jakob (Manuel Rubey) oder ihrer zwei Töchter wegen. Auch finanziell muss sie sich nicht sorgen. Sie hat eine schicke Altbauwohnung und ein Wochenendhaus im Grünen und kann es Jakob ermöglichen, seinen Traum vom Musikerdasein zu verfolgen. Doch ihren Beruf als Richterin hat sie sich irgendwie anders vorgestellt. Statt Menschen zu helfen, schlichtet sie lediglich belanglose Streitereien unter Nachbarn. Als ihr Ex-Freund Pavel (Tambet Tuisk) in der Klemme steckt, ergibt sich unverhofft die Gelegenheit, endlich etwas Bedeutsames zu tun.
Mithilfe ihres guten und langjährigen Freunds Volker (Marcel Mohab), der auf Geschäftsreise in Moskau ist, holt sie Pavel aus Russland nach Österreich. Der kommt allerdings nicht wie angekündigt allein, sondern bringt seine Frau Eugenia (Lena Tronina) und den gemeinsamen Sohn mit. Eugenia wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Und auf einmal ist nicht nur die Wohnung voller als erwartet, sondern auch die Motivation verflogen. Gestresst und genervt schiebt Helene ihre Gäste zu Volker und dessen Freundin Tina (Aenne Schwarz) ab, bevor Volker sie aufs Land in Helenes Wochenendhaus verfrachtet, in dem Jakob gerade an seinem neuen Album arbeitet. Das Chaos ist perfekt.
Bildergalerie zum Film "Waren einmal Revoluzzer"
Hier streamen
Filmkritik
Johanna Moders Langfilmdebüt "High Performance – Mandarinen lügen nicht" (2014) handelte von zwei ungleichen Brüdern und deren Lebensentwürfen. Es ging um die Sinnsuche in einer Hochleistungsgesellschaft, um das Wechselspiel zwischen individueller Freiheit und finanzieller Anhängigkeit und um die Inszenierungen, die damit einhergehen. Denn jeder Lebensentwurf ist auch immer eine Performance, ein Schauspiel, das man für Verwandte und Bekannte aufführt. Vieles davon findet sich auch in Moders zweitem abendfüllenden Kinofilm wieder.
Erneut entführt uns Moder ins wohlsituierte Wien. Abermals sind Manuel Rubey und Marcel Mohab mit von der Partie, allerdings in vertauschten Rollen. Diesmal spielt Mohab den High Performer und Rubey den Lebenskünstler. Im Zentrum steht aber eine Frau, die von Julia Jentsch gespielte Richterin Helene, deren Gehalt es ihrem Mann Jakob (Rubey) überhaupt erst ermöglicht, seiner Musikerkarriere nachzugehen. Helene ist von ihrer Arbeit frustriert, ihr guter Freund Volker (Mohab) von der seinen gelangweilt. Der Therapeut ist selbst ein Fall für den Therapeuten. Mit seiner neuen Freundin, der Künstlerin Tina (Aenne Schwarz), soll nun aber alles besser werden. Die Sorgen der zwei Paare, die mal im gediegenen, mal im modern renovierten Altbau wohnen, sind pure Luxussorgen.
Von existenziellen Nöten, die Pavel (Tambet Tuisk), dessen Frau Eugenia (Lena Tronina) und ihr kleiner Sohn durchmachen, könnte das kaum weiter entfernt sein. Auch in ihrem neuen Film nimmt Moder diese Gegensätze und Widersprüche süffisant auseinander. Helenes und Volkers Hilfsbedürftigkeit fußt auf zwar sehr unterschiedlichen, letztlich aber auf egoistischen Motiven. Aber auch die andere Seite bekommt ihr Fett weg. Wirklich selbstlos handelt in diesem Film allenfalls Tina. Unter dem Schutzmantel der Bedürftigkeit verhalten sich auch die politischen Flüchtlinge egoistisch.
Wie schon in "High Performance" inszeniert Johanna Moder das sehr zurückhaltend und mit lebensnahen Dialogen. Ihr Film handelt von Nachgeborenen. Die gesellschaftlichen Kämpfe wurden bereits von deren Eltern ausgefochten. Die Kinder wären gern Revoluzzer geworden, wurden aber allenfalls Musiker, was eher einer Karikatur eines Revoluzzers gleicht. Hinter diesem Wunsch nach einem nonkonformen Leben steckt eine tiefe Unzufriedenheit. All die banalen Nachbarschaftsstreits, die Helene vor Gericht verhandelt, sind ein Symptom einer Wohlstandsgesellschaft, die verlernt hat, sich mit kleinen Dingen zufriedenzugeben und glücklich zu sein. Der Wunsch, einem politisch Verfolgten zu helfen, ist ein anderes. Und es ist symptomatisch, wie schnell die Hilfsbereitschaft in sich zusammenfällt, wenn der damit verbundene Aufwand das eigene Wohlbefinden stört. Eine kluge Tragikomödie, die die Selbstgefälligkeit verwöhnter und um sich selbst kreisender Mittelschichtler entlarvt.
Fazit: "Waren einmal Revoluzzer" ist eine fein beobachtete, lebensnah geschriebene und zurückhaltend inszenierte Tragikomödie über Egoismen. In Johanna Moders zweitem abendfüllendem Kinofilm prallen gegensätzliche Haltungen und Lebensentwürfe aufeinander. Moder entlarvt sie allesamt. Eine ebenso amüsante wie süffisante Komödie über eine Generation, die verlernt hat, glücklich zu sein.
Erneut entführt uns Moder ins wohlsituierte Wien. Abermals sind Manuel Rubey und Marcel Mohab mit von der Partie, allerdings in vertauschten Rollen. Diesmal spielt Mohab den High Performer und Rubey den Lebenskünstler. Im Zentrum steht aber eine Frau, die von Julia Jentsch gespielte Richterin Helene, deren Gehalt es ihrem Mann Jakob (Rubey) überhaupt erst ermöglicht, seiner Musikerkarriere nachzugehen. Helene ist von ihrer Arbeit frustriert, ihr guter Freund Volker (Mohab) von der seinen gelangweilt. Der Therapeut ist selbst ein Fall für den Therapeuten. Mit seiner neuen Freundin, der Künstlerin Tina (Aenne Schwarz), soll nun aber alles besser werden. Die Sorgen der zwei Paare, die mal im gediegenen, mal im modern renovierten Altbau wohnen, sind pure Luxussorgen.
Von existenziellen Nöten, die Pavel (Tambet Tuisk), dessen Frau Eugenia (Lena Tronina) und ihr kleiner Sohn durchmachen, könnte das kaum weiter entfernt sein. Auch in ihrem neuen Film nimmt Moder diese Gegensätze und Widersprüche süffisant auseinander. Helenes und Volkers Hilfsbedürftigkeit fußt auf zwar sehr unterschiedlichen, letztlich aber auf egoistischen Motiven. Aber auch die andere Seite bekommt ihr Fett weg. Wirklich selbstlos handelt in diesem Film allenfalls Tina. Unter dem Schutzmantel der Bedürftigkeit verhalten sich auch die politischen Flüchtlinge egoistisch.
Wie schon in "High Performance" inszeniert Johanna Moder das sehr zurückhaltend und mit lebensnahen Dialogen. Ihr Film handelt von Nachgeborenen. Die gesellschaftlichen Kämpfe wurden bereits von deren Eltern ausgefochten. Die Kinder wären gern Revoluzzer geworden, wurden aber allenfalls Musiker, was eher einer Karikatur eines Revoluzzers gleicht. Hinter diesem Wunsch nach einem nonkonformen Leben steckt eine tiefe Unzufriedenheit. All die banalen Nachbarschaftsstreits, die Helene vor Gericht verhandelt, sind ein Symptom einer Wohlstandsgesellschaft, die verlernt hat, sich mit kleinen Dingen zufriedenzugeben und glücklich zu sein. Der Wunsch, einem politisch Verfolgten zu helfen, ist ein anderes. Und es ist symptomatisch, wie schnell die Hilfsbereitschaft in sich zusammenfällt, wenn der damit verbundene Aufwand das eigene Wohlbefinden stört. Eine kluge Tragikomödie, die die Selbstgefälligkeit verwöhnter und um sich selbst kreisender Mittelschichtler entlarvt.
Fazit: "Waren einmal Revoluzzer" ist eine fein beobachtete, lebensnah geschriebene und zurückhaltend inszenierte Tragikomödie über Egoismen. In Johanna Moders zweitem abendfüllendem Kinofilm prallen gegensätzliche Haltungen und Lebensentwürfe aufeinander. Moder entlarvt sie allesamt. Eine ebenso amüsante wie süffisante Komödie über eine Generation, die verlernt hat, glücklich zu sein.
Falk Straub
TrailerAlle "Waren einmal Revoluzzer"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Waren einmal Revoluzzer"
Land: ÖsterreichJahr: 2021
Genre: Komödie
Länge: 104 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 09.09.2021
Regie: Johanna Moder
Darsteller: Johann Bednar als Gartenbesitzer, Josef Hader als Volkers Vater, Julia Jentsch als Helene, Marcel Mohab als Volker, Manuel Rubey als Jakob
Kamera: Robert Oberrainer
Verleih: JIP Film und Verleih