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FBW-Bewertung: Kinomann (2021)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Nach den Gesetzen des Marktes dürfte es einen wie ihn gar nicht mehr geben. In Zeiten von Multiplexkinos und Netflix zieht Helmut Göldner immer noch mit seiner mobilen Kinoanlage über die Dörfer von Sachsen-Anhalt, um dort, möglichst sogar analog und mit seinem uralten Projektor, Kino zu machen. Als 15jähriger packte ihn diese Leidenschaft. In der DDR war er Teil des gut funktionierenden Kultursystems, doch auch als 75-Jähriger kann er nicht damit aufhören. Auf Dorffesten, in Schulen, Krankenhäusern oder Seniorenheimen baut er seine Leinwand und seine Kinotechnik auf. Oft reist er dafür Hunderte von Kilometern übers Land. Matthias Ditscherlein gelingt es in seinem Dokumentarfilm zu vermitteln, warum diese Arbeit Helmut Göldner glücklich macht. Er muss einfach arbeiten, seine Ehefrau und Tochter hat er dabei voll eingespannt, und wie liebevoll, wenn auch widersprüchlich, die Verhältnisse in dieser Familie sind, zeigt Ditscherlein in vielen privaten Sequenzen, in denen einerseits klar wird, wie gut sich das Energiebündel Göldner durchsetzen kann. Aber Frau und Tochter können sich sehr wohl gegen ihn behaupten: es wird verhandelt und so ist dies auch das Porträt einer harmonisch miteinander lebenden Familie. Mit Helmut Göldner hat Ditscherlein einen im besten Sinne des Wortes merkwürdigen Protagonisten gefunden: einen Mann, dem es gelungen ist, seinen Lebensentwurf bis ins hohe Alter so zu verwirklichen, wie es ihm entspricht, und der zudem einen sehr eigenen, ruppigen Humor besitzt. Glauben muss man ihm dabei nicht unbedingt alles, das macht spätestens eine Warnung der Ehefrau klar. Aber wenn er versucht, eine Nonne damit zu schockieren, dass er ihr die Geschichte seiner Entjungferung erzählt, hat dies hohen Unterhaltungswert. Nebenbei zeigt Ditscherlein auch das Leben in der Provinz von Sachsen-Anhalt, und sein Soziogram ist ein Gegenentwurf zu den vielen negativen Berichten, die zu den politischen Verhältnissen im Land gezeigt werden. Auf 35mm kopiert, damit auch Göldner selbst den Film, so wie er es am liebsten mag, vorführen kann, ist KINOMANN eine Liebeserklärung an das Kino und eben diesen Mann, dem es gelungen ist, seine Leidenschaft auszuleben. Und so wird dieser Dokumentarfilm selbst zu großem Kino.



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