Sound of Metal (2019)
Jenseits der Stille: US-Drama über einen Musiker, der sein Gehör und darüber den Halt in seinem Leben verliert.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Ruben (Riz Ahmed) und Lou (Olivia Cooke) sind privat und beruflich ein Paar. In ihrem alten, chromblitzenden Wohnmobil ziehen sie durch die USA und geben mit ihrer Band "Blackgammon" Konzerte. Das Duo, sie an der Gitarre und am Mikro, er am Schlagzeug, heizt seinem Publikum richtig ein. Ihr Leben ist bescheiden, aber erfüllt, bis Ruben urplötzlich sein Gehör verliert. Mit der Unsicherheit über ihre berufliche Zukunft brechen alte Wunden wieder auf.
Lou organisiert Hilfe und bringt Ruben in einer Wohngemeinschaft für Gehörlose unter. Dort muss sich der freiheitsliebende Musiker nicht nur den strengen Regeln des Leiters Joe (Paul Raci) unterordnen, sondern in der Klasse von Diane (Lauren Ridloff) an der Seite von Kindern überhaupt erst einmal die Gebärdensprache erlernen. Obwohl ihm Lou versprochen hat, auf ihn zu warten, ist sie beruflich und privat weitergezogen. Ruben reist ihr nach Frankreich hinterher, wo Lou bei ihrem Vater Richard (Mathieu Amalric) untergekommen ist.
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Filmkritik
Unter dem Begriff Heavy Metal stellt sich jeder etwas anderes, aber alle etwas Ähnliches vor. Allein schon der Name der Musikrichtung spricht Bände: Ein harter Sound, in der Stahlarbeiterstadt Birmingham geboren. Gitarrenriffs, Bassläufe und Trommelschläge, die wie Schwermetall klingen. Doch wie hört sich Metall, also das Material, tatsächlich an? Vielleicht ja so wie das, was der Schlagzeuger Ruben (Riz Ahmed) gegen Ende dieses Films hört und nicht mehr aushält. Der "Sound of Metal" des Filmtitels, das ist nicht nur die Musik, die Ruben spielt, das ist auch der Lärm, der in Rubens Kopf hämmert. Doch der Reihe nach.
Darius Marders Spielfilmdebüt als Regisseur beginnt in der Musikszene, bevor das Drama mit einem Knall in einen anderen sozialen Zirkel wechselt: den der Gehörlosen. Wo zuvor ohrenbetäubende Musik die Szenerie bestimmte – von Riz Ahmed und seiner von Olivia Cooke gespielten Partnerin Lou ungeschnitten und vor echtem Live-Publikum in ungeheuer energetische Bilder gebannt –, herrscht nun Stille. Ruben verliert unwiederbringlich sein Gehör. Der Ex-Junkie, der sich von seiner Sucht durch Ruhelosigkeit ablenkte, ist zum Stillstand gezwungen.
Riz Ahmed spielt diesen in neuen Lebensumständen gefangenen Rastlosen herausragend und hätte dafür ebenso wie Gary Oldman ("Mank") oder Chadwick Boseman ("Ma Rainey's Black Bottom") einen Oscar verdient. Im Gegensatz zu seinen exaltiert auftrumpfenden Kollegen legt Ahmed seine Figur aber ganz anders an. Rubens Wesen ist zurückhaltend, sein Körper agiert ruhig, nur seine Augen sind ständig in Bewegung. Ein Kontrollfreak, hinter dessen Blick es brodelt. Für die Rolle hat Ahmed nicht nur eigens das Schlagzeugspiel, sondern auch die Gebärdensprache erlernt.
Dass Marders Debüt gleich sechs Oscarnominierungen ergattern konnte, mag an der eingeschränkten Konkurrenz durch die Corona-Pandemie liegen. Doch selbst ein paar Nominierungen weniger schmälerten nicht die Qualität dieses Films. Marder, der vom Drehbuchschreiben kommt und gemeinsam mit Ben Coccio und Derek Cianfrance das Skript zu dessen Film "The Place Beyond the Pines" (2012) verfasst hat, hat auch dieses Mal fantastische Arbeit abgeliefert. Das gemeinsam mit seinem Bruder, dem Musiker Abraham Marder, geschriebene Drehbuch beruht auf einer unvollendeten Dokufiktion Cianfrances über die Band Jucifer.
Vielleicht fühlt sich dieser Film deshalb so echt an. Das Gefühl der Authentizität liegt zum einen ganz klar am Sounddesign, das uns Zusehende vornehmlich zu Zuhörenden macht und uns nicht nur komplett in die Live-Auftritte abtauchen, sondern und auch an Rubens Leidensgeschichte teilhaben lässt. Wiederholt hören wir, was Ruben hört beziehungsweise wir hören schlecht, weil sein Gehör nachlässt. Zum anderen aber sind die Figuren und Alltagssituationen schlicht und einfach präzise beobachtet.
Marder erweist sich als souveräner Navigator durch menschliche Emotionen. Dieser Punkt, an dem sich eine Zweierbeziehung trennt, was einer der beiden Partner nicht wahrhaben will und noch ein Stück weit gemeinsam mit dem anderen Partner geht, obwohl der längst einen anderen Weg eingeschlagen hat – diesen Punkt fängt Marder so unglaublich echt ein. Ebenso diese letzte gemeinsame Nacht, in der man es noch einmal miteinander versucht, obwohl schon vorher klar ist, dass der Versuch zum Scheitern verurteilt ist.
Bei all dem begleiten wir Ruben. Diesen Sturkopf, der seine Gehörlosigkeit und die zugehörige Community nicht akzeptiert, sondern lediglich als Übergangslösung sieht auf dem Weg zurück zur Normalität. Nur um erkennen zu müssen, dass kein Weg mehr zurückführt. Erst ganz am Ende sieht er das ein und wir blicken gemeinsam mit ihm in den Himmel. Zu hören ist: nichts.
Fazit: "Sound of Metal" ist eine emotionale Odyssee zwischen Lärm und Stille. Darius Marders erster Spielfilm als Regisseur berührt, weil er sich unheimlich echt anfühlt. Dabei kann der Regisseur nicht nur auf ein ausgeklügeltes Sounddesign und seine feinfühlige Inszenierung vertrauen, sondern auch auf ein tolles Ensemble mit einem herausragenden Hauptdarsteller.
Darius Marders Spielfilmdebüt als Regisseur beginnt in der Musikszene, bevor das Drama mit einem Knall in einen anderen sozialen Zirkel wechselt: den der Gehörlosen. Wo zuvor ohrenbetäubende Musik die Szenerie bestimmte – von Riz Ahmed und seiner von Olivia Cooke gespielten Partnerin Lou ungeschnitten und vor echtem Live-Publikum in ungeheuer energetische Bilder gebannt –, herrscht nun Stille. Ruben verliert unwiederbringlich sein Gehör. Der Ex-Junkie, der sich von seiner Sucht durch Ruhelosigkeit ablenkte, ist zum Stillstand gezwungen.
Riz Ahmed spielt diesen in neuen Lebensumständen gefangenen Rastlosen herausragend und hätte dafür ebenso wie Gary Oldman ("Mank") oder Chadwick Boseman ("Ma Rainey's Black Bottom") einen Oscar verdient. Im Gegensatz zu seinen exaltiert auftrumpfenden Kollegen legt Ahmed seine Figur aber ganz anders an. Rubens Wesen ist zurückhaltend, sein Körper agiert ruhig, nur seine Augen sind ständig in Bewegung. Ein Kontrollfreak, hinter dessen Blick es brodelt. Für die Rolle hat Ahmed nicht nur eigens das Schlagzeugspiel, sondern auch die Gebärdensprache erlernt.
Dass Marders Debüt gleich sechs Oscarnominierungen ergattern konnte, mag an der eingeschränkten Konkurrenz durch die Corona-Pandemie liegen. Doch selbst ein paar Nominierungen weniger schmälerten nicht die Qualität dieses Films. Marder, der vom Drehbuchschreiben kommt und gemeinsam mit Ben Coccio und Derek Cianfrance das Skript zu dessen Film "The Place Beyond the Pines" (2012) verfasst hat, hat auch dieses Mal fantastische Arbeit abgeliefert. Das gemeinsam mit seinem Bruder, dem Musiker Abraham Marder, geschriebene Drehbuch beruht auf einer unvollendeten Dokufiktion Cianfrances über die Band Jucifer.
Vielleicht fühlt sich dieser Film deshalb so echt an. Das Gefühl der Authentizität liegt zum einen ganz klar am Sounddesign, das uns Zusehende vornehmlich zu Zuhörenden macht und uns nicht nur komplett in die Live-Auftritte abtauchen, sondern und auch an Rubens Leidensgeschichte teilhaben lässt. Wiederholt hören wir, was Ruben hört beziehungsweise wir hören schlecht, weil sein Gehör nachlässt. Zum anderen aber sind die Figuren und Alltagssituationen schlicht und einfach präzise beobachtet.
Marder erweist sich als souveräner Navigator durch menschliche Emotionen. Dieser Punkt, an dem sich eine Zweierbeziehung trennt, was einer der beiden Partner nicht wahrhaben will und noch ein Stück weit gemeinsam mit dem anderen Partner geht, obwohl der längst einen anderen Weg eingeschlagen hat – diesen Punkt fängt Marder so unglaublich echt ein. Ebenso diese letzte gemeinsame Nacht, in der man es noch einmal miteinander versucht, obwohl schon vorher klar ist, dass der Versuch zum Scheitern verurteilt ist.
Bei all dem begleiten wir Ruben. Diesen Sturkopf, der seine Gehörlosigkeit und die zugehörige Community nicht akzeptiert, sondern lediglich als Übergangslösung sieht auf dem Weg zurück zur Normalität. Nur um erkennen zu müssen, dass kein Weg mehr zurückführt. Erst ganz am Ende sieht er das ein und wir blicken gemeinsam mit ihm in den Himmel. Zu hören ist: nichts.
Fazit: "Sound of Metal" ist eine emotionale Odyssee zwischen Lärm und Stille. Darius Marders erster Spielfilm als Regisseur berührt, weil er sich unheimlich echt anfühlt. Dabei kann der Regisseur nicht nur auf ein ausgeklügeltes Sounddesign und seine feinfühlige Inszenierung vertrauen, sondern auch auf ein tolles Ensemble mit einem herausragenden Hauptdarsteller.
Falk Straub
Besetzung & Crew von "Sound of Metal"
Land: USAJahr: 2019
Genre: Drama, Musik
Länge: 121 Minuten
FSK: 12
Regie: Darius Marder
Darsteller: Riz Ahmed als Ruben, Olivia Cooke als Lou, Paul Raci, Lauren Ridloff, Mathieu Amalric
Kamera: Daniël Bouquet
Verleih: Amazon Studios
Awards - Oscar 2021Weitere Infos
- Bester Schnitt - Mikkel E.G. Nielsen
- Bester Ton - Nicolas Becker
- Bester Film - Sacha Ben Harroche, Bert Hamelinck
- Beste darstellerische Leistung (männliche Hauptrolle) - Riz Ahmed
- Beste darstellerische Leistung (männliche Nebenrolle) - Paul Raci
- Bestes Originaldrehbuch - Abraham Marder, Darius Marder, Derek Cianfrance
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