Drei Tage und ein Leben (2020)
Trois Jours et une Vie
Das französische Krimidrama basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Pierre Lemaitre.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 1 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Der zwölfjährige Antoine (Jeremy Senez) lebt in einem Dorf in den belgischen Ardennen. Es sind die Weihnachtsferien 1999 und seine Mutter Blanche (Sandrine Bonnaire) geht wie jeden Tag früh zur Arbeit. Antoine besucht am 22. Dezember sein Versteck im Wald, begleitet vom sechsjährigen Nachbarsjungen Rémi (Léo Lévy) und dessen Hund. Er freut sich darauf, seinen selbstgebauten Unterschlupf am nächsten Tag Rémis Schwester Émilie (Pauline Sakellaridis) zu zeigen, in die er verliebt ist. Doch dann sieht er, dass das Mädchen einen anderen Jungen küsst. Verstört geht er heim und wirft dem Hund, der Aufmerksamkeit will, entnervt den Ball auf die Straße. Der Hund rennt ihm nach und wird von einem Auto erfasst. Rémis Vater Michel (Charles Berling) tötet das Tier mit seinem Gewehr und packt es in einen Müllsack.
Antoine erzählt seiner Mutter nichts von seiner Seelenpein. Am nächsten Tag eilt er zu seinem Versteck, um es wütend zu zerstören. Rémi läuft ihm nach. Antoine wirft einen Ast nach ihm. Rémi stürzt mit dem Kopf auf einen Stein und ist tot. Antoine eilt Richtung Dorf, kehrt dann aber um und lässt den Leichnam in eine schmale Erdgrube fallen. Am 25. Dezember startet eine große Suchaktion nach dem vermissten Kind, an der sich das ganze Dorf beteiligt.
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Filmkritik
Echte Krimistoffe sind im Kino rar geworden. So besitzt diese spannende Verfilmung des gleichnamigen Romans von Pierre Lemaitre schon einen gewissen Seltenheitswert. Der französische Regisseur Nicolas Boukhrief ("Made in France – Im Namen des Terrors") hat in den verregneten belgischen Ardennen eine aufregend zwischen Realismus und emotionaler Doppelbödigkeit pendelnde Geschichte inszeniert. Sie kreist um die Macht des Schweigens. Der zwölfjährige Antoine tötet unabsichtlich den kleinen Nachbarsjungen und verheimlicht die Tat. 15 Jahre danach und in einem kurzem Epilog noch einmal drei Jahre später folgt der Film Antoines (Pablo Pauly) Versuchen, mit der Vergangenheit abzuschließen.
Um Antoine droht sich in der Art eines Film noir permanent die Schlinge zuzuziehen. Wie kann er, der noch ein Kind ist, der Unerbittlichkeit des Schicksals entkommen? Dem oft trüben Wetter entsprechend ist der dörfliche Alltag, wie ihn nicht nur der Junge erlebt, schon vor dem Unglück keine Idylle. Antoine sieht seine Mutter nur abends und kurz am Morgen, zu Gesprächen kommt es praktisch nicht. Der dörfliche Zusammenhalt ist spürbar, und doch sind die Menschen allein mit ihren Problemen. Rémis Vater bangt um seinen Arbeitsplatz, der Dorfarzt (Philippe Torreton) betäubt sich an Weihnachten mit lauter Musik. Dass es immer, auch wenn die Geschichte Jahre später im Dorf fortgesetzt wird, weihnachtet, kommt nicht von ungefähr. Dieses Fleckchen Heimat suggeriert seinen Bewohnern Geborgenheit und die Vorstellung einer heilen Welt, die auch in Zeiten der Not Halt bietet, wenngleich mit einem bitteren oder gar makabren Beigeschmack.
Nach und nach zieht die unvorhersehbare Geschichte ihre überraschenden Volten. So unwissend, wie sie tun, sind vielleicht nicht alle in Antoines Umgebung. Das Vereintsein im womöglich doppelbödigen Schweigen hat etwas Unheimliches. Jeremy Senez, der den jungen Antoine spielt, verleiht ihm eine Aura der stummen Verzweiflung, die bewegt. Sandrine Bonnaire überzeugt als alleinerziehende Mutter, die geübt ist in emotionaler Selbstbeherrschung.
Der Film nimmt sich Zeit, die Atmosphäre, die Beziehungen im Dorf, den Wandel im Lauf der Jahre zu schildern. Das wirkt nie langweilig. Einmal kehrt der erwachsene Antoine erneut zurück und fährt schlafend im Bus an den Baggern vorbei, die den Wald umkrempeln. Man möchte ihn am liebsten wachrütteln und warnen vor dem Dorf, an dem seine Bewohner so hängen.
Fazit: Ein Junge tötet im Affekt unabsichtlich das Nachbarskind und versteckt die Leiche im Wald. Er vertraut sich niemandem an, doch auch noch 15 Jahre später erweist sich seine Hoffnung, das Ereignis hinter sich zu lassen, als trügerisch. Dem Regisseur Nicolas Boukhrief ist ein fesselndes Krimidrama gelungen, das auf dem gleichnamigen Roman von Pierre Lemaitre basiert und um die Macht des Schweigens in einem belgischen Dorf kreist. Es pendelt geschickt zwischen nüchternem Realismus und emotionalen Abgründen.
Um Antoine droht sich in der Art eines Film noir permanent die Schlinge zuzuziehen. Wie kann er, der noch ein Kind ist, der Unerbittlichkeit des Schicksals entkommen? Dem oft trüben Wetter entsprechend ist der dörfliche Alltag, wie ihn nicht nur der Junge erlebt, schon vor dem Unglück keine Idylle. Antoine sieht seine Mutter nur abends und kurz am Morgen, zu Gesprächen kommt es praktisch nicht. Der dörfliche Zusammenhalt ist spürbar, und doch sind die Menschen allein mit ihren Problemen. Rémis Vater bangt um seinen Arbeitsplatz, der Dorfarzt (Philippe Torreton) betäubt sich an Weihnachten mit lauter Musik. Dass es immer, auch wenn die Geschichte Jahre später im Dorf fortgesetzt wird, weihnachtet, kommt nicht von ungefähr. Dieses Fleckchen Heimat suggeriert seinen Bewohnern Geborgenheit und die Vorstellung einer heilen Welt, die auch in Zeiten der Not Halt bietet, wenngleich mit einem bitteren oder gar makabren Beigeschmack.
Nach und nach zieht die unvorhersehbare Geschichte ihre überraschenden Volten. So unwissend, wie sie tun, sind vielleicht nicht alle in Antoines Umgebung. Das Vereintsein im womöglich doppelbödigen Schweigen hat etwas Unheimliches. Jeremy Senez, der den jungen Antoine spielt, verleiht ihm eine Aura der stummen Verzweiflung, die bewegt. Sandrine Bonnaire überzeugt als alleinerziehende Mutter, die geübt ist in emotionaler Selbstbeherrschung.
Der Film nimmt sich Zeit, die Atmosphäre, die Beziehungen im Dorf, den Wandel im Lauf der Jahre zu schildern. Das wirkt nie langweilig. Einmal kehrt der erwachsene Antoine erneut zurück und fährt schlafend im Bus an den Baggern vorbei, die den Wald umkrempeln. Man möchte ihn am liebsten wachrütteln und warnen vor dem Dorf, an dem seine Bewohner so hängen.
Fazit: Ein Junge tötet im Affekt unabsichtlich das Nachbarskind und versteckt die Leiche im Wald. Er vertraut sich niemandem an, doch auch noch 15 Jahre später erweist sich seine Hoffnung, das Ereignis hinter sich zu lassen, als trügerisch. Dem Regisseur Nicolas Boukhrief ist ein fesselndes Krimidrama gelungen, das auf dem gleichnamigen Roman von Pierre Lemaitre basiert und um die Macht des Schweigens in einem belgischen Dorf kreist. Es pendelt geschickt zwischen nüchternem Realismus und emotionalen Abgründen.
Bianka Piringer
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Besetzung & Crew von "Drei Tage und ein Leben"
Land: FrankreichJahr: 2020
Genre: Drama, Krimi
Originaltitel: Trois Jours et une Vie
Länge: 120 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 03.09.2020
Regie: Nicolas Boukhrief
Darsteller: Sandrine Bonnaire, Pablo Pauly, Charles Berling, Philippe Torreton, Margot Bancilhon
Kamera: Manuel Dacosse
Verleih: Atlas Film, Die FILMAgentinnen
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